Alexander Fufaev
Ich heiße Alexander FufaeV und hier schreibe ich über:

Fluchtgeschwindigkeit: Wie man dem Gravitationsfeld entkommt

Wichtige Formel

Formel: Zweite kosmische Geschwindigkeit
Was bedeuten diese Formelzeichen?

Zweite kosmische Geschwindigkeit

Einheit
Zweite kosmische Geschwindigkeit ist die Fluchtgeschwindigkeit, die notwendig ist, um antriebslos dem Gravitationsfeld eines Himmelskörpers zu entkommen.

Damit eine Rakete dem Gravitationsfeld der Erde entkommen kann, muss sie folgende Mindestgeschwindigkeit haben: \[ \class{purple}{v_2} ~=~ \sqrt{ 2 ~\cdot~ \frac{6.67 \cdot 10^{-11} \frac{\mathrm N \, \mathrm{m}^2}{\mathrm{kg}^2} ~\cdot~\class{brown}{5.97 \cdot 10^{24}\,\mathrm{kg}} }{6.38 \cdot 10^6 \,\mathrm{m}} } ~=~ 11.2 \, \frac{\mathrm{km}}{\mathrm s} \]

Radius des Himmelskörpers

Einheit
Radius des Himmelskörpers, dem man zu entkommen versucht. Zum Beispiel Radius der Erde.

Masse

Einheit
Masse des Himmelskörpers. Im Fall der Erde beträgt die Masse: \( \class{brown}{M_{\text p}} ~=~ 5.972 \cdot 10^{24} \, \mathrm{kg} \).

Gravitationskonstante

Einheit
Die Gravitationskonstante ist eine Naturkonstante, die in Gleichungen vorkommt, die die Wechselwirkung zwischen den Massen beschreiben. Sie hat den folgenden experimentell bestimmten Wert: $$ G ~\approx~ 6.674 \, 30 ~\cdot~ 10^{-11} \, \frac{ \mathrm{m}^3 }{ \mathrm{kg} \, \mathrm{s}^2 } $$
Fluchtgeschwindigkeit einer Rakete zum Verlassen der Gravitationsfeldes der Erde
Inhaltsverzeichnis
  1. Wichtige Formel
  2. Erste kosmische Geschwindigkeit: Eine stabile Umlaufbahn
  3. Zweite kosmische Geschwindigkeit: Wie man dem Gravitationsfeld der Erde entkommt
  4. Dritte kosmische Geschwindigkeit: Wie man dem Gravitationsfeld des Sonnensystems entkommt
  5. Vierte kosmische Geschwindigkeit: Wie man dem Gravitationsfeld der Milchstraße entkommt

Das Starlink-System von Elon Musk besteht aus Tausenden kleinen Satelliten, die die Erde in einem Abstand \( r \) (550 Kilometer) umkreisen und Menschen in Gebieten ohne Internetzugang versorgen. Elon Musk muss sicherstellen, dass sein Satellitensystem, nachdem es in eine Erdumlaufbahn gebracht wurde, nicht abstürzt und immer den festgelegten Abstand \( r \) zur Erde beibehält. Ein zu großer Abstand führt zu Verbindungsproblemen, während ein zu kleiner Abstand schwer zu halten ist. Außerdem muss das Starlink-System Kollisionen mit anderen Satelliten im Weltraum vermeiden. Um einen gleichbleinden Umlaufradius \( r \) zu gewährleisten, muss das Starlink-System eine bestimmte Bahngeschwindigkeit \( v \) haben. Wenn das Starlink-System mit dieser Geschwindigkeit die Erde umkreist, dann bleibt es auf einer stabilen Umlaufbahn.

Wie groß ist diese Geschwindigkeit konkret?

Um diese Frage zu beantworten, brauchen wir nur zwei Zutaten:

  • Das Newton-Gravitationsgesetz - dieses Gesetz verrät uns, welche Erdanziehungskraft (Gravitationskraft) \( F_{\text g} \) das Starlink-System im Abstand \( r \) erfährt.

  • Die Formel für die Zentripetalkraft \( F_{\text z} \) - diese verrät uns, welche Geschwindigkeit in einem bestimmten Abstand notwendig ist, um der Gravitationskraft \( F_{\text g} \) zu entkommen.

Das Newton-Gravitationsgesetz verknüpft die Masse \( \class{brown}{M} \) der Erde (oder eines anderen Himmelskörpers), die Masse \( \class{brown}{m} \) des Starlink-Systems (oder eines anderen umkreisenden Objekts), deren Abstand \( r \) zueinander und die Gravitationskonstante \( G = 6.67 \cdot 10^{-11} \mathrm{m}^3/(\mathrm{kg}\cdot \mathrm{s}^2) \):

Und die Zentripetalkraft \( F_{\text z} \) ist eine radial (zum Kreismittelpunkt) gerichtete Kraft, die sich einstellt, wenn ein Körper (Starlink-System) der Masse \( \class{brown}{m} \) auf einer kreisförmigen Bahn mit dem Radius \( r \) und mit der Bahngeschwindigkeit \( \class{blue}{v} \) kreist:

Satellit umkreist antriebslos die Erde in einem festen Abstand
Satellit umkreist antriebslos die Erde in einem festen Abstand

Das Starlink-System erfährt eine Gravitationskraft \( F_{\text g} \) zum Erdmittelpunkt hin. Sie ist also radial (zum Kreismittelpunkt) gerichtet und entspricht damit der Zentripetalkraft \( F_{\text z} \). Setzen wir die beiden Kräfte 1 und 2 gleich:

Die Masse \( \class{brown}{m} \) des Starlink-Systems ist hier nicht relevant, da sie sich auf beiden Seiten der Gleichung wegkürzt:

Auch der Radius lässt sich ein Mal kürzen:

Ziehen wir nur noch die Wurzel auf beiden Seiten der Gleichung, um die Gleichung nach der Bahngeschwindigkeit \( \class{blue}{v} \) umzuformen:

Und schon haben wir eine Formel hergeleitet, mit der wir die Bahngeschwindigkeit \( \class{blue}{v} \) des Starlink-Systems berechnen können, wenn es auf der Kreisbahn mit dem Radius \( r \) die Erde umkreist, die die Masse \( \class{brown}{M} \) hat.

Wir müssen also nur noch den gewünschten Abstand \(r \) zum Erdmittelpunkt und die Erdmasse \( \class{brown}{M} = 5.97 \cdot 10^{24} \, \mathrm{kg} \) in die Formel einsetzen, um die Bahngeschwindigkeit \( \class{blue}{v} \) konkret zu berechnen, mit der das Starlink-System weder auf die Erde stürzt noch seinen festgelegten Abstand zur Erde verändert. Der Abstand zum Erdmittelpunkt setzt sich hier zusammen aus dem Erdradius \( R = 6370000 \, \mathrm{m} \) und dem Abstand \( 550000 \, \mathrm{m} \) von der Erdoberfläche zum Starlink-System: \( r = 6920000 \, \mathrm{m} \).

Die Bahngeschwindigkeit des Starlink-Systems muss also \( \class{blue}{v} = 7586 \, \mathrm{m}/\mathrm{s} \). Das entspricht ungefähr \( 7.6 \, \mathrm{km}/\mathrm{s} \).

Erste kosmische Geschwindigkeit: Eine stabile Umlaufbahn

Wir haben das Starlink-System in einem recht großen Abstand zur Erde betrachtet. Es ist natürlich theoretisch möglich, herauszufinden, welche Bahngeschwindigkeit notwendig ist, um die Erde direkt an der Erdoberfläche umkreisen zu können, ohne auf die Erde abzustürzen. Diese Bahngeschwindigkeit, die notwendig ist, um einen Himmelskörper direkt an der Oberfläche auf einer stabilen Bahn zu umkreisen, wird erste kosmische Geschwindigkeit \( \class{blue}{v_1} \) genannt.

Dafür müssen wir lediglich für den Kreisbahnradius \( r \) in Gleichung 6 den Radius \( R_{\text p} \) des Himmelskörpers einsetzen, für den die erste kosmische Geschwindigkeit berechnet werden soll.

Stabile Kreisbahn eines Satelliten an der Erdoberfläche

Die nachfolgende Tabelle listet die ersten kosmischen Geschwindigkeiten für verschiedene Himmelskörpers auf:

Tabelle : Erste kosmische Geschwindigkeit für verschiedene Himmelskörper.
Himmelskörper Erste kosmische Geschwindigkeit \( \class{blue}{v_1} \)
Erde7.9 km/s
Mond1.7 km/s
Jupiter42 km/s
Sonne236 km/s

Zweite kosmische Geschwindigkeit: Wie man dem Gravitationsfeld der Erde entkommt

Elon Musk will Mars besiedeln. Dafür muss seine SpaceX-Rakete erst in den Weltraum gelangen, ohne davor zurück auf die Erde zu fallen. Auch dafür ist eine bestimmte Mindestgeschwindigkeit notwendig. Die Fluchtgeschwindigkeit, die notwendig ist, um der gravitativen Anziehungskraft eines Himmelskörpers zu entkommen, wird Fluchtgeschwindigkeit (oder zweite kosmische Geschwindigkeit) \( \class{purple}{v_2} \) bezeichnet.

Wir können diese Fluchtgeschwindigkeit mithilfe eines der mächtigsten Werkzeuge der Physik herausfinden, nämlich mit dem Energieerhaltungssatz.

Die gravitative potentielle Energie \( W_{\text{pot}} \) der SpaceX-Rakete am Erdboden kann aus dem Newton-Gravitationsgesetz hergeleitet werden und beträgt:

Da die Rakete vor dem Fluchtversuch auf dem Erdboden steht, benutzen wir den Erdradius \( R_{\text p} \) in der Formel 8 für Gravitationsenergie der Rakete. Hierbei ist \( \class{brown}{M_{\text p}} \) die Masse der Erde und \( \class{brown}{m} \) die Masse der SpaceX-Rakete.

Diese Gravitationsenergie muss von der Rakete überwunden werden. Die Rakete muss dafür definitionsgemäß die Fluchtgeschwindigkeit \( \class{purple}{v_2} \) haben. Die kinetische Energie \( W_{\text{kin}} \) der Rakete, die diese Geschwindigkeit hat, ist gegeben durch die folgende Formel:

Diese kinetische Energie muss mindestens genauso groß sein, wie die Gravitationsenergie 8 der Rakete. Setzen wir die kinetische Energie 9 mit der Gravitationsenergie 8 gleich, dann entspricht die Geschwindigkeit \( \class{blue}{v_2}\) genau der Mindestgeschwindigkeit, die notwendig ist, um der Anziehungskraft der Erde zu entkommen:

Die Masse \( \class{brown}{m} \) der SpaceX-Rakete ist nicht entscheidend hier, weil sie in 10 wegkürzt:

Bringen wir nur noch den Faktor 1/2 auf die andere Seite und ziehen die Wurzel auf beiden Seiten der Gleichung. Dann bekommen wir eine Formel für die Fluchtgeschwindigkeit heraus:

Fluchtgeschwindigkeit einer Rakete zum Verlassen des Gravitationsfeldes der Erde

Wir haben hier als Beispiel die Erde betrachtet. Natürlich kann auf diese Weise auch irgendein anderer runder Planet oder Himmelskörper betrachtet werden. Es muss lediglich sein Radius und Masse benutzt werden. Die nachfolgende Tabelle zeigt einige Fluchtgeschwindigkeiten für verschiedene Himmelskörper:

Tabelle : Zweite kosmische Geschwindigkeit (Fluchtgeschwindigkeit) für verschiedene Himmelskörper.
Himmelskörper Zweite kosmische Geschwindigkeit \( \class{purple}{v_2} \)
Erde11.2 km/s
Mond2.3 km/s
Jupiter60 km/s
Sonne617 km/s

Wie du aus der Tabelle ablesen kannst, muss die SpaceX-Rakete auf der Erde, mindestens eine Fluchtgeschwindigkeit von 11.2 km/s haben, um in die Schwerelosigkeit zu gelangen. In der Realität wird sie höher sein, weil die Luftreibung die Rakete abbremst.

Dritte kosmische Geschwindigkeit: Wie man dem Gravitationsfeld des Sonnensystems entkommt

Die dritte kosmische Geschwindigkeit \( \class{red}{v_3} \) ist eine Fluchtgeschwindigkeit, die notwendig ist, um dem Gravitationsfeld des Sonnensystems von einem Planeten des Sonnensystems aus zu entkommen.

Wenn die SpaceX-Rakete also nicht nur dem Gravitationsfeld der Erde entkommen, sondern das gesamte Sonnensystem verlassen will, muss sie zusätzlich das Gravitationsfeld der Sonne überwinden. Genauer gesagt muss sie auch das Gravitationsfeld einzelner Planeten im Sonnensystem überwinden. Da diese im Vergleich zur Sonne jedoch eine geringe Masse haben, können sie einfachheitshalber vernachlässigt werden.

Um die Fluchtgeschwindigkeit \( \class{red}{v_3} \) der SpaceX-Rakete zu berechnen, die von der Erde aus startet und das Sonnensystem verlassen will, nutzen wir eines der grundlegendsten Prinzipien der Physik aus, nämlich das Superpositionsprinzip. Nach dem Superpositionsprinzip überlagern sich die Gravitationsfelder einzelner Himmelskörper zu einem gesamten Gravitationsfeld des Sonnensystems. Und dieses Gesamtgravitationsfeld muss die SpaceX-Rakete überwinden, um aus dem Sonnensystem auszubrechen. Außerdem muss berücksichtigt werden, dass die Rakete bereits einen Teil der Fluchtgeschwindigkeit aufgrund der Erdrotation um die Sonne hat.

Die Fluchtgeschwindigkeit \( \class{red}{v_3} \) der Rakete, um das Sonnensystem von einem Planeten P zu verlassen, kann durch die folgende Formel angenähert werden:

Fluchtgeschwindigkeit einer Rakete zum Verlassen des Sonnensystems

Hierbei ist \( \class{brown}{M_{\text s}} \) die Sonnenmasse, \( \class{brown}{M_{\text p}} \) die Masse des Planeten auf dem die Rakete den Fluchtversuch startet, \( R_{\text p} \) der Radius des Planeten und \( R \) der mittlere Abstand des Planeten von der Sonne. Hier wird der mittlere Abstand betrachtet, weil die Planeten um die Sonne auf einer Ellipsenbahn und nicht auf einer Kreisbahn umkreisen. Im Fall der Erde beträgt der mittlere Abstand: \( R = 1.496 \cdot 10^{11} \, \mathrm{m} \). Der Faktor \( (\sqrt{2}-1)^2 \) berücksichtigt die bereits vorhandene Fluchtgeschwindigkeit der Rakete aufgrund der Rotation des Planeten um die Sonne.

Die nachfolgende Tabelle listet die dritte kosmische Geschwindigkeit für verschiedene Planeten des Sonnensystems auf:

Tabelle : Dritte kosmische Geschwindigkeit (Fluchtgeschwindigkeit) für verschiedene Planeten des Sonnensystems
Himmelskörper Dritte kosmische Geschwindigkeit \( \class{red}{v_3} \)
Erde16.6 km/s
Mond20.3 km/s
Jupiter60.4 km/s
Uranus21.6 km/s

Wie du der Tabelle entnehmen kannst, ist Merkur zwar deutlich leichter als die Erde, aufgrund seiner Nähe zur Sonne ist es jedoch schwieriger, das Sonnensystem von Merkur aus zu verlassen.

Vierte kosmische Geschwindigkeit: Wie man dem Gravitationsfeld der Milchstraße entkommt

Die vierte kosmische Geschwindigkeit \( v_4 \) ist eine Fluchtgeschwindigkeit, die notwendig ist, um dem Gravitationsfeld der Milchstraße von der Erde aus zu entkommen. Diese Geschwindigkeit kann nur numerisch berechnet werden. Sie beträgt ungefähr: \( v_4 \approx 550 \, \mathrm{km}/\mathrm{s} \).