Alexander Fufaev
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Statistik: Erwartungswert und Standardabweichung

Inhaltsverzeichnis
  1. Übungen mit Lösungen

Der Erwartungswert ist der theoretisch erwartete Mittelwert in einer Messung. Erwartungswert \( \class{red}{\mu} \) einer Zufallsgröße \(X\) mit \(n\) Messwerten \(x_1\), \(x_2\), \(x_3\), ..., \(x_n\) und zugehörigen Wahrscheinlichkeiten \(p_1\), \(p_2\), \(p_3\), ..., \(p_n\) diese Werte herauszubekommen ist gegeben durch die folgende Formel: $$ \class{red}{\mu} ~=~ x_1 \, p_1 ~+~ x_2 \, p_2 ~+~ ... ~+~ x_n \, p_n $$

In einem Experiment kennen wir die Wahrscheinlichkeiten nicht, daher verwenden wir für die Berechnung des Erwartungswerts den empirischen Mittelwert. Empirischer Mittelwert \(\class{red}{\bar{x}}\) ist die Summe der Messwerte \(x_1\), \(x_2\), \(x_3\), ..., \(x_n\) dividiert durch die Anzahl der Messwerte \(n\): $$ \class{red}{\bar{x}} ~=~ \frac{x_1 ~+~ x_2 ~+~ ... ~+~ x_n}{n} $$

Varianz \(\sigma^2\) gibt die Summe der quadratischen Abweichungen \( (x_1 - \class{red}{\mu})^2 \), \( (x_2 - \class{red}{\mu})^2 \) und so weiter vom Erwartungswert \(\class{red}{\mu}\): $$ \sigma^2 ~=~ (x_1 - \class{red}{\mu})^2 p_1 ~+~ (x_2 - \class{red}{\mu})^2 p_2 ~+~ ... ~+~ (x_n - \class{red}{\mu})^2 p_n $$

Die empirische Varianz \(\sigma_{\text e}^2\) können wir in einem Experiment dann folgendermaßen berechnen: $$ \sigma_{\text e}^2 ~=~ \frac{(x_1 - \class{red}{\bar{x}})^2 ~+~ (x_2 - \class{red}{\bar{x}})^2 ~+~ ... ~+~ (x_n - \class{red}{\bar{x}})^2}{n-1}$$

Die Wurzel aus der Varianz ergibt die (Empirische) Standardabweichung \(\sigma\) bzw. \(\sigma_{\text e}\). Die Standardabweichung gibt an, wie stark die Messwerte \(x_1\), \(x_2\), \(x_3\), ..., \(x_n\) im Durchschnitt von dem Erwartungswert \(\class{red}{\mu}\) bzw. Mittelwert \(\class{red}{\bar{x}}\) abweichen: $$ \sigma ~=~ \sqrt{(x_1 - \class{red}{\mu})^2 p_1 ~+~ (x_2 - \class{red}{\mu})^2 p_2 ~+~ ... ~+~ (x_n - \class{red}{\mu})^2 p_n} $$ $$ \sigma_{\text e} ~=~ \sqrt{\frac{(x_1 - \class{red}{\bar{x}})^2 ~+~ (x_2 - \class{red}{\bar{x}})^2 ~+~ ... ~+~ (x_n - \class{red}{\bar{x}})^2}{n-1}}$$

Wenn \(\class{red}{\bar{x}}\) der Mittelwert ist und die Messwerte normalverteilt sind, dann:

  • Im Bereich \(\class{red}{\bar{x}} \pm \sigma\) liegen 68% aller Messwerte.
  • Im Bereich \(\class{red}{\bar{x}} \pm 2\sigma\) liegen 95.4% aller Messwerte.
  • Im Bereich \(\class{red}{\bar{x}} \pm 3\sigma\) liegen 99.7% aller Messwerte.

Die Standardabweichung \(\sigma(\class{red}{\bar{x}})\) des Mittelwerts \(\class{red}{\bar{x}}\) bei \(n\) Messwerten ist gegeben durch die folgende Formel: $$ \sigma(\class{red}{\bar{x}}) ~=~ \frac{\sigma_{\text e}}{\sqrt{n}} $$

Die Verdopplung der Genauigkeit braucht eine Vervierfachung der Anzahl der Messwerte!

  • Bei Multiplikation \( \class{red}{\bar{x}_1} \cdot \class{red}{\bar{x}_2}\) und Division \(\frac{\class{red}{\bar{x}_1}}{\class{red}{\bar{x}_2}}\) zweier Mittelwerte, addieren sich ihre relativen Fehler \(f_1\) und \(f_2\) zu einem gesamten relativen Fehler: \(f = f_1 + f_2\).
  • Bei Addition \( \class{red}{\bar{x}_1} + \class{red}{\bar{x}_2}\) und Subtraktion \( \class{red}{\bar{x}_1} - \class{red}{\bar{x}_2}\) zweier Mittelwerte, addieren sich ihre absoluten Fehler \(\Delta x_1\) und \(\Delta x_2\) zu einem gesamten absoluten Fehler: \(\Delta x = \Delta x_1 + \Delta x_2\).

Übungen mit Lösungen

Nutze diese Formelsammlung, wenn du Probleme mit Physikaufgaben hast.

Aufgabe #1: Mittelwert und Standardabweichung einer Messung

Es wurden 10 folgende Messwerte aufgenommen:

\( i \) Messwert \( x_i \)
145.0
245.7
344.6
445.2
545.6
644.5
744.9
845.2
945.8
1044.7
  1. Wie groß ist der Mittelwert \( \bar{x} \) der Stichprobe?
  2. Wie groß ist die empirische Standardabweichung \( s \) der Stichprobe?
  3. Wie stark weicht der Mittelwert vom wahren Wert \( x \) ab, mit einer Sicherheit von 95%?

Tipps:

  1. Benutze dazu die Formel für den Mittelwert.
  2. Standardabweichung ist gegeben durch: \[ s ~=~ \sqrt{ \frac{1}{N-1} \sum_{i=1}^N (x_i - \bar x)^2 } \]
  3. Benutze die sogenannte (Studentsche) t-Verteilung. Für Deinen Fall \( N = 10 \) ist \( t = 2.30 \). Berechne: \[ x ~=~ \bar{x} \pm \frac{s}{\sqrt N} \, t \]

Lösung zur Aufgabe #1.1

Mit der Formel für den Mittelwert: \[ \bar x ~=~ \frac{1}{N} \sum_{i=1}^N x_i \] bekommst Du durch Einsetzen der 10 Messwerte aus der Tabelle: \[ \bar x ~=~ \frac{1}{10} \cdot (45.0 + 45.7 + 44.6 + 45.2 + 45.6 + 44.5 + 44.9 + 45.2 + 45.8 + 44.7) \] Eingetippt in den Taschenrechner, lautet der Mittelwert konkret \( \bar x ~=~ 45.12 \)

Lösung zur Aufgabe #1.2

Mit der Formel für Standardabweichung aus den Lösungstipps: \[ s ~=~ \sqrt{ \frac{1}{N-1} \sum_{i=1}^N (x_i - \bar x)^2 } \] findest Du die empirische Standardabweichung der Stichprobe heraus. Benutze außerdem den in der Aufgabe #1.1 berechneten Mittelwert und die Messwerte aus der Tabelle: \[ s ~=~ \sqrt{ \frac{1}{9} \sum_{i=1}^{10} (x_i - 45.12)^2 } \]

Eingegeben in den Taschenrechner: \[ s ~=~ 0.463 \]

Lösung zur Aufgabe #1.3

Um herauszufinden wie stark der in Aufgabe #1.1 berechnete Mittelwert vom wahren Wert abweicht; und zwar mit einer Sicherheit von 95%, benutzt Du den t-Wert aus der t-Verteilung, der für Deine Stichprobe angemessen ist. Das heißt: \( N = 10 \) und \( P = 95 \)%. Die t-Verteilung benutzt Du immer dann, wenn die Standardabweichung der Grundgesamtheit nicht bekannt ist. Die t-Verteilung ist also bei einer Stichprobe wie in dieser Aufgabe sinvoll.

Für Deinen Fall \( N = 10 \) und \( P = 95 \)% ist \( t = 2.30 \). Mit der Formel aus dem Hinweis: \[ x ~=~ \bar{x} \pm \frac{s}{\sqrt N} \, t \] findest Du heraus, wie stark der wahre Wert \( x \) vom Mittelwert \( \bar{x} \) abweicht: \[ x ~=~ 45.12 \pm \frac{0.463}{\sqrt{10}} \cdot 2.30 \] Also um \( \pm 0.337 \).

Aufgabe #2: Häufigkeitsverteilung - relative Summenhäufigkeit

Aus einer Produktion wurde eine Stichprobe von 200 Kondensatoren entnommen, um eine Qualitätskontrolle der Kapazitäten \( C_i \) durchzuführen. Dabei wurden die Kapazitäten der Kondensatoren gemessen und in der folgenden Tabelle in Klassenmitten eingeteilt.

Klasse Klassenmitte in \( \text{nF} \) Anzahl der Kondensatoren
18413
28424
38433
484410
58452
684635
784770
884850
984923
  1. Bestimme die relativen Häufigkeiten \( h_i \) in Prozent.
  2. Bestimme die relativen Summenhäufigkeiten \( H_i \) in Prozent.

Tipps: Die relative Häufigkeit \( h_i \) sagt aus, welchen prozentualen Anteil machen die Kondensatoren einer Klassenmitte von der Gesamtzahl der Stichprobe aus.

Die relative Summenhäufigkeit \( H_i \) ist die Summe aller relativen Häufigkeiten bis zur \(i\)-ten Klassenmitte.

Lösung zur Aufgabe #2.1

Die relative Häufigkeit \( h_i \) berechnet sich bei einer Stichprobe von 200 Kondensatoren, folgendermaßen: \[ h_i ~=~ \frac{\text{Anzahl in einer Klasse}}{200} ~\cdot~ 100 \]

Zum Beispiel für die 1. Klasse: \begin{align} h_1 &~=~ \frac{3}{200} ~\cdot~ 100 \\\\ &~=~ \frac{3}{2} \, \% \\\\ &~=~ 1.5 \, \% \end{align}

Wenn du genauso für jede Klasse vorgehst, bekommst du folgende Tabelle mit relativen Häufigkeiten:

Klasse Anzahl der Kondensatoren Relative Häufigkeit \( h_i \) in %
131.5
242
331.5
4105
521
63517.5
77035
85025
92311.5

Lösung zur Aufgabe #2.2

Um die relative Summenhäufigkeit \( H_n \) zu berechnen, summierst Du alle relativen Häufigkeiten \( h_i \) bis zur \(n\)-ten Klasse. \[ H_n ~=~ h_1 ~+~ h_2 ~+~...~+~ h_n \]

Zum Beispiel relative Summenhäufigkeit bis zur 3. Klasse: \begin{align} H_3 &~=~ h_1 + h_2 + h_3 \\\\ &~=~ 2.5\% + 2\% + 2.5\% \\\\ &~=~ 7\% \end{align}

Klasse Anzahl der Kondensatoren Relative Summenhäufigkeit \( H_n \) in %
132.5
243.5
335
41010
5211
63528.5
77063.5
85088.5
923100