Alexander Fufaev
Ich heiße Alexander FufaeV und hier erkläre ich das folgende Thema:

Lorentzkraft auf stromdurchflossene Leiter

Inhaltsverzeichnis
  1. Lorentzkraft auf einen stromdurchflossenen Leiter Hier lernst du, wie die Lorentzkraft-Formel für einen stromdurchflossenen Leiter hergeleitet wird, der senkrecht und schräg zu einem externen Magnetfeld verläuft.
  2. Lorentzkraft zwischen zwei stromdurchflossenen Leitern Hier lernst du, mit welcher Kraft sich zwei stromdurchflossene Leiter gegenseitig anziehen oder abstoßen.

Im Folgenden wollen wir eine Formel für Lorentzkraft herleiten, die ein oder zwei stromdurchflossene Leiter in einem externen Magnetfeld erfahren.

Lorentzkraft auf einen stromdurchflossenen Leiter

Stromdurchflossener Leiter senkrecht zum Magnetfeld

Ladung im stromdurchflossenen Leiter
Ein stromdurchflossener Leiter in einem externen Magnetfeld, dessen Feldlinien senkrecht zum Leiter verlaufen.

Wir haben folgende Ausgangssituation:

  • Durch einen geraden elektrischen Leiter (Draht) fließt ein elektrischer Strom \( \class{blue}{I} \). Dabei ist es egal, ob \(\class{blue}{I}\) ein Strom positiver oder negativer Ladungen ist.

  • Der Leiter hat die Länge \(L\).

  • Der Leiter befindet sich in einem homogenen Magnetfeld \( \class{violet}{B} \), das senkrecht zum Strom \( \class{blue}{I} \) verläuft.

Die durch den Leiter fließenden elektrischen Ladungen, erfahren eine magnetische Kraft (Lorentzkraft) \(\class{green}{F}\).

Da wir die Geschwindigkeit \(\class{blue}{v}\) nicht konkret kennen, wollen wir sie stattdessen mit dem Strom \(\class{blue}{I}\) ausdrücken. Den Stromwert können wir ja schließlich mit einem Amperemeter ganz einfach herausfinden. Der Strom \(\class{blue}{I}\) ist hier die gesamte Ladungsmenge \(\class{blue}{Q}\), die pro Zeit \(t\), die Strecke \(L\) durchfläuft:

Die einzelnen Ladungen im Leiter bewegen sich mit einer bestimmten durchschnittlichen Geschwindigkeit \(\class{blue}{v}\) durch den Leiter. Jede einzelne Ladung erfährt eine Lorentzkraft. Die Gesamtlorentzkraft auf den Leiter können wir schreiben als Lorentzkraft, die auf die Gesamtladung \(\class{blue}{Q}\) wirkt. Die Gesamtladung ist hierbei ist Summe der Einzelladungen, die sich durch das betrachtete Stück des Leiters bewegen:

Ein geladenes Teilchen legt die Länge \(L\) des Leiters innerhalb der Zeit \(t\) zurück. "Strecke pro Zeit" ist genau die Definition der Geschwindigkeit. In diesem Fall ist es die Geschwindigkeit mit der eine Ladung durch den Leiter wandert:

Stellen wir nun die Geschwindigkeit 3 nach der Zeit \(t\) um: \(t ~=~ \frac{L}{\class{blue}{v}}\) und setzen die Zeit in die Definition 2 des Stroms ein:

Dann stellen wir den Strom 4 nach der unbekannten Geschwindigkeit \(\class{blue}{v}\) um:

Sehr schön, denn jetzt können wir diese Beziehung in die Lorentzkraftformel 1 einsetzen und damit die unbekannte Geschwindigkeit eliminieren:

Die unbekannte Ladung \(\class{blue}{Q}\) kürzt sich dabei weg. Die zu herleitende Formel lautet damit:

Elektronenstrom im Leiter im B-Feld
Ein stromdurchflossener Leiter im senkrecht dazu angelegten Magnetfeld. Der Leiter wird aufgrund der magnetischen Kraft abgelenkt.

Stromdurchflossener Leiter schräg zum Magnetfeld

Wenn das Magnetfeld \(\class{violet}{B}\) schräg (unter einem nicht 90 Grad Winkel) zum Strom \(\class{blue}{I}\) verläuft, dann müssen wir ledglich eine kleine kosmetische Korrektur durchführen.

Die Lorentzkraft \( \class{green}{F} \) auf die Ladung \(\class{blue}{Q}\), die sich nicht senkrecht zum homogenen Magnetfeld bewegt, lautet:

Hierbei ist \(\alpha\) der Winkel zwischen der Geschwindigkeitsrichtung (Geschwindigkeitsvektor) und der Magnetfeldrichtung (Magnetfeldvektor).

Einsetzen der umgeschriebenen Geschwindigkeit 5 ergibt folgende Formel:

Lorentzkraft zwischen zwei stromdurchflossenen Leitern

Bei einem einzigen Leiter wurde das Magnetfeld \(\class{violet}{B}\) durch irgendeine externe Quelle erzeugt. Wenn wir nun einen zweiten stromdurchflossenen Leiter dazu nehmen, so können wir das von diesem Leiter erzeugte Magnetfeld benutzen und schauen, wie sich ein anderer stromdurchflossener Leiter in diesem Magnetfeld verhält. Wir haben also folgenden Aufbau:

Zwei parallele stromdurchflossene Leiter gleicher Richtung
Ein stromdurchflossener Leiter, der sich im Magnetfeld des anderen Leiters befindet und andersherum.
  • Der erste elektrische Leiter hat die Länge \(L\) und durch diesen fließt ein Strom \(\class{blue}{I_1}\). Der Leiter erzeugt ein kreisförmiges Magnetfeld \(\class{violet}{B_1}\) konzentrisch um den Leiter herum.

  • Der zweite elektrische Leiter hat ebenfalls die Länge \(L\) und durch diesen fließt ein möglicherweise ein anderer Strom \(\class{blue}{I_2}\). Dieser kann beispielsweise entgegengesetzt fließen oder einen anderen Betrag haben. Der zweite Leiter erzeugt auch ein kreisförmiges Magnetfeld \(\class{violet}{B_2}\) konzentrisch um sich selbst herum.

Das Magnetfeld eines geraden Leiters lässt sich mit dem Ampere-Gesetz herleiten. Wir nehmen die dazugehörige Formel als gegeben an. Der erste Leiter erzeugt damit folgendes Magnetfeld \(\class{violet}{B_1}\):

Hierbei ist \(\mu_0\) die magnetische Feldkonstante, deren Wert du in jeder Formelsammlung finden kannst. Und \(\pi\) ist einfach die Kreiszahl. Wichtiger ist hier der Abstand \(r\) vom Leiter. Das Magnetfeld \(\class{violet}{B_1}\), das von dem ersten Leiter erzeugt wird, hängt also von der Größe des Stroms \(\class{blue}{I_1}\) und vom Abstand \(r\) zum Leiter ab.

Wenn wir nun den zweiten Leiter in das Magnetfeld \(\class{violet}{B_1}\) senkrecht dazu platzieren (das heißt \(\class{violet}{B_1}\) und \(\class{blue}{I_2}\) verlaufen senkrecht zueinander), dann können wir die zuvor hergeleitete Formel 7 für die Lorentzkraft benutzen, die auf einen stromdurchflossenen Leiter wirkt:

Wir müssen die Formel lediglich etwas anpassen.

  1. Die Lorentzkraft \(\class{green}{F}\) entspricht in diesem Fall der Lorentzkraft \(\class{green}{F_2}\) auf den zweiten Leiter.

  2. Der Strom \(\class{blue}{I}\) ist hier der Strom \( \class{blue}{I_2}\), der durch den zweiten Leiter fließt.

  3. Außerdem platzieren wir den zweiten Leiter im Abstand \(r\) zum ersten Leiter. In diesem Abstand \(r\) herrscht das Magnetfeld \(\class{violet}{B_1}\) des ersten Leiters.

Nun können wir die Formel 9 für das Magnetfeld \(\class{violet}{B_1}\) in die Lorentzkraft-Formel 11 einsetzen:

Wir können analog die Lorentzkraft \(\class{green}{F_1}\) auf den ersten Leiter bestimmen, der sich im Magnetfeld \(\class{violet}{B_2}\) des zweiten Leiters befindet:

Wie du siehst, beide Leiter erfahren den gleichen Betrag der Lorentzkraft: \( \class{green}{F_2} ~=~ \class{green}{F_1}\). Daher können wir die Nummerierung der Kräfte auch weglassen und einfach \( \class{green}{F} \) schreiben:

Anziehende Lorentzkraft - zwei stromdurchflossene Leiter gleicher Richtung
Zwei Elektronenströme, die in die gleiche Richtung fließen, üben eine anziehnde Lorentzkraft aufeinander aus.
Abstoßende Lorentzkraft - zwei entgegengesetzt stromdurchflossene Leiter
Zwei entgegengesetzte Elektronenströme üben eine abstoßende Lorentzkraft aufeinander aus.
Warum zieht sich eine stromdurchflossene Spule zusammen?

Eine stromdurchflossene Spule erzeugt ein homogenes Magnetfeld in ihrem Inneren. Doch in unmittelbarer Nähe zu den Spulenwindungen, verläuft das Magnetfeld um die Windungen herum. Das heißt: Nah an den Windungen sieht das Magnetfeld genauso aus, wie bei einem stromdurchflossenen Draht. Da nun der Strom in den benachbarten Windungen in die gleiche Richtung fließt, müssen sich diese gegenseitig anziehen, wie das bei nebeneinander platzierten stromdurchflossenen Leitern der Fall ist.

Der eine Leiter erzeugt am Ort des anderen Leiters ein senkrecht dazu verlaufendes Magnetfeld. Nach der Drei-Finger-Regel ergibt sich die Lorentzkraft-Richtung zum anderen Leitern hin. Analog ist es mit dem anderen Leiter. Auf diese Weise lässt sich die Anziehung zweier Leiter und damit auch die Anziehung der Spulenwindungen erklären.