Alexander Fufaev
Ich heiße Alexander FufaeV und hier schreibe ich über:

Nabla-Operator: Die 3 wichtigsten Anwendungen + 9 Rechenregeln

Inhaltsverzeichnis
  1. 3 grundlegende Möglichkeiten Nabla auf Funktionen anzuwenden Hier lernst du, wie der Gradient, Divergenz und Rotation einer Funktion mittels Nabla-Operator gebildet werden können.
  2. Nabla auf Nabla anwenden Hier wendest du den Nabla-Operator auf Nabla-Operator mithilfe des Skalar- und Kreuzprodukts an.
  3. 5 sinnvolle Möglichkeiten Nabla zweimal anzuwenden Hier lernst du, wie sich Divergenz des Gradienten, Divergenz der Rotation und Ähnliches ergibt, wenn der Nabla-Operator zweimal auf eine Funktion angewendet wird.
  4. Die 9 nützlichsten Rechenregeln mit Nabla Hier lernst du einige wichtige Rechenregeln, die du dazu benutzen kannst, um Ausdrücke mit Nabla zu vereinfachen oder umzuschreiben.
  5. Übungen mit Lösungen

Nabla-Operator \(\nabla\) ähnelt notationsmäßig einem Vektor und sieht im dreidimensionalen Fall folgendermaßen aus, wenn wir diesen mit kartesischen Koordinaten ausdrücken:

Die drei Komponenten des Nabla-Operators sind partielle Ableitungen nach \(x\), \(y\) oder \(z\). Die allein stehenden Ableitungen werden Differential-Operatoren genannt. Du kannst einen Differential-Operator auf eine Funktion anwenden. Das Ergebnis ist die Ableitung der Funktion.

Der Nabla-Operator entfaltet erst dann seine Wirkung, wenn dieser auf eine skalare oder vektorielle Funktion angewendet wird. Das Ergebnis ist eine mehrdimensionale Ableitung der Funktion.

3 grundlegende Möglichkeiten Nabla auf Funktionen anzuwenden

Der Nabla-Operator kann sowohl auf skalare Funktionen \( f(x,y,z) \) als auch auf vektorielle Funktionen angewendet werden. Eine 3d-Vektorfunktion hat drei Komponenten:

Die Komponenten einer Vektorfunktion sind skalare Funktionen wie \( f(x,y,z) \). Du kannst also eine skalare Funktion wie eine 1d-Vektorfunktion auffassen, die genau eine Komponente hat. Wenn eine Vektorfunktion, wie im Beispiel 2 von den Ortskoordinaten \( x \), \(y\) und \(z\) abhängt, dann nennen wir sie ein Vektorfeld. Eine Komponente des Vektorfeldes, wie zum Beispiel die erste Komponente \( F_{1}(x,y,z) \), wird manchmal auch statt mit dem Index '1' mit Index '\(\text{x}\)' notiert, um anzudeuten, dass es die Komponente des Vektorfeldes ist, die in \(x\)-Richtung zeigt: \( F_{\text{x}}(x,y,z) \).

Ein Vektorfeld ist also nichts anderes als ein Vektor \( \boldsymbol{F} \), der seine Länge und Richtung verändern kann, je nach dem an welcher Position im Raum wir diesen Vektor betrachten.

Du kannst einen Vektor auf unterschiedliche Weise manipulieren:

  • Skalarmultiplikation - Du kannst einen Vektor mit einer reellen Zahl, nennen wir sie \( a \in \mathbb{R} \), multiplizieren: \( \boldsymbol{F} \, a \). Die Zahl \( a \) könnte beispielsweise die skalare Funktion \( f \) sein und \( \boldsymbol{F} \) der Nabla-Operator.

  • Du kannst ein Skalarprodukt des Vektors mit einem anderen Vektor \( \boldsymbol{R} \) bilden: \( \boldsymbol{R} \cdot \boldsymbol{F} \). Der Nabla-Operator könnte beispielsweise dieser Vektor \( \boldsymbol{R} \) sein.

  • Du kannst ein Kreuzprodukt des Vektors mit einem anderen Vektor \( \boldsymbol{R} \) bilden: \( \boldsymbol{R} \times \boldsymbol{F} \). Der Nabla-Operator könnte beispielsweise dieser Vektor \( \boldsymbol{R} \) sein.

#1: Skalarmultiplikation mit Nabla

Lass uns konkret ausrechnen, was wir bekommen würden, wenn wir den Nabla-Operator \( \nabla \) auf eine skalare Funktion \( f(x,y,z) \) anwenden, die von drei Variablen abhängt.

Im zweiten Schritt haben wir lediglich die Definition des Nabla-Operators benutzt und im letzten Schritt die skalare Funktion (quasi eine Zahl) in den Vektor hineingezogen und die Abhängigkeit von \(x\), \(y\) und \(z\) weggelassen, um das Ergebnis kompakt zu notieren.

Das Ergebnis von Nabla angewendet auf \( f \) wird als Gradient bezeichnet und stellt offensichtlich ein dreidimensionales Vektorfeld mit drei Komponenten dar:

  • Die 1. Komponente enthält die Steigung \( \frac{\partial f}{\partial x} \) in \( x \)-Richtung.

  • Die 2. Komponente enthält die Steigung \( \frac{\partial f}{\partial y} \) in \( y \)-Richtung.

  • Die 3. Komponente enthält die Steigung \( \frac{\partial f}{\partial z} \) in \( z \)-Richtung.

Beachte: Die derartige Skalarmultiplikation wie in 3 ist nicht kommutativ, weshalb der Nabla-Operator mathematisch kein richtiger Vektor ist.

Was ist der Gradient einer Funktion?

Wendest du den Nabla-Operator \( \nabla \) auf eine skalare Funktion \( f \) an, dann wird der Ergebnisvektor \( \nabla \, f \) als Gradient von \( f \) bezeichnet.

Natürlich darfst du auch einen zweidimensionalen Nabla-Operator benutzen, der nur zwei (und nicht drei) Komponenten hat. Einen zweidimensionalen Gradienten könntest du dann folgendermaßen ausrechnen:

Und der Nabla-Operator in einer Dimension ist einfach eine partielle Ableitung \( \frac{\partial f}{\partial x} \).

Beispiel: Gradient einer Funktion berechnen

Gegeben ist eine skalare Funktion \( f(x,y,z) = x^2 + 5xy + z \). Wende den Nabla-Operator - wie oben erklärt - auf \( f \) an:

Vektorplot des Gradienten der Skalarfunktion x²+5xy
Das Gradientenfeld von \(x^2 + 5xy\).

#2: Skalarprodukt mit Nabla

Eine andere Möglichkeit den Nabla-Operator diesmal mit einem Vektorfeld \(\boldsymbol{F}(x,y,z)\) wie in 2 zu kombinieren, ist ein Skalarprodukt zu bilden:

Beim Skalarprodukt wendest du die Ableitungen auf die Skalarfunktionen (Vektorfeldkomponenten) komponentenweise an:

  1. Bilde die Ableitung der ersten Komponente \( F_{\text x}(x,y,z) \) nach \(x\).

  2. Bilde die Ableitung der zweiten Komponente \( F_{\text y}(x,y,z) \) nach \(y\).

  3. Bilde die Ableitung der dritten Komponente \( F_{\text z}(x,y,z) \) nach \(z\).

  4. Addiere die drei Ableitungen zusammen.

Das Ergebnis des Skalarprodukts von Nabla mit \( \boldsymbol{F} \) wird als Divergenz bezeichnet und stellt eine dreidimensionale Skalarfunktion \( f(x,y,z) \) dar. Beim Gradienten wurde aus einer skalaren Funktion \(f\) eine Vektorfunktion \( \boldsymbol{F} \) erzeugt. Bei der Divergenz machen wir aus einer Vektorfunktion eine skalare Funktion. Also genau andersherum!

Was ist die Divergenz eines Vektorfeldes?

Wendest du den Nabla-Operator \( \nabla \) mithilfe des Skalarprodukts auf eine Vektorfunktion \(\boldsymbol{F}\) an, dann wird das Ergebnis \( \nabla \cdot \boldsymbol{F} \) als Divergenz von \(\boldsymbol{F}\) bezeichnet.

Beispiel: Divergenz eines Vektorfelds berechnen

Gegeben ist folgendes dreidimensionales Vektorfeld:

Bilde das Skalarprodukt des Nabla-Operators mit dem Vektorfeld \( \boldsymbol{F} \):

#3: Kreuzprodukt mit Nabla

Wie beim Skalarprodukt 6 wendest Du auch beim Kreuzprodukt den Nabla-Operator auf eine Vektorfunktion \( \boldsymbol{F}(x,y,z) \) an:

Das Ergebnis des Kreuzprodukts 9 ist wieder ein Vektor! Nabla belässt hier die Vektorfunktion \(\boldsymbol{F}\) als Vektorfunktion.

Was ist die Rotation eines Vektorfeldes?

Wendest du den Nabla-Operator \(\nabla\) mithilfe des Kreuzprodukts auf eine Vektorfunktion \(\boldsymbol{F}\) an, dass wird der Ergebnisvektor \(\nabla \times \boldsymbol{F} \) als Rotation von \(\boldsymbol{F}\) bezeichnet.

Beispiel: Rotation eines Vektorfeldes berechnen

Betrachte wieder das Vektorfeld wie in 7:

Wende den Nabla-Operator - mittels Kreuzprodukt - auf \( \boldsymbol{F} \) an:

Nabla auf Nabla anwenden

Natürlich kannst Du auch das Skalar- und Kreuzprodukt von Nabla mit Nabla bilden. Das Skalarprodukt ergibt einen neuen Operator \( \nabla \cdot \nabla \), den wir als Laplace-Operator bezeichnen:

Der Laplace-Operator ist die Summe der zweiten Ableitungen nach \(x\), \(y\) und \(z\). Das Skalarprodukt \( \nabla \cdot \nabla \) wird kurz \( \nabla^2 \) notiert (manchmal auch als \(\Delta\)).

Das Kreuzprodukt zweier Nabla-Operatoren ist uninteressant, weil es stets den Nullvektor ergibt. Warum? Weil die partiellen Ableitungen untereinander kommutativ sind und sich damit im Kreuzprodukt genau wegheben:

Wendest Du also das Nabla-Kreuzprodukt 12 auf eine beliebige vektorielle Funktion an: \( (\nabla \times \nabla) ~\cdot~ \boldsymbol{F} = \boldsymbol{0} \) bzw. \( (\nabla \times \nabla) ~\times~ \boldsymbol{F} = \boldsymbol{0}\) dann bekommst Du stets den Nullvektor heraus.

Beachte! Assoziativität gilt nicht:

5 sinnvolle Möglichkeiten Nabla zweimal anzuwenden

In der Elektrodynamik, Strömungslehre und anderen Gebieten der Physik kommen Beziehungen vor, in denen Nabla-Operator zweimal auf ein Vektorfeld oder Skalarfeld angewendet wird. Es gibt genau fünf unterschiedliche Möglichkeiten:

1. Möglichkeit: Divergenz des Gradienten

Wendest Du auf eine skalare Funktion \( f(x,y,z) \) den Laplace-Operator 11 an, dann bekommst Du die Divergenz des Gradienten von \( f\):

Hier gilt übrigens die Assoziativität, weshalb Klammern überflüssig sind: \( (\nabla \cdot \nabla) \, f ~=~ \nabla \cdot (\nabla \, f) ~=~ \nabla \cdot \nabla \, f\).

2. Möglichkeit: Divergenz der Rotation

Dafür brauchst Du natürlich eine Vektorfunktion \( \boldsymbol{F} \), denn die Rotation ist nur für eine Vektorfunktion definiert. Die Rotation von \( \boldsymbol{F} \) hast Du in 9 schon berechnet. Bilde nur noch das Skalarprodukt mit dem Ergebnis 9 der Rotation:

Wie Du am Ergebnis siehst: Divergenz der Rotation ist immer Null. Ein physikalisches Beispiel ist das Magnetfeld \( \boldsymbol{B} = \nabla \times \boldsymbol{A} \) (mit \( \boldsymbol{A} \) als Vektorpotential). Divergenz des Magnetfeldes verschwindet: \( \nabla \cdot \boldsymbol{B} = 0 \).

3. Möglichkeit: Rotation des Gradienten

Hier bildest du als erstes den Gradient einer skalaren Funktion \( f \) wie in 3 und anschließend bildest du das Kreuzprodukt des Nabla-Operators mit dem Ergebnisvektor \( \nabla \, f \) wie in 9:

Die Rotation des Gradienten ist immer Null. Ein physikalisches Beispiel: Das elektrostatische Feld lässt sich als Gradient eines skalaren Potentials schreiben: \( \boldsymbol{E} = \nabla \, V \). Dank unseres Ergebnisses können wir schlussfolgern, dass die Rotation des E-Feldes verschwindet: \( \nabla \times \boldsymbol{E} = 0 \). Elektrostatische E-Felder sind also wirbelfrei!

4. Möglichkeit: Rotation der Rotation

Du kannst den Nabla-Operator zweimal als Kreuzprodukt auf eine vektorielle Funktion anwenden (siehe Gl. 8 wie das geht):

5. Möglichkeit: Gradient der Divergenz

Die letzte sinnvolle Möglichkeit ist es zuerst die Divergenz \( \nabla \cdot \boldsymbol{F} \) zu bilden. Das Ergebnis ist eine skalare Funktion. Und anschließend den Nabla-Operator auf diese Skalarfunktion anzuwenden:

All die anderen denkbaren Fälle: "Rotation der Divergenz", "Gradient der Rotation", "Divergenz der Divergenz" und "Gradient des Gradienten" sind nicht definiert und kommen in der Physik gar nicht vor.

Die 9 nützlichsten Rechenregeln mit Nabla

Mit dem Wissen, dass du eben erworben hast, kannst du folgende Rechenregeln mit dem Nabla-Operator herleiten. Diesen Rechenregeln wirst du zum Beispiel in der Elektrodynamik begegnen, denn damit lassen sich gewisse Ausdrücke vereinfachen und umformen.

  1. Distributivität bei Multiplikation

  2. Distributivität bei Skalarprodukt

  3. Distributivität bei Kreuzprodukt

  4. Produktregel für Skalarfunktionen

  5. Produktregel für Skalar- und Vektorfunktion

  6. Spatprodukt mit Nabla

  7. Doppeltes Kreuzprodukt mit Nabla

  8. Gradient eines Skalarprodukts

  9. Rotation eines skalierten Vektorfelds

Nabla mit Funktion vertauschen?

Wenn Du beispielsweise beim Skalarprodukt 6 die Funktion \( \boldsymbol{F} \) mit Nabla vertauschst, dann bekommst Du einen neuen Operator:

So wie den Nabla-Operator kannst du auch den Operator 27 auf irgendeine Funktion \( f \) anwenden: \( (\boldsymbol{F} \cdot \nabla)\,f\). Solche Ausdrücke wie 27 - bei denen noch offen steht, worauf die partiellen Ableitungen angewendet werden sollen, findest Du überall in der Quantenmechanik!

Nun hast du gelernt, was der Nabla-Operator ist und wie du diesen auf skalare und vektorielle Funktionen anwenden kannst. In der nächsten Lektion schauen wir uns den Gradienten \( \nabla \, f \) etwas genauer an und lernen die Richtungsableitung kennen.

Übungen mit Lösungen

Nutze diese Formelsammlung, wenn du Probleme mit Physikaufgaben hast.

Aufgabe #1: Rotation der Rotation eines Vektorfeldes berechnen

Zeige, dass der folgende Zusammenhang zwischen dem Nabla-Operator und einem Vektorfeld \(\boldsymbol{F}\) gilt: $$\nabla ~\times~ \left(\nabla \times \boldsymbol{F}\right) ~=~ \nabla \, \left(\nabla ~\cdot~ \boldsymbol{F}\right) ~-~ \left(\nabla \cdot \nabla \right) \, \boldsymbol{F}$$

Tipp: Schreibe zuerst die beiden Rotation-Operatoren in Indexnotation mit Levi-Civita-Symbol um. Wende dann die Idenität für Produkt von zwei Levi-Civita-Symbolen an.

Lösung zur Aufgabe #1

Da es sich um ein doppeltes Kreuzprodukt handelt, lässt sich diese Aufgabe in Indexnotation einfacher lösen! Dabei werden wir die Einsteinsche Summenkonvention benutzen.

Schreibe zuerst das äußere Kreuzprodukt mittels Levi-Civita-Symbol \( \varepsilon_{ijk} \) um: 1 \[ \boldsymbol{\hat{e}}_i \, \varepsilon_{ijk} \, \partial_j \, \left( \nabla \times \boldsymbol{F} \right)_k \]

Danach das zweite Kreuzprodukt, das in der Klammer steht, umschreiben: 2 \[ \boldsymbol{\hat{e}}_i \, \varepsilon_{ijk} \, \partial_j \, \varepsilon_{kmn} \, \partial_m \, F_n \]

Nun schreibst Du das Produkt zweier Levi-Civita-Symbole mittels Kronecker-Delta um: 3 \[ \varepsilon_{ijk} \, \varepsilon_{kmn} ~=~ \delta_{jn} \, \delta_{im} ~-~ \delta_{in} \, \delta_{jm} \]

Die Gleichung 3 eingesetzt in Gl. 2 ergibt: 4 \[ \boldsymbol{\hat{e}}_i \, \left( \delta_{jn} \, \delta_{im} ~-~ \delta_{in} \, \delta_{jm} \right) \, \partial_j \, \partial_m \, F_n \]

Multipliziere die Klammer in 4 aus und benutze die Rechenregeln von Kronecker-Delta: 5 \[ \boldsymbol{e}_m \, \partial_n \, \partial_m \, F_n ~-~ \boldsymbol{e}_n \, \partial_m \, \partial_m \, F_n \]

Schreibe anschließend die Gleichung 5, die in Indexnotation steht, in Vektornotation um (vertausche dazu die Faktoren, sodass Du dann besser siehst, was zusammengefasst werden kann): 6 \[ \boldsymbol{e}_m \, \partial_m \, \partial_n \, F_n ~-~ \partial_m \, \partial_m \, \boldsymbol{e}_n \, F_n \]

Wende die Definition des Skalarproduktes auf \( \partial_n \, F_n \) und \( \partial_m \, \partial_m \) an und schreibe die Summen \( \boldsymbol{e}_m \, \partial_m \) und \( \boldsymbol{e}_n \, F_n \) in Vektoren um, dann bekommst Du genau die herzuleitende Beziehung: \[ \nabla \, \left(\nabla ~\cdot~ \boldsymbol{F}\right) ~-~ \left(\nabla \cdot \nabla \right) \, \boldsymbol{F} \]

Aufgabe #2: Produktregel für zwei skalare Funktionen in 2D

Nimm zwei skalare Funktionen \( f(x,y) \) und \( g(x,y) \). Zeige, dass die folgende Produktregel gilt: $$\nabla (f \, g) ~=~ f \, \nabla g ~+~ g \, \nabla f$$

Lösung zur Aufgabe #2

Zuerst definieren wir partielle Ableitungen \( \frac{\partial}{\partial i} := \partial_i \) mit \( i \in \{ x,y,z \}\) für eine kompakte Notation.

Laut der Quest sind die skalaren Funktionen \( f(x,y) \) und \( g(x,y) \) abhängig von nur zwei Variablen \( x, y \). Somit brauchst Du einen zweidimensionalen \( \nabla \)-Operator (die z-Komponente wird weggelassen): 1 \[ \nabla (f \, g) ~=~ \left[\begin{array}{c} \partial_x \left(f \, g\right) \\ \partial_y \left(f \, g\right) \end{array}\right] \]

Wende Produktregel für Ableitungen, also (a b)' = a b' + b a', auf die Komponenten von 1 an: 2 \[ \nabla (f \, g) ~=~ \left[\begin{array}{c} f \, \partial_x g + g \, \partial_x f\\ f \, \partial_y g + g \, \partial_y f \end{array}\right] \]

Ziehe den Summenvektor 2 in zwei Vektoren auseinander: \[ \nabla (f \, g) ~=~ f \, \left[\begin{array}{c} \partial_x g \\ \partial_y g \end{array}\right] ~+~ g \, \left[\begin{array}{c} \partial_x f\\ \partial_y f \end{array}\right] \]

Setze die Definition von \( \nabla \) ein: \[ \nabla (f \, g) ~=~ f \, \nabla g ~+~ g \, \nabla f \]

Aufgabe #3: Magnetfeld aus dem Vektorpotential berechnen

Berechne die magnetische Flussdichte \( \boldsymbol{B}(\boldsymbol{r}) ~=~ \nabla ~\times~ \boldsymbol{A}(\boldsymbol{r}) \) aus dem folgenden Vektorpotential \( \boldsymbol{A}\left(\boldsymbol{r}\right) \): $$\boldsymbol{A}(\boldsymbol{r}) ~=~ \frac{\boldsymbol{m} ~\times~ \boldsymbol{r}}{r^3}$$

Lösung zur Aufgabe #4

Die magnetische Flussdichte berechnest Du aus dem gegebenen Vektorpotential folgendermaßen: 1 \[ \boldsymbol{B}(\boldsymbol{r}) ~=~ \nabla ~\times~ \boldsymbol{A}(\boldsymbol{r}) \]

Setze zuerst das gegebene Vektorpotential in 1 ein: 2 \[ \boldsymbol{B}(\boldsymbol{r}) ~=~ \nabla ~\times~ \left( \frac{ \boldsymbol{m} ~\times~ \boldsymbol{r} }{ r^3 } \right) \]

Wie Du in 2 siehst: Es ist ein doppeltes Kreuzprodukt, welches Du berechnen musst, um auf die magnetische Flussdichte zu kommen. Diese Aufgabe meisterst Du am elegantesten mithilfe der Indexnotation. Schreibe deshalb das äußere Kreuzprodukt in 2 mittels Levi-Civita-Symbol \( \varepsilon_{ijk} \) um, und den Nabla-Operator \( \nabla \) als Differentialoperator mit einem Index \( \partial_j \): 3 \[ \boldsymbol{B}(\boldsymbol{r}) ~=~ \boldsymbol{\hat{e}}_i \, \varepsilon_{ijk} \, \partial_j \, r^{-3} \, \left( \boldsymbol{m} ~\times~ \boldsymbol{r} \right)_k \]

Den Betrag \( r ~=~ (x_1 x_1 + x_2 x_2 + x_3 x_3)^{1/2} \) des Ortsvektors \( \boldsymbol{r} \), kannst Du mit der Einsteinschen Summenkonvention auch folgendermaßen schreiben, wobei über den doppelt auftretenden Index \( s \) summiert wird: 4 \[ r ~=~ (x_s \, x_s)^{1/2} \] damit sieht das im Vektorpotential vorkommende \( r^{-3} \) so aus: 5 \[ r^{-3} ~=~ (x_s \, x_s)^{-3/2} \]

Wenn Du noch das andere Kreuzprodukt in Gl. 3 mittels Levi-Civita-Symbol \( \varepsilon_{klm} \) schreibst und Gl. 5 einsetzt, dann bekommst Du: 6 \[ \boldsymbol{B}(\boldsymbol{r}) ~=~ \boldsymbol{\hat{e}}_i \, \varepsilon_{ijk} \, \partial_j \, (x_s \, x_s)^{-3/2} \, \varepsilon_{klm} \, m_l \, x_m \]

Nun musst du den Differentialoperator \( \partial_j \) (Ableitung nach der Ortskoordinate \(x_j\)) anwenden, wobei du die Produktregel für Ableitungen berücksichtigen musst. Dabei kannst du die beiden Levi-Civita-Symbole und den Einheitsvektor ausklammern, da sie nicht von den Ortskoordinaten abhängen und somit aus Sicht des Differentialoperators Konstanten sind: 7 \[ \boldsymbol{B}(\boldsymbol{r}) ~=~ \boldsymbol{\hat{e}}_i \, \varepsilon_{ijk} \, \varepsilon_{klm} \left( m_l \, x_m \, \partial_j \, (x_s \, x_s)^{-3/2} ~+~ (x_s \, x_s)^{-3/2} \, \partial_j \, m_l \, x_m \right) \]

Das \(m_l\) ist aus Sicht der partiellen Integration nach \(x_s\) ebenfalls nur eine Konstante. Die Ableitung \( \partial_j \, x_m \) ist nur dann 1, wenn \(j = m\) ist, und die Ableitung ergibt 0, wenn \(j \neq m\) ist. Also kannst du die Ableitung mithilfe des Kronecker-Deltas schreiben: \( \partial_j \, x_m ~=~ \delta_{jm} \), welches entweder 1 oder 0 ist, je nachdem, ob die Indizes gleich oder ungleich sind. Mit dieser Überlegung verwandelt sich Gleichung 7 zu: 8 \[ \boldsymbol{B}(\boldsymbol{r}) ~=~ \boldsymbol{\hat{e}}_i \, \varepsilon_{ijk} \, \varepsilon_{klm} \left( m_l \, x_m \, \partial_j \, (x_s \, x_s)^{-3/2} ~+~ (x_s \, x_s)^{-3/2} \, m_l \, \delta_{jm} \right) \]

Multipliziere die Klammern aus und fasse nach den Kronecker-Rechenregeln z.B. \( \varepsilon_{ijk}\delta_{jm} = \varepsilon_{imk} \) zusammen. Aus den Aufgaben zum Levi-Civita-Symbol kennen wir den Zusammenhang: \( \varepsilon_{imk}\varepsilon_{klm} = 2\delta_{il} \). Insgesamt haben wir dann Folgendes: 9 \[ \boldsymbol{B}(\boldsymbol{r}) ~=~ \boldsymbol{\hat{e}}_i \, \varepsilon_{ijk} \, \varepsilon_{klm} m_l \, x_m \, \partial_j \, (x_s \, x_s)^{-3/2} ~+~ \boldsymbol{\hat{e}}_i \, 2\delta_{il} \, m_l \, (x_s \, x_s)^{-3/2} \]

Fasse dann \( \delta_{il}\,m_l = m_i \) zusammen und rechne die Ableitung \( \partial_j \, (x_s \, x_s)^{-3/2} = -3x_j \, (x_s \, x_s)^{-5/2} \) aus. Wende anschließend die Identität \( \varepsilon_{ijk}\,\varepsilon_{klm} = \delta_{il}\delta_{jm} - \delta_{jl}\delta_{im} \) an: 10 \[ \boldsymbol{B}(\boldsymbol{r}) ~=~ -3\boldsymbol{\hat{e}}_i \, (\delta_{il}\delta_{jm} - \delta_{jl}\delta_{im}) \, m_l \, x_j \, x_m \, (x_s \, x_s)^{-5/2} ~+~ 2\boldsymbol{\hat{e}}_i \, \, m_i \, (x_s \, x_s)^{-3/2} \]

Multipliziere die Klammer aus und fasse Kronecker-Delta nach Deinem Wunsch zusammen: 11 \[ \boldsymbol{B}(\boldsymbol{r}) ~=~ -3\boldsymbol{e}_l \, m_l \, x_m \, x_m \, (x_s \, x_s)^{-5/2} ~+~ 3\boldsymbol{e}_m \, m_j \, x_j \, x_m \, (x_s \, x_s)^{-5/2} ~+~ 2\boldsymbol{\hat{e}}_i \, \, m_i \, (x_s \, x_s)^{-3/2} \]

An dieser Stelle kannst Du die Indizes wieder in Vektoren umwandeln. Mit \( \boldsymbol{\hat{e}}_i \, m_i ~=~ \boldsymbol{m} \) und \( x_m \, x_m = r^2 \) hast Du: 12 \[ \boldsymbol{B}(\boldsymbol{r}) ~=~ -3 \boldsymbol{m} r^2 \, r^{-5} ~+~ 3\boldsymbol{r}(\boldsymbol{m} \cdot \boldsymbol{r}) \, r^{-5} ~+~ 2 \boldsymbol{m} r^{-3} \]

Wegen \( r^2 \cdot r^{-5} = r^{-3} \) hebt sich der letzte Summand mit zwei der drei vorderen Termen weg. Was übrig bleibt, ist der gesuchte Ausdruck für die magnetische Flussdichte: 13 \[ \boldsymbol{B}(\boldsymbol{r}) ~=~ -3 \boldsymbol{r} \, \frac{\boldsymbol{m} \cdot \boldsymbol{r}}{r^5} ~-~ \frac{\boldsymbol{m}}{r^3} \]