Alexander Fufaev
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Divergenz eines Vektorfeldes physikalisch verstehen

Inhaltsverzeichnis
  1. Positive Divergenz - Quelle eines Vektorfeldes Hier lernst du, wann das Vektorfeld im betrachteten Raumpunkt eine Quelle ist.
  2. Negative Divergenz - Senke eines Vektorfeldes Hier lernst du, wann das Vektorfeld im betrachteten Raumpunkt eine Senke ist.
  3. Divergenz ist Null - divergenzfreies Vektorfeld Hier lernst du, wann das Vektorfeld im betrachteten Raumpunkt divergenzfrei ist.
  4. Übungen mit Lösungen

Divergenz \( \nabla \cdot \boldsymbol{F} \) eines Vektorfeldes \( \boldsymbol{F} \) ist definiert als das Skalarprodukt zwischen dem Nabla-Operator \( \nabla \) und dem Vektorfeld \( \boldsymbol{F} \):

Hierbei ist \( F_{\text x} \) die erste, \( F_{\text y} \) zweite und \( F_{\text z} \) die dritte Komponente des folgenden dreidimensionalen Vektorfeldes \( \boldsymbol{F}(x,y,z) \):

Wie in der Lektion über die Maxwell-Gleichungen besprochen, kann das Vektorfeld \( \boldsymbol{F} \) beispielsweise das elektrische Feld \( \boldsymbol{E} \) oder das magnetische Feld \( \boldsymbol{B} \) repräsentieren.

Das Ergebnis \(\nabla \cdot \boldsymbol{F}\) der Divergenz in Gl. 1 ist eine skalare Funktion (keine vektorielle Größe mehr)! Wird also ein konkreter Ort für \((x,y,z)\) eingesetzt, dann ergibt die skalare Funktion eine gewöhnliche Zahl: \(\nabla \cdot \boldsymbol{F}(x,y,z)\). Diese Zahl ist ein Maß für die Divergenz des Vektorfeldes an dem betrachteten Ort \((x,y,z)\). Es kann hierbei eine positive oder negative Zahl herauskommen oder sogar Null. Je nachdem, ob die Zahl positiv, negativ oder Null ist, hat sie eine andere physikalische Bedeutung.

Positive Divergenz - Quelle eines Vektorfeldes

Wir gehen davon aus, dass wir einen konkreten Ort \((x,y,z)\) in das Divergenzfeld \(\nabla \cdot \boldsymbol{F}(x,y,z)\) eingesetzt und eine positive Zahl erhalten haben:

Dann ist der jeweils betrachtete Punkt \((x,y,z)\) im Raum eine Quelle des Vektorfeldes \(\boldsymbol{F}\). Anschaulich gesagt: Wird dieser Ort mit einer beliebigen Oberfläche (z.B. mit einer Würfeloberfläche) umschlossen, dann ist der Fluss des Vektorfeldes durch diese Oberfläche ebenfalls positiv. Das Vektorfeld zeigt aus diesem Ortspunkt heraus.

Positive Divergenz am Ort \((x,y,z)\) ist die Quelle des Vektorfeldes.
Beispiel: Quelle des Vektorfeldes

Wie groß ist die Divergenz im Punkt \(1, 0, 0\) des folgenden Vektorfeldes:

Die Divergenz \(\nabla \cdot \boldsymbol{F}\) dieses Vektorfeldes wird berechnet, indem du die drei partiellen Ableitungen des Vektorfeldes wie in Gl. 1 bildest und sie zusammenaddierst:

Damit haben wir das Divergenzfeld im gesamten Raum bestimmt. Wir wollen die Divergenz für den Ort \((x,y,z)=(1,0,0)\) bestimmen und setzen daher \(x=1\), \(y=0\) und \(z=0\) ein:

Das Vektorfeld \( \boldsymbol{F} \) hat am betrachteten Ort eine positive Divergenz \( \nabla \cdot \boldsymbol{F} = 5 \). Physikalisch stellt dieser Ort eine Quelle des Vektorfeldes \(\boldsymbol{F}\) dar. Wenn es ein elektrisches Feld \( \boldsymbol{F} = \boldsymbol{E} \) wäre, dann würde eine positive Divergenz bedeuten, dass am Ort \((1,0,0)\) eine positive elektrische Ladung sitzt.

Negative Divergenz - Senke eines Vektorfeldes

Nun gehen davon aus, dass wir eine negative Zahl erhalten haben, nachdem wir einen konkreten Ort in das Divergenzfeld eingesetzt haben:

Dann ist der jeweils betrachtete Ort \((x,y,z)\) eine Senke des Vektorfeldes \(\boldsymbol{F}\). Anschaulich gesagt: Wird dieser Ort mit einer beliebigen Oberfläche umschlossen, dann ist der Fluss des Vektorfeldes durch diese Oberfläche ebenfalls negativ. Das Vektorfeld geht in die Oberfläche hinein.

Negative Divergenz am Ort \((x,y,z)\) ist die Senke des Vektorfeldes.
Beispiel: Senke eines Vektorfeldes

Gegeben ist das folgende Vektorfeld:

Die Divergenz \(\nabla \cdot \boldsymbol{F}\) dieses Vektorfeldes ist:

Das betrachtete Vektorfeld hat an jedem Ort \((x,y,z)\) eine konstante, negative Divergenz. Das heißt, egal welcher Ort für \((x,y,z)\) eingesetz wird, jeder Ort hat eine negative Divergenz mit dem Wert -1. Jeder Ort stellt eine Senke des Vektorfeldes \(\boldsymbol{F}\) dar. Wäre das Vektorfeld \(\boldsymbol{F}\) ein elektrisches Feld, dann würde dieses Ergebnis bedeuten, dass an jedem Ort eine negative elektrische Ladung sitzt.

Divergenz ist Null - divergenzfreies Vektorfeld

Nun gehen davon aus, dass wir Null erhalten haben, nachdem wir einen konkreten Ort in das Divergenzfeld eingesetzt haben:

Divergenzfreies Vektorfeld am Ort \((x,y,z)\).

Dann ist am Ort \((x,y,z)\) das betrachtete Vektorfeld divergenzfrei. Das heißt: Wird dieser Ort mit irgendeiner Oberfläche umschlossen, dann ist der Fluss des Vektorfeldes durch diese Oberfläche hindurch ebenfalls Null. Das Vektorfeld zeigt in diese Oberfläche nicht hinein, aber auch nicht heraus. Oder es zeigt genauso viel Vektorfeld in die Oberfläche hinein wie heraus, sodass sich die beiden entgegengesetzten Beiträge aufheben und die Divergenz netto Null ist.

Beispiel: Divergenzfreies Vektorfeld

Berechne die Divergenz am Ort \((1, 1, 1)\) des folgenden Vektorfeldes:

Die Divergenz \(\nabla \cdot \boldsymbol{F}\) dieses Vektorfeldes ist:

Setze den Ort \((x,y,z) = (1,1,1)\) ein:

Die Divergenz des betrachteten Vektorfeldes an diesem Ort ist Null. Die zweite Maxwell-Gleichung der Elektrodynamik beispielsweise sagt aus, dass Divergenz des Magnetfelds \( \nabla \cdot \boldsymbol{B} \) Null ist. Physikalisch heißt das: Es gibt keine magnetischen Monopole! Magnetischer Nordpol tritt immer zusammen mit einem magnetischen Südpol auf.

In den Beispielen für negative Divergenz und Divergenzfreiheit haben wir eine konstante Divergenz herausbekommen, die unabhängig vom betrachteten Ort ist. Das Divergenzfeld \(\nabla \cdot \boldsymbol{F}\) muss aber nicht unbedingt eine Konstante ergeben! Es waren nur einfache Beispiele. Im Allgemeinen hängt es von allen drei Ortskoordinanten ab: \(\nabla \cdot \boldsymbol{F}(x,y,z)\).

Beispiel: Variable Divergenz

Gegeben ist folgendes Vektorfeld:

Berechne, wie in Gl. 1 gezeigt, die partiellen Ableitungen des Vektorfeldes, um das Divergenzfeld zu bestimmen:

In diesem Fall ergibt sich eine von \(x\) und \(y\) abhängige Divergenz: \( \nabla \cdot \boldsymbol{F}(x, y) ~=~ y + 2x\, y \).

  • Am Ort \((1,2,0)\) ist die Divergenz positiv: \( \nabla \cdot \boldsymbol{F}(1,2,0) ~=~ 4 \).

  • Am Ort \((1,-2,0)\) ist die Divergenz dagegen negativ: \( \nabla \cdot \boldsymbol{F}(1,-2,0) ~=~ -4 \).

  • Am Ort \((-0.5,2,1)\) verschwindet die Divergenz: \( \nabla \cdot \boldsymbol{F}(-0.5,2,1) ~=~ 0 \).

Jetzt solltest du wissen, wie Divergenz eines Vektorfeldes berechnet und physikalisch interpretiert wird. Dieses Wissen wird dir helfen den Gauß-Integralsatz zu begreifen, der für das Verständnis der Maxwell-Gleichungen enorm wichtig ist.

Übungen mit Lösungen

Nutze diese Formelsammlung, wenn du Probleme mit Physikaufgaben hast.

Aufgebe: Divergenz vom Vektorpotential eines magnetischen Dipols

Überprüfe, ob die Divergenz des Vektorpotentials \(\boldsymbol{A}\) eines magnetischen Dipols Null ergibt: $$\nabla \cdot \left( \frac{\boldsymbol{m}\times\boldsymbol{r}}{r^3} \right)\stackrel{?}{=} 0$$

Lösung zur Aufgabe

Der Divergenz-Operator in Indexnotation ist: 1 \[ \nabla \cdot \boldsymbol{A} = \boldsymbol{\hat{e}}_{i}\, \partial_{i} \cdot \boldsymbol{\hat{e}}_i \, A_j \]

Zusammen mit dem Kreuzprodukt in Indexnotation und dem Betrag des Ortsvektors \(\boldsymbol{r}\) als \( r = (x_s \, x_s)^{1/2} \), steht dann: 2 \[ \boldsymbol{\hat{e}}_{i} \partial_i ~\cdot~ \boldsymbol{\hat{e}}_j \, \varepsilon_{jkn} \, m_k \, x_n \, (x_s \, x_s)^{-3/2} \]

Du darfst nur Konstanten vor den Differentialoperator \(\partial_i\) ziehen. In diesem Fall wirkt er auf die Komponenten des Ortsvektors, nämlich auf \(x\),\(y\) und \(z\). Deshalb darfst Du \(m_k\) und \(\boldsymbol{\hat{e}}_j\) vorziehen, da sie keine Variablen enthalten nach denen Du ableiten musst. Dann fasst Du \( \boldsymbol{\hat{e}}_i \cdot \boldsymbol{\hat{e}}_j\) zu Kronecker-Delta \(\delta_{ij}\) zusammen. Insgesamt steht dann: 3 \[ \varepsilon_{jkn} \, m_k \, \delta_{ij} \, \partial_i \, x_n \, (x_s \, x_s)^{-3/2} \]

Fasse z.B. \(\delta_ij \, \partial_i\) zusammen zu \(\partial_j\) und wende die Produktregel an: \[ \varepsilon_{jkn} \, m_k \left[ (x_s \, x_s)^{-3/2} \, \partial_j \, x_n ~+~ x_n \, \partial_j \, (x_s \, x_s)^{-3/2} \right] \]

\(x_n\) abgeleitet nach der \(j\)-ten Variable ergibt Null, wenn \(j \neq n \) (z.B. \(\partial_1 \, x_2 = 0\)), und ergibt Eins, wenn \(j = n \) (z.B. \(\partial_3 \, x_3 = 1\)). Das entspricht der Definition von Kronecker-Delta: \(\delta_{jn}\). Ausmultpliziert kommt im ersten Summanden also \( \varepsilon_{jkn} \, \delta_{jn} \) vor. Dies ist immer Null, denn für \(j = n\) ist der Levi-Civita-Symbol Null und für \(j \neq n \) ist Kronecker-Delta Null. Also fällt der erste Summand ganz weg!

Leite also nur im zweiten Summanden \((x_s \, x_s)^{-3/2}\) nach der \(j\)-ten Variable ab. Hier fällt aber nichts weg, da über Index \(s\) summiert wird (z.B. bleibt bei \(\partial_1 \, (x_1\,x_1 + x_2\,x_2 + x_3\,x_3)\) der Term \(\partial_1 \, x_1\) über). Es bleibt bei der inneren Ableitung genau der Summand über, der den \(j\)-ten Index trägt. Nach dem Ableiten hast Du: 4 \[ \varepsilon_{jkn} \, m_k \, x_n \, (x_s \, x_s)^{-5/2} \, \left(-\frac{3}{2}*2x_j\right) \]

Zusammenfassen und Umordnen ergibt: 5 \[ -3r^{-5} \, \varepsilon_{jkn} \, m_k \, x_n \, x_j \]

Für den letzten Schritt zum Ergebnis, wende einen sexy Trick an, um zu erkennen, dass Null herauskommt: Indizes beim Levi-Civita-Symbol kannst Du einmal gegen den Uhrzeigersinn drehen, ohne, dass sich etwas am Ergebnis ändert. Dann steht: 6 \[ -3r^{-5} \, \varepsilon_{knj} \, m_k \, x_n \, x_j \]

Wenn Du es noch nicht siehst, dass der Ausdruck Null ist, dann bist Du genauso dumm wie ich. Forme an dieser Stelle den Levi-Civita-Symbol wieder in ein Kreuzprodukt um, dann hast Du: 7 \[ -3r^{-5} \, \, m_k \, (r \times r)_k \]

Das Kreuzprodukt eines Vektors mit sich selbst ergibt immer Null. Rechne es nach, wenn Du mir nicht glaubst! Damit bist Du fertig. Insgesamt erfüllt das Vektorpotential des magnetischen Dipols die sogenannte Coulomb-Eichung: 8 \[ \nabla \cdot \boldsymbol{A} = 0 \]