Alexander Fufaev
Ich heiße Alexander FufaeV und hier schreibe ich über:

Hermitescher Operator (Matrix) in der Quantenmechanik

Inhaltsverzeichnis
  1. Hermitesche Operatoren haben reelle Eigenwerte Hier beweisen wir, dass Hermitesche Operatoren reelle Eigenwerte haben.
  2. Eigenvektoren von Hermiteschen Operatoren sind orthogonal Hier beweisen wir, dass Eigenzustände eines Hermiteschen Operators paarweise orthogonal sind.
  3. Spektraltheorem: Eigenvektoren bilden eine Basis Hier beweisen wir die wichtigste Eigenschaft eines Hermiteschen Operators.
  4. Hermitesche Matrizen Hier stellen wir Hermitesche Operatoren als Matrizen dar und schauen uns Beispiele an.

So wird der Mittelwert eines Operators \(H\) im Zustand \(|\mathit{\Psi}\rangle\) in der Quantenmechanik berechnet:

Der Mittelwert wurde hier in der Bra-Ket-Notation dargestellt. Unter der Haube der Bra-Ket-Notation verbirgt sich ein Postulat der Quantenmechanik in Form eines Integrals. Dieses Postulat sagt uns, wie wir konkret Mittelwerte in der Quantenmechanik bestimmen können.

Im folgenden Beispiel wird der Mittelwert des Operators \(H\) mithilfe der eindimensionalen Ortswellenfunktion \( \Psi(x) \) berechnet:

Ein Mittelwert, wie wir diesen aus dem Alltag kennen, ist eine reelle Zahl. In der Quantenmechanik können wir aber auch einen komplexen Mittelwert, mit einem Real- und Imaginärteil, herausbekommen.

Wenn wir beispielsweise den Ortsmittelwert oder Enerergiemittelwert berechnen wollen, dann erwarten wir, dass die Quantenmechanik uns einen reellen Wert liefert.

Was soll überhaupt ein komplexer Ort oder eine komplexe Energie sein?

In solchen Fällen fordern wir, dass der Mittelwert gleich dem komplex-konjugierten Mittelwert sein muss:

Konkret bedeutet das für unser Beispiel, dass das Integral 2 gleich dem folgenden, komplex-konjugierten Integral sein muss:

Das ist eine Forderung, die nur durch eine reelle Zahl erfült wird. Wie du aus der Mathematik weißt, wenn wir eine reelle Zahl komplex konjugieren, zum Beispiel \(5^* = 5\), dann bleibt sie unverändert. Bei komplexen Zahlen ändert sich aber das Vorzeichen, zum Beispiel \((4+2\,\mathrm{i})^* = 4-2\,\mathrm{i}\). Durch diese Forderung schließen wir also komplexe Mittelwerte aus!

Unsere Forderung hat weitreichende Konsequenzen für den Operator \(H\) und seine Eigenschaften. Schauen wir uns das mal an, indem wir das komplex konjugierte Integral 4 etwas umformen. Als erstes können wir die beiden Skalare \((\hat H \, \mathit{\Psi})\) und \(\mathit{\Psi}^{~*}\) vertauschen:

Dann wenden die komplexe Konjugation (den Stern) auf die einzelnen Integranden an:

Von den komlexen Zahlen wissen wir: \( (\mathit{\Psi}^{~*})^* ~=~ \mathit{\Psi} \). Schreiben wir das Integral anschließen wieder in die Bra-Ket-Notation um:

Der umgeschriebene komplex-konjugierte Mittelwert 7 in Bra-Ket-Notation muss nach unserer Forderung gleich dem ursprünglichen Mittelwert 2 sein:

Damit unsere Forderung 3 nach einem reellen Mittelwert erfüllt ist, muss der Operator \(H\) im Skalarprodukt vertauscht werden können. Es darf also keine Rolle spielen, ob wir \(H\) auf den Ket- oder auf den Bra-Vektor anwenden. Der Mittelwert bleibt gleich. Ein solcher Operator, der im Skalarprodukt hin und hergeschoben werden kann, ohne, dass sich dabei der Mittelwert ändert, wird Hermitescher Operator genannt.

Beispiel: Impuls als Hermitescher Operator

Lass uns prüfen, ob der Impulsoperator \( \hat p ~=~ - \mathit{i}\,\hbar \, \frac{\text{d}}{\text{d}x} \) einen reellen Mittelwert hat. Dazu müssen wir prüfen, ob das ein Hermitescher Operator ist, also Gl. 8 erfüllt ist.

Das \(\hbar\) und \(\mathit{i}\) sind gewöhnliche Zahlen und dürfen hin und her geschoben werden. Um den Ableitungsoperator \( \frac{\text{d}}{\text{d}x} \) auf das \(\mathit{\Psi}^{~*}\) zu verlagern, benutzen wir partielle Integration:

Den Term \( \left(\mathit{i}\,\hbar \, \frac{\text{d} \mathit{\Psi}^{~*}}{\text{d}x} \right) \) können wir auch so \( \left(- \mathit{i}\,\hbar \, \frac{\text{d} \mathit{\Psi}}{\text{d}x} \right)^{*} \) schreiben:

Da der erste Summand je nach \(a\), \(b\) und \(\mathit{\Psi}\) nicht Null ist, ist die Hermitesche Eigenschaft 8 nicht erfüllt. Also ist der Impuls \(p\) im Allgemeinen keine Observable. Die Betonung liegt auf 'im Allgemeinen'. Ist denn \(p\) eine Observable, wenn wir den gesamten Raumbereich betrachten?

Für alle möglichen Wellenfunktionen \(\mathit{\Psi}\) fällt der Randterm immer noch nicht weg. Das ist aber gar nicht so schlimm, denn in der Physik sind wir nicht an allen mathematisch erdenkbaren Wellenfunktionen \(\mathit{\Psi}\) interessiert. Physikalisch 'sinnvolle' Wellenfunktionen müssen normierbar sein. Und normierbare Wellenfunktionen müssen für \(x = \pm \infty \) gegen Null gehen. So fällt der Randterm an den gewählten Integrationsgrenzen weg und wir erhalten die Hermitesche Eigenschaft von \( \hat p \):

Schauen wir uns kurz die Definition von einem adjungierten Operator \( H^{\dagger} \) an:

\( H^{\dagger} \) ist also ein Operator, der auf den Bra-Vektor angewendet wird und das gleiche Skalarprodukt ergibt wie der Operator \(H\), der auf den Ket-Vektor wirkt. Vergleiche die Definition des adjungierten Operators 14 mit der Definition 8 des Hermiteschen Operators. Daran siehst du:

Ein Operator \(H\), der gleich seinem Adjungierten \(H^{\dagger} \) ist, wird als selbstadjungierter Operator bezeichnet.

Da es keine Rolle spielt, ob der Hermitesche Operator auf den Bra- oder auf den Ket-Vektor zuerst angewendet wird, kann \(H\) zwischen dem Bra und Ket platziert werden:

Der Operator wirkt dann entweder auf den linken oder rechten Nachfolger. Analog kann der Hermitesche, adjungierte Operator zwischen dem Bra- und Ket-Vektor geschrieben werden.

Ein Hermitescher Operator hat drei weitere unglaublich wichtige Eigenschaften, die wir uns im Folgenden anschauen.

Hermitesche Operatoren haben reelle Eigenwerte

Eigenschaft #1

Ein Hermitescher Operator hat reelle Eigenwerte.

Diese Aussage gilt auch für unendlichdimensionale Hilbert-Räume. Wir beweise sie hier für endlichdimensionale. Dazu nehmen wir die Eigenwertgleichung für den Hermiteschen Operator \(H\):

Hierbei ist \( |\varphi\rangle \) ein Eigenvektor von \(H\) und \( \lambda \) ist der dazugehörige Eigenwert. Dann wenden wir den Bra-Vektor \( \langle \varphi | \) von links auf die Eigenwertgleichung an:

Den Eigenwert \( \lambda \) dürfen wir aus dem Skalarprodukt herausziehen. Es ist ja nur eine Zahl:

Jetzt wenden wir die Eigenschaft 16, die den Hermiteschen Operator definiert. Wir können \(H\) auf den Bra-Vektor anwenden. \(H\) angewendet auf den Bra-Vektor ergibt den komplex-konjugierten Eigenwert \(\lambda^*\):

Das ist eine Zahl, die wir aus dem Skalarprodukt herausziehen können:

Setzen wir 19 und 21 gleich, bringen alles auf eine Seite der Gleichung und klammern das Skalarprodukt \( \langle \varphi | \varphi \rangle \) aus:

Damit diese Gleichung Null ist, muss \( \lambda \) gleich dem Komplex-Konjugierten \( \lambda^* \) sein, also reell:

Eigenvektoren von Hermiteschen Operatoren sind orthogonal

Eigenschaft #2

Eigenvektoren eines Hermiteschen Operators sind orthogonal, wenn sie verschiedene Eigenwerte haben.

Nehmen wir zwei verschiedene Eigenwertgleichungen für den Hermiteschen Operator \(H\):

Hierbei ist \(|\varphi_1\rangle\) und \(|\varphi_2\rangle\) zwei verschiedene Eigenvektoren von \(H\). Und \(\lambda\) und \(\mu\) sind die dazugehörigen Eigenwerte. Wenden wir den Bra-Vektor \( \langle \varphi_2 | \) von links auf die erste Eigenwertgleichung an. Der Eigenwert \(\lambda\) ist eine reelle Zahl, die wir vor das Skalarprodukt platzieren können:

Die zweite Eigenwertgleichung drücken wir mit dem Bra-Vektor aus:

Multiplizieren wir die Gleichung von rechts mit dem Ket-Vektor \( | \varphi_1 \rangle \) und ziehen den reellen Eigenwert \(\mu\) vor das Skalarprodukt:

Setzen wir unsere beiden Ergebnisse 25 und 27 gleich, bringen alles auf eine Seite und klammern das Skalarprodukt aus. Dann erhalten wir:

Wenn wir annehmen, dass die Eigenvektoren nicht entartet sind, das heißt, sie haben unterschiedliche Eigenwerte \(\lambda\) und \(\mu\), dann muss das Skalarprodukt zwischen den beiden Eigenvektoren von \(H\) Null sein:

Die nicht entarteten, verschiedenen Eigenvektoren von einem Hermiteschen Operator sind also stets orthogonal zueinander!

Spektraltheorem: Eigenvektoren bilden eine Basis

Eigenschaft #3

Die Menge der Eigenvektoren eines Hermiteschen Operators kann als Basis benutzt werden.

Diese Eigenschaft ist so wichtig, dass sie einen Namen trägt, nämlich das Spektraltheorem. Ein linearer, endlichdimensionaler Operator \(H\) ist wie du weißt, eine lineare Abbildung von einem Hilbert-Raum in einen anderen Hilbert-Raum:

\(\mathcal{H} \) kann beispielsweise ein zwei-dimensionaler Hilbert-Raum sein. Die Basis dieses Hilbert-Raums besteht in diesem Fall aus zwei 2d Vektoren. Nach dem Spektraltheorem können wir also zwei verschiedene Eigenvektoren von \(H\) als Basis-Vektoren nehmen und damit jeden möglichen Ket-Vektor aus \(\mathcal{H} \) darstellen.

Hermitesche Matrizen

Wie du aus der linearen Algebra weißt: Du kannst eine lineare Abbildung, wie 30, als eine Matrix darstellen. Wenn der Hilbert-Raum zweidimensional ist, dann entspricht der Operator \(H\) einer 2x2 Matrix. Ein Hermitescher Operator, der als Matrix dargestellt wird, wird Hermitesche Matrix genannt.

In der Matrixdarstellung steht die adjungierte Matrix ("\(\dagger\)") für eine transponierte und komplex-konjugierte Matrix. Nach der Gl. 15 ist eine Hermitesche Matrix gleich ihrer transponierten und komplex-konjugierten Matrix.

Beispiele für Hermitesche Matrizen

Das ist die Pauli \(\sigma_y\)-Matrix und ist Hermitesch. Wenn du sie transponierst und komplex-konjugierst, bekommst du die gleiche Matrix wieder zurück. Auch die \(\sigma_x\)-Matrix ist eine Hermitesche Matrix:

Beispiel für eine Nicht-Hermitesche Matrix

Das ist eine Nicht-Hermitesche Matrix, weil wenn du sie transponierst und komplex konjugierst, dann bekommst du eine ganz andere Matrix, die nicht gleich der ursprünglichen Matrix ist.