Alexander Fufaev
Ich heiße Alexander FufaeV und hier schreibe ich über:

Meine erste wahre Liebe und die Transformation zum Vegetarier

Wintersemester 2015. Aufgetankt mit frischer Energie und durch die Zusammenarbeit und den Austausch mit den Kommilitonen absolvierte ich erfolgreich das erste Semester und bestand auf Anhieb alle Klausuren.

Das Highlight des Semesters war ein Abendvortrag von Harald Lesch an unserer Universität. Damals in der Oberstufe hatte ich, immer nach der Schule, beim Mittagessen, Alpha Centauri geguckt, wo Herr Lesch jede Menge spannender Fakten über die Entstehung des Universums und den Kosmos vorgestellt hatte. Ich war ein großer Fan von ihm, weshalb ich mich umso mehr freute, ihn zum ersten Mal live erleben zu dürfen. Sein Vortrag gab mir einen Motivationsschub für das nächste Semester.

Auch im zweiten Semester bestand ich alle erforderlichen Module. Es war natürlich sehr stressig, jede Woche mehrere anspruchsvolle Übungszettel abgeben zu müssen. Aber ich traf mich auch im zweiten Semester fleißig mit den anderen, um zusammen die Aufgaben zu meistern. In der Uni im Team zu arbeiten, war für mich der Schlüssel zum Erfolg.

Zukünftiges Learning aus dem Neubeginn des Studiums: Wenn ich das Physikstudium oder ein ähnlich anspruchsvolles Fach von Neuem beginnen würde, dann würde ich mich stets mit anderen Studierenden zusammenschließen, um das Grundstudium zu überleben.


Kein BAföG mehr

Sommersemester 2015. In den Sommersemesterferien kam ein Brief vom Studentenwerk, in dem stand, dass ich kein BAföG mehr bekommen würde, weil ich nicht alle notwendigen Studienleistungen innerhalb der ersten vier Semester erbracht hatte. Diese Nachricht bestürzte mich sehr, denn ich war auf das BAföG angewiesen, um die Studienleistung, Bücher und andere Ausgaben für die Uni zu bezahlen. Daher schrieb ich einen Brief an die Sachbearbeiterin, um ihr zu erklären, dass ich in den ersten beiden Semestern in einer schweren Lebensphase gewesen war und deshalb keine Module bestehen konnte. Ich bat sie, das BAföG nicht zu streichen, weil ich nicht deswegen mit dem Physikstudium aufhören wollte. Doch, wie mir die Sachbearbeiterin mitteilte, war mein Brief ohne eine offizielle Bescheinigung vom Arzt nutzlos. Ab dem nächsten Monat bekam ich kein BAföG mehr.

Um die anbahnende Studiengebühr von vierhundert Euro für das kommende Semester bezahlen zu können, rief ich die Besucher meiner Website dazu auf, mir zu helfen. Mittlerweile hatte ich meine Website im Lauf der Zeit in eine reine Physikwebsite umgebaut und viele neue Physikinhalte hinzugefügt. Damit erreichte ich im Durschnitt achtzigtausend Besucher im Monat, die allein von Google kamen, während mein YouTube-Kanal über zehntausend Abonnenten hatte.

In einem Tagebucheintrag reflektierte ich meine Situation: Was wäre gewesen, wenn ich die Unterstützung durch die bisherigen Spenden nicht gehabt hätte? Was, wenn ich während des Studiums nicht bei meiner Mutter hätte leben dürfen? Dann müsste ich zwingendermaßen neben dem Studium an der Supermarktkasse arbeiten oder Websites für andere Leute erstellen. Bei manchen Studienfächern hätte man sicherlich nebenbei Zeit dafür. Wie hätte ich aber ein solch anspruchsvolles Studienfach wie Physik bewältigen können, wenn ich den halben Tag damit verbringen würde, Geld zum Studieren und Überleben zu verdienen? Ich war jedenfalls nicht in der Lage dazu.

Eins war sicher: Um BAföG bekommen zu können, mussten die Eltern wenig verdienen. Das tat meine Mutter bereits. Aber ich musste auch emotional stabil sein und alles von Anfang an richtig machen, um die Leistungen fristgerecht abzuschließen. In diesem Punkt hatte ich wohl versagt. Wäre ich nicht in der Lage, das Geld für die Studiengebühr rechtzeitig zusammen zu bekommen, würde ich mitten im Studium exmatrikuliert werden.

Die Sorge, die nächste Studiengebühr nicht zahlen zu können und dadurch exmatrikuliert zu werden, brachte mich dazu, mehr Zeit in meine Website zu investieren, um damit hoffentlich die Spendeneinnahmen zu erhöhen. Ich wollte auf keinen Fall an der Supermarktkasse arbeiten oder dort Regale einräumen, auch wenn es in dem Moment finanziell sehr hilfreich gewesen wäre. Ich wollte eine Arbeit ausführen, die ich nicht nur tat, um Geld zu verdienen, sondern, die mir auch sinnstiftend erschien. Und meine Arbeit an der Website fühlte sich sehr sinnstiftend an, denn damit half ich mittlerweile tausenden Schülern. Auch viele Physiklehrer schrieben mir Emails und fragten mich, ob sie beispielsweise meine selbstgezeichneten Illustrationen im Unterricht einsetzen durften. Doch leider reichte ihre Dankbarkeit nicht aus, um damit ein finanziell sorgenfreies Leben führen zu können.

Dann führte ich in einem Tagebucheintrag die Situation mit einem Gedankenexperiment fort: Man stelle sich dazu eine Welt vor, in der von einem Tag auf den anderen alle Fußballer verschwinden würden. In dieser Welt müssten sich die Menschen nun mit anderen Dingen unterhalten, mit Basketball, Büchern oder dem Fernseher. Man stelle sich nun eine weitere Welt vor, in der alle Müllmänner von einem Tag auf den anderen ihre Arbeit boykottieren würden. Alle Straßen wären dann mit Müll überflutet, weil diesen niemand mehr entsorgt. Die ganzen Großstädte würden im Chaos untergehen.

Die Arbeit eines Müllmanns ist für die Existenz unserer Zivilisation essentieller als die Arbeit eines Fußball-Profis. Ein Profi-Fußballer bekommt jedoch Millionen, während ein Müllmann um viele Größenordnungen weniger verdient, obwohl er eine für die Gesellschaft relevantere Arbeit leistet als ein Fußballer. Selbst, wenn der Müllmann vierundzwanzig Stunden am Tag ohne Pausen arbeiten würde, käme er nicht mal ansatzweise an das Gehalt eines guten Fußballers heran.

Es hatte also wenig Sinn, in den Semesterferien vierundzwanzig Stunden am Tag an der Website immer die gleiche Tätigkeit auszuführen, also kostenlose und werbefreie Inhalte zu erstellen. Auch, wenn ich laut den Emails und Kommentaren eine wichtige Arbeit tat, war sie, so wie im Fall eines Müllmanns nicht direkt mit einem Sprung in ein finanziell sorgenfreies Leben verbunden.

Diese Einsicht brachte mich dazu, in Zeiten, wo es darum ging, die Studiengebühr zu begleichen, gegen mein Prinzip »Kostenloses, werbefreies Wissen für alle« zu verstoßen und Werbung auf meiner Website zu schalten, um so Einnahmen zu generieren, mit denen ich die Studiengebühr bezahlen konnte.

Physik macht keinen Spaß mehr

Wintersemester 2015 / 16. Die ersten vier erfolgreich absolvierten Semester ermüdeten mich sehr, so sehr, dass mir Physik zuweilen gar keinen Spaß bereitete. Ich schwänzte gern ab und zu und arbeitete stattdessen an meiner Website. Aber viele Fehltage durfte ich mir nicht leisten, denn selbst ein einmaliges Fehlen fühlte sich so an, als wäre ich am Ereignishorizont eines schwarzen Lochs angekommen, und ein weiteres Fernbleiben der Vorlesung würde mich unweigerlich und unumkehrbar in dieses schwarze Loch stürzen lassen.

Zum Glück gab es da eine Kommilitonin, Jule. Mit ihrer Hilfe und ihren außerordentlich guten Erklärungen schaffte ich auch die nächsten Semester. Jule war die Person, mit der ich während des Studiums die meiste Zeit verbrachte. Sie war auch diejenige, die mir die meisten Nachrichten schickte. Dadurch schenkte ich ihr mehr Aufmerksamkeit als allen anderen. Beim Bearbeiten der Aufgaben in der Gruppe saß sie stets neben mir und wir gaben die Übungszettel immer zusammen ab.

Eines Tages verabredeten wir uns zum Bearbeiten eines Übungszettels in ihrer WG. Sie wohnte mit Marie zusammen, die am Tag unserer Verabredung nicht da war. Auf dem Sofa im Wohnzimmer sitzend, beide über den Tisch gebeugt, erklärte ich Jule meine Aufgabenlösungen. Nachdem die erste Aufgabe erledigt war, drehte ich mich ohne zu zögern zu ihr und küsste sie ungefragt direkt auf den Mund. Es war selbst für mich so überraschend, dass ich nicht wusste, wie ich den Kuss erklären sollte, sobald er aufhörte. Um es nicht erklären zu müssen, küssten wir uns eine ganze Stunde lang. Am nächsten Morgen hatte ich Muskelkater im Gesicht. Doch anstatt einer Schelle, bekam ich Jules Herz.

Seit diesem Tag waren wir mehr als nur Kommilitonen. Ich besuchte Jule öfter. Nach dem Bearbeiten der Zettel kochten wir zusammen. Während ihres freien ökologischen Jahres musste sie aus ihrem Elternhaus ausziehen und brachte sich dabei das Kochen bei. Sie war sehr gut darin. Sobald sie Zwiebeln oder Knoblauch anbriet, konnte ich meine Nase nicht von der Pfanne wenden.

Beim Essen oder Abwaschen löcherte ich sie gern mit Fragen. Ganz egal, was ich sie fragte, sie konnte mir immer eine Antwort geben – sei es eine Frage bezüglich des Haushalts, des Studiums, der Geschichte, der Philosophie oder sonst einem Thema. Und wenn sie mal ausnahmsweise keine Ahnung hatte, dann dachte sie sich die Antwort so logisch aus, dass diese glatt als richtig durchgehen könnte.

Von Tag zu Tag intensivierte und festigte sich unsere Liebe. Natürlich gab es auch Tiefs – sowohl persönlich als auch in unserer Beziehung, die unsere Liebe teilweise sehr zum Bröckeln brachten, doch auch diese Phasen überstanden wir gemeinsam. Jedes Mal, wenn ich mich schlecht fühlte, war Jule in der Lage, mich aufzumuntern. Auch ich nahm sie stets in den Arm, wenn sie wegen des ganzen Stresses in der Uni in Tränen ausbrach. Bei Tiefs in der Beziehung beredeten wir das Problem und konnten es stets aus dem Weg schaffen. Wir hielten in jeder Situation zusammen und trösteten uns gegenseitig.

Eines der wichtigsten Dinge, die ich von Jule gelernt hatte, war das Umweltbewusstsein. Sie zeigte mir, dass unser Konsumverhalten und generell unsere Lebensweise sehr schlecht für die Zukunft der Erde waren. Solche Gedanken hatte ich mir zuvor nie gemacht, sei es bezüglich meines täglichen Fleischkonsums, der Beeinflussung des Klimas durch die Emission von Treibhausgasen oder der Verschmutzung der Meere mit Plastik. Die Auswirkungen meines Verhaltens auf die Umwelt waren für mich bis dahin nie greifbar gewesen: Das CO2 konnte ich nicht in der Luft sehen, es war nicht wie sichtbarer Smog. Das Leid der Tiere in Massentierhaltungen konnte ich ebenfalls nicht sehen. Im Supermarkt wurden mir stattdessen Fake-Bilder von glücklichen Kühen auf der Wiese vorgegaukelt. Die Ökoterroristen, die in der Kommentarspalte von YouTube herumlungerten, raubten mir zudem die Motivation, mich näher mit diesen Themen zu beschäftigen, und verstärkten eher meine Überzeugung bezüglich des Fleischkonsums. In meinen Augen waren viele von ihnen totale Spinner. Anhand ihrer offensiven Argumentation kam es mir vor, als ob sie sich für bessere Menschen hielten. Ich wollte auf gar keinen Fall so wie diese Menschen sein.

Jule war anders. Sie versuchte nicht krampfhaft, mir ihre Sichtweise unter die Nase zu reiben und mich von ihrem Lebensstil zu überzeugen. Doch was viel wichtiger war: Ich liebte Jule. Das war der entscheidende Grund, warum ich begann, meinen Horizont zu erweitern und meine Liebste verstehen zu wollen. Durch die Liebe konnte auch Dascha ihren Freund Tobias leicht überzeugen, Vegetarier zu werden. Durch die Liebe konnten auch Dascha, Lauri und ich unsere Mutter dazu bringen, Vegetarierin zu werden. Wenn du russischstämmig bist, dann weißt du sicherlich, wie unmöglich es ist, eine russische Mama (oder noch unmöglicher: Oma) davon zu überzeugen, dass Pelmeni mit Smetana oder in Fett gebratene Tschebureki mit Rindfleisch weder moralisch noch ökologisch vertretbar sind. Nur in Kombination mit Liebe können Argumente einen Menschen am schnellsten und nachhaltigsten verändern. Daschas, Lauris und meine Liebe zu unserer Mutter schaffte etwas Unmögliches!

Menschen, mit denen ich bis jetzt zu tun hatte, waren oft nicht empfänglich für Argumente, wenn es um die Änderung ihrer Identität ging. Selbst einige Physikstudenten, die eigentlich offen für gute Argumente sein müssten, waren nicht bereit, ihren Lebensstil zu verändern. Sie haben meine Argumente belächelt und weiterhin Currywurst mit Pommes in der Mensa gegessen. Es schien, als wären sie nur in einem bestimmten Bereich offen für Argumente, nämlich in der Wissenschaft, aber nicht in anderen Bereichen, insbesondere wenn die Argumente ihren eigenen Lebensstil infrage stellten.

Es ist oft einfacher, jemanden von einer bestimmten Sichtweise zu überzeugen, indem man selbst ein Vorbild ist und Toleranz und Liebe zeigt, anstatt mit konfrontierenden Argumenten. Das gilt unabhängig davon, ob man jemanden von einem vegetarischen Lebensstil, einem alternativen Weltbild oder von etwas Anderem überzeugen möchte. Als mir das klar wurde, konzentrierte ich mich darauf, meinen vegetarischen Lebensstil für andere attraktiv zu machen, indem ich ihn erfolgreich vorlebte. Ich begann, andere Ansichten und Weltbilder zu tolerieren und zu respektieren. Ich begegnete jedem Menschen mit Verständnis und entwickelte im Laufe der Zeit die Fähigkeit, von anderen Lebensstilen und Weltbildern zu lernen, um meinen eigenen Lebensstil und mein Weltbild zu optimieren.

Jule brachte mich auch dazu, endlich ein bisschen Sport zu treiben. Zusammen mit ihr besuchte ich einen Karatekurs beim Unisport, wo wir sogar unsere Gelbgurtprüfung zusammen ablegten. Sie lernte meine Familie kennen und ich ihre Familie, mit denen ich Urlaub auf Spiekeroog machte. Jule lernte sogar Galja kennen, mit der wir uns in Prag während eines Urlaubs verabredet hatten.

Alexander Fufaev in Prag 2019 auf dem Tretboot Prag 2019 mit Galja und Jule

Jule wusste auch, dass meine Website mein allerliebstes Hobby war und half mir in den Semesterferien sogar, ein Logo dafür zu entwerfen, während ich ihr beibrachte wie man mit Illustrator arbeitet.

Zu meinem Geburtstag schenke sie mir einen schönen, schwarzen Notizblock mit dem Titel: »Always keep a notebook handy. You never know when inspiration will strike.« Auf der ersten Seite stand eine Nachricht von Jule:

»Wofür auch immer du dieses Buch brauchen wirst – Ideen, Tagebucheinträge, Gekritzel, Passwörter... Ich musste sofort an dich denken bei dem Spruch vorne. Also fülle die Seiten am besten mit einer neuen Idee – dann ist der Nobelpreis sicher! Deine Liebe des Lebens 3«

Die ersten Seiten füllte ich direkt mit dem Thema aus, das Jule immer am meisten beschäftigte: Umweltbewusstsein. Mit einem kleinen Gedankenexperiment versuchte ich zu begründen, warum Massentierhaltung und der immense Fleischkonsum in der heutigen Zeit nicht mehr moralisch war:

Das Gedankenexperiment zur dynamischen Moral

Der Mensch nimmt sich als eine überlegene Spezies das Recht dazu, über das Leben der Tiere zu entscheiden. Warum ist es denn in dieser Gesellschaft so einfach, das massenhafte Erzeugen und Vernichten bestimmter Arten von Leben zu legalisieren? Es geht hier um die Frage der Moral und zwar: Ist es moralisch vertretbar, bestimmte Tierarten zu schlachten? Diese Frage kann ich leider nur definitorisch beantworten, denn, was moralisch vertretbar ist und was nicht, legt der Mensch selbst fest. Früher war es für die meisten Menschen moralisch vertretbar, Sklaven zu halten – heute nicht mehr. Die Konzentrationslager in Deutschland waren zu Hitlers Zeit auch legal und aus Sicht seiner fanatischen Gefolgsleute wahrscheinlich auch moralisch richtig. In einigen Ländern ist die Todesstrafe moralisch vertretbar – in anderen Ländern dagegen nicht. Aus Sicht eines Vegetariers ist die Massentierhaltung nicht moralisch vertretbar, aus der Sicht vieler Omnivoren meistens schon. Vielleicht war der Vegetarier früher auch ein Omnivore und aß das Fleisch aus der Massentierhaltung, weil es für ihn moralisch vertretbar war. Heute argumentiert er stattdessen womöglich mit dem Prinzip »Handle so, wie du behandelt werden möchtest«. Der Besitzer einer Farm argumentiert hingegen nach dem Prinzip der Nutzenmaximierung: Das Schwein ist eben ein Nutztier und darf deshalb gegessen werden. Ein Kannibale geht sogar noch weiter und macht sogar vor der eigenen Spezies keinen Halt.

Die Moral variiert nicht nur zeitlich und menschenübergreifend, sondern sie scheint auch aus unterschiedlichen Prinzipien abgeleitet zu sein. Deshalb kann man sich nur schwer global einig werden, welches Handeln moralisch vertretbar ist und welches nicht. Versetzen wir uns deshalb in einem Gedankenexperiment in die Lage eines Nutztiers und versuchen, ein besseres Prinzip herzuleiten, nach dem uns die Entscheidung über die moralische Vertretbarkeit unseres Handelns leichter fällt.

Eines Tages nehmen hochentwickelte Aliens die Erde ein. Sie sind in jeder Hinsicht so hochentwickelt, dass es für Menschen und andere Spezies unmöglich ist, Widerstand zu leisten. Unser Versuch, mit den Aliens zu kommunizieren, würde dem Versuch einer Fliege gleichen, mit einem Menschen zu kommunizieren. So wie die allermeisten Menschen keine Empathie für eine Fliege empfinden, empfinden die Aliens keine Empathie gegenüber den Menschen.

Der Mensch, so wie andere Lebewesen auf der Erde dienen für sie der reinen Unterhaltung. Sie mögen das Geschrei des Menschen. Die Schmerzensschreie des Menschen sind der schönste Klang, den die Aliens je gehört haben. Deshalb züchten sie künstlich Menschen und schließen sie an die Maschinen an, die den Menschen soweit am Leben erhalten, dass dieser stets schreien kann. Die Maschine durchbohrt immer wieder den menschlichen Körper und verursacht derartig höllische Schmerzen, dass das Geschrei aller Menschen über die ganze Erde zu hören ist. Die Maschine versorgt dann die Wunde, bis diese einigermaßen geheilt ist. Dann geht das Bohren wieder los. Aber nicht bei den männlichen Spezies, denn ihr Geschrei klingt minderwertiger, weshalb sie nur einmal zum Schreien gebracht werden, bis sie anschließend aufgrund der Verblutung sterben. Die Aliens haben das menschliche Genom so manipuliert, dass der Mensch nicht nur schneller wächst und heilt, sondern auch Schmerz stärker empfindet und deshalb einen schöneren Klang von sich gibt.

Zu dieser schlimmsten Zeit der Menschheit – wer würde dafür kämpfen, dass unsere Qual aufhört? Wer sollte für unser Recht auf ein Leben ohne Qual kämpfen, außer den Aliens selbst? Nur die Aliens wären in der Lage, das systematische Züchten und Ausnutzen der menschlichen Spezies zu stoppen. Doch aus welchem Anlass sollten die Aliens das tun, wenn sie keine Empathie empfinden? Nur aus dem Anlass, dass es einen Nutzen für sie bringen würde. Doch es bringt für sie keinen Nutzen, damit aufzuhören, den Menschen auszunutzen. Diese Aliens handeln offenbar so, dass innerhalb ihrer eigenen Spezies der Nutzen maximiert wird, ohne die dadurch entstehenden Nachteile der niedriger entwickelten Spezies zu berücksichtigen. Genauso versucht der Mensch den Nutzen für sich selbst zu maximieren und nimmt dabei – trotz vorhandener Empathie gegenüber den Nutztieren – die dadurch entstehenden Nachteile für die Nutztiere in Kauf. Wenn es aber um die Frage nach der speziesübergreifenden Moral geht, nach der Frage, ob es moralisch vertretbar ist, Tiere auszunutzen, so kommt man mit dem Nutzenmaximierungsprinzip nicht weiter. Denn um auch die moralische Richtigkeit des Handelns der Aliens aus Sicht der ausgenutzten menschlichen Spezies zu gewährleisten, müssen die gravierenden Nachteile für den Menschen minimiert werden, ohne dass dabei gravierende Nachteile für die Aliens entstehen.

Erst, wenn alle Spezies sich so verhalten, dass die größten Nachteile aller Spezies minimiert sind, wurde die maximale speziesübergreifende moralische Richtigkeit erreicht. Eine Moral, in deren Rahmen die Summe aller Nachteile der Spezies minimal ist, genießt die größtmögliche Akzeptanz durch alle Spezies. Eine von der Mehrheit aller Spezies akzeptierte Moral kann als die bestmögliche speziesübergreifende Moral angesehen werden.

Doch was ist, wenn zwei Spezies einen gleichgroßen Nachteil haben? Nehmen wir einmal an, dass das Geschrei des Menschen dazu in der Lage ist, psychisch erkrankte Aliens zu heilen. Für einen erkrankten Alien entsteht also ein Nachteil, wenn er aufhört, den Menschen zum Schreien zu bringen. Nun haben sowohl der Alien als auch der Mensch einen Nachteil. Zu dem Zeitpunkt ist die Menge der Nachteile also nicht minimal – kann aber auf zwei unterschiedliche Weisen minimiert werden.

Erstens: Der Alien könnte seine Situation akzeptieren (das wäre ein Nachteil für ihn), ohne dem Menschen Schmerz zuzufügen. Diese Handlungsmöglichkeit lässt sich mit der Vater-/Kind-Situation vergleichen, in der der Vater – obwohl er stärker ist – sein Leben opfert, um sein Kind zu retten. Dadurch wird der Nachteil für den Menschen eliminiert, da er nicht weiter ausgenutzt wird. Das Minimum aller Nachteile wäre erreicht und das Handeln des Aliens moralisch richtig.

Zweitens: Der Alien könnte, weil er in jeder Hinsicht überlegen ist, seinen Nachteil eliminieren, indem er den Menschen ausnutzt. Dadurch hätte aber der Mensch einen Nachteil. Auch dieses Handeln des Aliens wäre moralisch richtig, weil das Minimum der Nachteile erreicht wird. In diesem Fall wird der Alien seinen Nachteil los, während der Nachteil des Menschen übrigbleibt. Die Menge der Nachteile ist in dem gegebenen Fall nicht Null, aber minimal.

Zu einem späteren Zeitpunkt haben die Aliens eine Maschine entwickelt, die das Geschrei des Menschen perfekt nachahmen kann. Wenn die Aliens trotzdem weiterhin die Menschen ausnutzen, ist die speziesübergreifende Moral nicht mehr die beste Moral, weil das Minimum aller Nachteile sich im Laufe der Zeit verschoben hat. Die Aliens haben die Möglichkeit, den Nachteil des Menschen zu eliminieren, ohne dass dabei ein eigener Nachteil entsteht. Wenn sie das tun, dann tragen sie damit zur bestmöglichen speziesübergreifenden Moral bei.

Auch die Menschen könnten zu dieser bestmöglichen Moral beitragen, indem sie ihr Handeln stets überdenken und anpassen. Wenn der Mensch hungert, hat er keine andere Wahl, als andere Spezies zu jagen und zu essen, um damit einen lebensbedrohlichen Nachteil zu eliminieren. Wenn der Mensch aber Millionen von Tieren nicht um des Überlebens willen züchtet, sondern um des Genusses willen, der sich mittlerweile durch pflanzliche Alternativen reproduzieren lässt, dann handelt er nicht nach der bestmöglichen Moral, sondern nach einer Moral, die veraltet ist.

Ich erinnerte mich an die Zeit bei den Großeltern, wo Onkel Sascha zu Geburtstagen ein Schwein für den Grill schlachtete. Natürlich konnte er nicht das Schwein fragen, ob es denn einen Nachteil hätte, wenn wir es aus reinem Genuss verspeisten. Doch das Schwein besitzt ein Nervensystem, das einen Nachteil erzeugt, nämlich den Schmerz, sobald Onkel Sascha dem Schwein das Messer in den Hals jagte. Töten wir das Tier, obwohl es für uns keinen Nachteil erzeugen würde, wenn wir es nicht täten, dann verstoßen wir gegen die speziesübergreifende Moral. Im Rahmen dieser Moral wäre das eine schlechte Handlung, denn wir hätten zum Geburtstag auch Nahrungsmittel essen können, die keinen Schmerz verspürten und somit keinen Nachteil erfuhren.

Meine Schlussfolgerung daraus war: Wenn ich gestern noch moralisch richtig gehandelt hatte, handelte ich heute - zum Beispiel aufgrund unzähliger Fleischalternativen, die es auf dem Markt gibt - nicht mehr moralisch richtig. Denn sowohl der Fortschritt als auch der Wohlstand, den ich in Deutschland hatte, eröffnen mir neue Handlungsmöglichkeiten, mit denen ich die speziesübergreifenden Nachteile weiter minimieren konnte und damit, zum aktuellen Zeitpunkt, durch den Verzicht auf Fleisch moralisch richtig handeln würde.


Je mehr ich mich mit dem Thema Fleischkonsum beschäftigte, desto überzeugter war ich von Jules Ansichten. Im Laufe unserer Beziehung gewöhnte ich es mir an, wenig Fleisch zu essen und später, sogar noch vor Jule, zum Vegetarier zu werden. Als ich ihr davon erzählte, wurde sie, sobald sie das wenige Fleisch im Kühlschrank aufgebraucht hatte, auch zur Vegetarierin.

In den ersten Wochen des Vegetarierseins war es eine Herausforderung für mich, die jahrelang eingefahrenen Gewohnheit des Fleischkonsums zu ändern. Doch im Nachhinein, wie es sich in meinem Leben immer wieder gezeigt hat, war die Anstrengung, die beim Ändern der eigenen Persönlichkeit entsteht, es wert. Nur durch das Verlassen meiner Komfortzone konnte ich persönlich wachsen.

Nachdem sie mich zu einem umweltbewussten Menschen bekehrt hatte, fühlte ich mich noch mehr mit ihr verbunden, weil wir jetzt darüber auch gemeinsame Ansichten teilten. Natürlich wusste ich, dass ich durch das Vegetarierwerden und den Verzicht auf die meisten Milchprodukte das Leid der Tiere in den Massentierhaltungen noch lange nicht beendet war, aber es fühlte sich gut an, damit weniger zu tun zu haben.

Im Laufe meines Lebens als Vegetarier habe ich Empathie gegenüber Insekten entwickelt. Früher verspürte ich keine Reue, eine ins Haus geflogene Fliege zu töten oder einen verirrten Käfer im Haus zu zertreten. Heutzutage kann ich es mir nicht mehr vorstellen. Ich versuche immer, die Fliege zu befreien und den Käfer nach draußen zu bringen. Im Falle von Fliegen habe ich mir angewöhnt, sie mit der Hand zu fangen, da es oft schwierig ist, sie nach draußen zu scheuchen. Dadurch werde ich weniger schnell genervt und die Fliege bleibt am Leben. Mein bescheidener Beitrag, um das Artensterben zu reduzieren!

Durch den Verzicht auf Fleisch bin ich zu einem Menschen geworden, der mehr Empathie für Tiere, sogar für Blumen und Bäume empfindet. Ich begann das Leben der anderen Spezies mehr zu schätzen.


Zukünftige Learnings aus diesem Lebensabschnitt:
  1. Ich werde mich nicht mehr auf finanzielle Unterstützung vom Staat verlassen. Ich werde immer alles daran setzen, finanziell unabhängig zu werden.
  2. Die einfachste Möglichkeit, erstes passives Einkommen aufzubauen und es ins Unermessliche zu steigern, besteht darin, einen Blog zu starten und regelmäßig über eigene Lieblingsthemen zu schreiben, die Probleme anderer Menschen lösen. Auf diese Weise eine Leserschaft aufzubauen und diese um Spenden zu bitten.
  3. Eine weitere einfache passive Einnahmequelle ist das Starten eines YouTube-Kanals und das Erstellen von Videos über Themen, die anderen helfen. Dann die Videos zu monetarisieren und mit jedem weiteren Video immer mehr zu verdienen.
  4. Je regelmäßiger ich einzigartigen, hilfreichen Content produziere, desto schneller erreiche ich meine finanzielle Freiheit.
  5. Wenn ich mein Leben neu starten könnte, würde ich so früh wie möglich, bereits während der Schulzeit, damit beginnen, meine finanzielle Freiheit aufzubauen, ohne dabei meine Zeit mit dem Zocken zu verschwenden.
  6. Ich bin zum Vegetarier geworden (2018) und habe angefangen, mich für ökologische Themen zu interessieren.
  7. Ich bin empathischer gegenüber Pflanzen und Tieren geworden. Ich töte keine in meine Wohnung verirrten Insekten, sondern fange sie und bringe sie nach draußen.
  8. Nicht die Argumente überzeugen Menschen, sich zu verändern, sondern Vorbilder und Menschen, die wir lieben.
  9. Eine speziesübergreifend empathischere Gesellschaft ist eine vegetarische / vegane Gesellschaft.