Alexander Fufaev
Ich heiße Alexander FufaeV und hier schreibe ich über:

Mai 2023: Leben ohne Gefrierschrank, Deko und Kaffee zu Hause. Kronkorken statt Seifenschale.

8/9. Mai 2023. Am nächsten Tag wurden meine Vorratsgläser abgeholt und danach widmete ich den gesamten Tag dem Schreiben eines Artikels über Minimalismus, gespickt mit vielen Tipps für Menschen, die auch den Minimalismus für sich entdecken wollen.

Während des Abendbrots sah ich mir eine Doku über Albert Einstein an. Sie erinnerte mich an mein damaliges Ziel, eines Tages einen Nobelpreis zu erhalten und genauso genial zu sein wie Albert Einstein. Dieser Wunsch war längst aus meinem Bewusstsein verschwunden, doch tief in mir schlummerte er noch immer. Für einen kurzen Moment stellte ich mir vor, wie meine in der Masterarbeit entwickelte Phase-Independent-Fit-Methode dazu beigetragen hatte, viele bisher unbekannte Phasenübergänge in Quantensystemen zu entdecken. Trotz der Einfachheit dieser Methode erwies sie sich als so wertvoll in der Forschung, dass mir dafür der Physiknobelpreis verliehen wurde.

Am nächsten Morgen schenkte ich Hanna meinen Kakao. Ursprünglich verwendete ich Kakao für mein Porridge. Da ich jedoch kein Porridge mehr aß und auch keine andere Verwendung dafür fand, minimalisierte ich den Kakao weg. Auch meinen Kaffee schenkte ich Hanna, da ich beschlossen hatte, ab heute keinen Kaffee mehr zu Hause zu trinken. Mir war bewusst, dass ich ihn dann seltener trinken würde, da ich mir meinen derzeitigen Konsum von drei bis vier Tassen pro Tag in einem Café nicht leisten konnte. Doch ich erhoffte mir, dass ich den Kaffee dann viel mehr genießen würde und eine Tasse zu einem besonderen Moment werden könnte. Meine French Press würde ich fortan ausschließlich für Tee verwenden.

Meine Überlegungen zum Verzicht auf Kaffee zu Hause hatten auch eine gesellschaftliche Dimension. Ich träumte von einer Gesellschaft, die mehr zusammenhält, die sich wie eine große Familie anfühlt. Ich glaubte, dass es förderlich wäre, wenn Menschen nicht allein zu Hause ihr Heißgetränk genießen, sondern in Cafés ausgehen, wo sie anderen Menschen begegnen und kostengünstig ein Heißgetränk bekommen könnten. Ich war überzeugt, dass es der Gesellschaft guttun würde, den Kaffee nicht isoliert zu konsumieren, sondern in Gesellschaft »fremder« Menschen. Häufiger die eigenen vier Wände zu verlassen und zu erkennen, dass die Welt viel schöner und vielfältiger war, als es die eigene Internetblase vorgaukelte.

Nach dieser morgendlichen, philosophischen wegminimalisierenden Runde machte ich mich auf den Weg in die Bibliothek, in die zweite Etage zu meinem Stammplatz. Heute begann ich damit, ein eBook zum Thema Minimalismus zu schreiben. Ab und zu ließ ich mich von spontanen Ideen ablenken. Mir kam der Gedanke, mein Website-Logo etwas zu vereinfachen. Ich unterbrach meine Arbeit und entfernte den Sockel der Lampe, sodass das Logo nur noch aus einem Ringplaneten mit einem Blitz im Inneren bestand. Ich war bereits sehr zufrieden mit dem Ergebnis und ersetzte sofort das alte Logo durch das neue auf meiner gesamten Website. In der Mittagspause aß ich einen veganen Burger mit ein paar Pommes. Ich sagte der Frau hinter der Theke, dass ich nicht so viele Pommes möchte, damit nichts verschwendet wird. Ein Student, der ähnlich gebaut war wie ich, machte es mir nach und lächelte mich an. Ich lächelte zurück.

Als ich zurück in der Bibliothek war, bekam ich leichte Bauchschmerzen, höchstwahrscheinlich weil der Burger einen Avocado-Aufstrich hatte. Ich hatte durch eigenes Ausprobieren herausgefunden, dass mein Magen allergisch auf Avocado reagierte. Ich weiß nicht, warum ich an diesem Tag so masochistisch war.

Mit den Bauchschmerzen konnte ich mich nicht auf das Schreiben des eBooks konzentrieren. Stattdessen lenkte ich mich mit zufälligen YouTube-Videos zum persönlichen Wachstum ab. Plötzlich kam mir die Idee, meine weiße Stofftasche durch eine schwarze zu ersetzen, die mein neues Logo trug. Also designte ich schnell die schwarze Tasche und bestellte sie bei einem Druckanbieter.

Spontan entschied ich mich, einen Atom-Sticker für mein Macbook zu bestellen, um es zu personalisieren. Mein Gedanke war: Wenn ich es verlieren sollte, kann ich zumindest sagen, dass mein Macbook den Atomsticker um das Apple-Logo hatte. Einen ähnlichen Gedanken hatte ich auch mit meinem Hausschlüssel. Daher bestellte ich einen Schlüsselanhänger mit eingravierter Handynummer und meinem Namen.

Nach der Bibliothek setzte ich mich kurz davor auf eine Bank und aß einen Apfel. Auf der gegenüberliegenden Bank bemerkte ich Luisa, eine Germanistikstudentin, die ich vor längerer Zeit in der Mensa angesprochen und kennengelernt hatte. Als unsere Blicke sich trafen, lächelten wir uns an und sie winkte mich zu sich herüber. Sie erzählte mir, dass sie mittlerweile an ihrer Masterarbeit schrieb. Ich berichtete ihr von meinem Interesse an Minimalismus und von einigen Prinzipien, die ich entwickelt hatte, mit denen man sein Leben in ein minimalistisches verwandeln könnte. Wir diskutierten darüber, doch sie schien nicht so begeistert von meinen Ideen zu sein.

Als ich sie damals ansprach, fand ich sie faszinierend, weil sie oft alleine in der Mensa saß und aus dem Fenster schaute. Sie strahlte eine gewisse Einzigartigkeit aus und als ich das erste Mal mit ihr sprach, merkte ich sofort: Sie war tausendmal schlauer als ich. Ihre Argumente waren präzise und überzeugend. Von ihr könnte ich noch viel lernen. Leider konnte ich mir mit ihr nur eine freundschaftliche Beziehung vorstellen, da sie zwei Katzen hatte, was für mich nach meinen Überlegungen zu Haustieren eindeutig ein Ausschlusskriterium war.

Anschließend fuhr ich kurz nach Hause, um meine Bodenlampe mit nach Borsum zu nehmen. Ich hatte bereits eine Deckenlampe installiert, die sich per App steuern ließ und mir völlig ausreichte. Die Bodenlampe nutzte ich nur, um abends gedämpftes Licht zu haben. Doch auch das konnte meine Deckenlampe genauso gut. Deshalb entschied ich mich, sie heute nach Borsum zurückzubringen.

Es gab Kaffee und Apfelkuchen mit meiner Familie. Ich freute mich sehr darüber, dass Dascha und Tobi an meine Bitte gedacht hatten und mir ihren gepolsterten Küchenstuhl schenkten. Die beiden zogen nämlich in eine neue Wohnung in Hildesheim um. Sie hatten die Stühle verkauft und mir einen übriggelassen. Dieser war viel kompakter und leichter als mein aktueller Bürostuhl, den ich vor dem Umzug ersetzen wollte. Der Stuhl hatte nur drei Beine und konnte sich weder drehen noch rollen.

Bevor ich wieder nach Hause fuhr, verstaute ich das Netzteil meines iPhones in der Schublade unter dem Fernsehschrank. In letzter Zeit hatte ich bemerkt, dass ich nur das Ladekabel nutzte, um das Handy direkt am USB-C-Anschluss des Laptops aufzuladen.

Den neuen Stuhl nahm ich nach dem Kaffeebesuch mit nach Hannover. Die Leute guckten mich komisch an, als ich in einem vollen Zug im Fahrradabteil auf einem Stuhl saß und am Laptop arbeitete.

Als ich zu Hause ankam, probierte ich ihn aus und war sehr zufrieden damit. Er wog wahrscheinlich nur halb so viel und war im Gegensatz zu meinem Bürostuhl leicht mit einer Hand zu transportieren. Den Bürostuhl stellte ich dann bei eBay-Kleinanzeigen zum Verkauf ein.

Kronkorken statt Seifenschale

Leben ohne Seifenschale: Kronkorken-Trick

13. Mai 2023. Heute Morgen hatte ich meine letzten gefrorenen Heidelbeeren aufgebraucht und beschlossen, keine mehr zu kaufen, da es keine Möglichkeit gab, gefrorene Früchte und Gemüse ohne Verpackung zu bekommen. Langfristig gesehen, wenn ich eines Tages Zero-Waste leben möchte - und das möchte ich - muss ich den Kauf von gefrorenen Lebensmitteln weglassen. Daher entschied ich mich dafür, auf ungefrorenes Obst und Gemüse zurückzugreifen, das entweder gar nicht oder nur minimal verpackt war.

Da ich ohnehin mein Essen nicht einfrierte, beschloss ich ab heute auch, meinen Gefrierschrank nicht mehr zu nutzen. Ich hinterließ eine Notiz auf dem Whiteboard der WG: »Ihr könnt mein Gefrierschrankfach benutzen. LG Sascha.«

Während des Frühstücks fielen mir die Kronkorken auf, die auf dem Tisch lagen. Wahrscheinlich hatte Hanna gestern Abend mit ihren Freunden gefeiert. Als ich mein schmutziges Geschirr in den Geschirrspüler räumte, kam mir eine blitzartige Idee: »Was wäre, wenn ich diesen Kronkorken in mein Stück Seife stecken würde und es dann auf dem Waschbecken ablegen würde, ohne eine Seifenschale zu verwenden? Dadurch würde die Unterseite der Seife nicht matschig werden und es würde sich keine Seifenflüssigkeit in meiner Seifenschale sammeln.«

Das probierte ich gleich aus. Ich nahm einen Kronkorken, ging ins Badezimmer, drückte ihn fest in die Seife und wusch mir damit die Hände. Anschließend legte ich die Seife auf das Waschbecken. Ich beugte mich hinunter, um die Auflagefläche der Seife seitlich zu betrachten. Zwischen der Seife und dem Waschbecken war ein Luftspalt zu sehen, sodass die Unterseite der Seife trocknen konnte. »Was für eine geniale Idee«, dachte ich und nahm meine weiße Seifenschale mit, um sie zu den »Zu verschenken«-Sachen zu legen. Beim Zähneputzen stellte ich fest, dass meine Zahnseide endlich leer war. Endlich konnte ich sie gegen eine plastikfreie Alternative ersetzen, die ich vor einigen Tagen bei Rossmann entdeckt hatte. Diese konnte ich komplett im Biomüll entsorgen. Als ich bei Rossmann war, entschied ich mich auch, meine Handzahnbürste aus Plastik durch eine Bambus-Zahnbürste zu ersetzen, die ich ebenfalls komplett im Biomüll entsorgen konnte. Ich nutzte die Gelegenheit und wandte meine neueste Erkenntnis an, dass ein kleiner Bürstenkopf besser zur Zahnreinigung geeignet ist. Außerdem fiel mir beim Zähneputzen auf, dass die grüne Farbe der Plastikborsten an den Spitzen ab war. Daraus schlussfolgerte ich, dass diese Farbe und wahrscheinlich auch die Plastikpartikel der Borsten, die durch Abrieb an den Zähnen haften blieben, durch das Schlucken dann auch im Inneren des Körpers landeten. Das wollte ich auch ausschließen.

Nach der Shopping-Tour begab ich mich in die Bibliothek, um dort mein eBook zum Thema Minimalismus weiterzuschreiben. Als ich beim Kapitel »Gesunde minimalistische Ernährung« angekommen war, zählte ich alle Lebensmittel auf, die ich konsumierte. Unterpunkt: »Tierische Produkte«. Ich hörte auf zu schreiben und überlegte, ob ich diesen Punkt in mein Repertoire an Lebensmitteln aufnehmen sollte. Ich zögerte. Am liebsten würde ich von heute auf morgen Veganer werden. Doch mir war bewusst, dass es viel schwieriger war als von einem Tag auf den anderen Vegetarier zu werden. Aber in Gedanken war ich fest entschlossen, dass eine zukünftige Gesellschaft ohne Massenausbeutung anderer Spezies leben sollte. Wenn ich so eine Gesellschaft möchte, dann muss ich diesen Lebensstil natürlich auch selbst vorleben, indem ich keine tierischen Produkte von gefangen gehaltenen Tieren konsumierte.

Nach einigen Motivationsvideos und überzeugenden Argumenten für den Veganismus von Niko Rittenau, beschloss ich ab heute, wann immer es in der Mensa ein veganes Gericht gab, es immer zu bevorzugen. Aber auch wenn ich in einem Restaurant essen oder etwas bestellen würde, dann immer, wenn möglich, veganes Essen zu wählen. Das wäre schon mal mein nächster Schritt in Richtung einer veganen Ernährung.

Am Abend wurde endlich mein Bürostuhl von einem Mann abgeholt, der genauso aussah wie der Vater von Jule - vor allem mit der gleichen runden Brille. Und er war auch genauso supernett wie ihr Vater.

Kurz vor dem Schlafengehen lag ich unter den Blättern der Monstera auf meinem Bett, die darüber hinausragten. Gedanken wirbelten in meinem Kopf: »Mein Zimmer sah mit den Pflanzen viel schöner aus, und es wäre schade, sie loszuwerden. »Doch... als ich in Borsum wohnte, hatte ich in meinem Zimmer weder eine Monstera noch andere Zimmerpflanzen, und ich habe sie nicht vermisst.« Erst nach meinem Umzug entstand das Bedürfnis nach Pflanzen im Zimmer. Dieses Bedürfnis entstand erst, nachdem ich die Pflanzen besaß. Ich überlegte weiter: »Vielleicht würde das Bedürfnis wieder verschwinden, wenn ich die Zimmerpflanzen wieder abgebe. Vielleicht würde ich sogar öfter in die Natur gehen, wenn ich die Pflanzen loswerde. Und das Gießen oder das Abstauben der Monstera-Blätter wäre dann auch nicht mehr nötig.«

All diese Gedanken führten mich dazu, meinen Kaktus auf dem Tisch und die Monstera am Bett - also alle meine Zimmerpflanzen - zu verkaufen.

Über meinem Bett hingen Pflanzengirlanden und an den Wänden waren zwei Bilder von Pflanzen befestigt. Nachdem ich sorgfältig darüber nachgedacht und mich von anderen Minimalisten inspirieren ließ, beschloss ich, sie zurück nach Borsum zu bringen. Nun hatte ich auch keine Dekoration mehr.


Lebensupgrades:
  1. Ich trinke keinen Kaffee mehr zu Hause. So konsumiere ich ihn seltener, was sicherlich meinem Schlaf guttut und genieße ihn mehr, wenn ich ihn in einem Café oder bei meiner Familie trinke. Zudem vermeide ich dadurch Verpackungsmüll.
  2. Ich besitze keine zusätzliche Zimmerbeleuchtung, außer der im Zimmer angebrachten Deckenlampe. Das reduziert den Kabelsalat und Staubsammler und spart Energie. Weniger Beleuchtungsmittel bedeutet auch weniger schwer zu entsorgenden Müll.
  3. Ich habe meinen Bürostuhl durch einen viel kompakteren Stuhl ersetzt, der nur die Hälfte wiegt und nur halb so groß ist.
  4. Ich lade mein Smartphone nicht mehr an der Steckdose auf, sondern direkt am Laptop. Dadurch benötige ich kein separates Ladenetzteil für das Smartphone mehr.
  5. Ich besitze keine Seifenschalen mehr. Stattdessen verwende ich einen Kronkorken, den ich in die Seife an der Unterseite hineindrücke. So bleibt die Unterseite stets fest und kann trocken.
  6. Ich habe meine Plastikzahnseide durch eine nachhaltigere Zahnseide ersetzt und meine Plastikzahnbürste durch eine Bambus-Zahnbürste ausgetauscht, Sowohl meine neue Zahnseide als auch die Zahnbürste lassen sich samt der Verpackung komplett im Biomüll entsorgen. Durch die Vermeidung der Plastikborsten, nehme ich weniger Plastikpartikel auf.
  7. Ich benutze keinen Gefrierschrank, um mir den Weg in ein plastikfreies Leben zu erleichtern, denn ohne Gefrierschrank komme ich nicht in Versuchung, gefrorene, in Plastik verpackte Produkte zu kaufen. Ganz nebenbei spare ich Energie und muss mich nicht mehr darum kümmern, ihn regelmäßig abzutauen.
  8. Wenn ich auswärts esse, sei es im Restaurant oder in der Mensa, bevorzuge ich stets ein veganes Gericht. Diese Lebensweise steht mehr im Einklang mit meiner gewaltfreien Utopie-Gesellschaft.
  9. Ich besitze keine Zimmerpflanzen. Da ich aber die Natur liebe, werde ich ohne Pflanzenbesitz dazu gezwungen, öfter nach draußen zu gehen. Durch das Weglassen aller Zimmerpflanzen muss ich sie nicht mehr gießen und vom Staub befreien.
  10. Ich besitze keine Dekoration. Warum? Viele Dekorationsartikel werden aus nicht-nachhaltigen Materialien hergestellt (meine Girlanden waren aus Plastik). Dekoration ist oft sehr subjektiv. Was mir heute gefällt, kann in einem Jahr schon nicht mehr ansprechend sein. Folglich muss die Dekoration entsorgt werden. Es entsteht unnötiger Müll. Außerdem sammelt Dekoration Staub an, der stets weggewischt werden muss.