Direkt zum Inhalt
Alexander Fufaev

Bohr-Atommodell: Atomstruktur aus der Sicht der Quantenphysik

Übungen mit Lösungen

Nutze diese Formelsammlung, wenn du Probleme mit Physikaufgaben hast.

Aufgabe #1: Klassische Kreisfrequenz des Elektrons im H-Atom

Bestimme die klassische Kreisfrequenz \( \omega_n \) eines Elektrons - in Abhängigkeit vom Abstand zum Atomkern des Wasserstoffatoms, in dem Du die Quantenzahl \( n \) und die Quantisierung des Drehimpulses mit einbeziehst.

Tipp: Benutze das Coulomb-Gesetz, sowie die Zentripetalkraft für Deine Überlegungen. Mache Dir klar, wie Kreisfrequenz definiert ist. Bestimmte dann mit der Formel für quantisierten Drehimpuls den quantisierten Radius \( r_n \), mit der das Elektron (im Zustand mit der Quantenzahl \( n \)) den Kern umkreist.

Lösung zur Aufgabe #1

Um die Umkreisfrequenz \( \omega_n \) eines klassischen Elektrons im H-Atom zu bestimmen, musst Du zuerst herausfinden, welche Bedingung das kreisende Elektron erfüllt. Im Bohrschen Atommodell bleibt es immer auf bestimmten Abstand \( r_n \) zum Atomkern des Wasserstoffatoms - in Abhängigkeit vom \( n \)-ten Energieniveau.

Damit der gleiche Abstand eingehalten wird, muss die Zentripetalkraft \( F_{\text Z} \) der anziehenden Kraft \( F_{\text c} \) zwischen dem negativen Elektron und dem positiven Atomkern entsprechen - welche durch das Coulomb-Gesetz gegeben ist. Setze also die elektrische Coulomb-Kraft und die Zentripetalkraft gleich: 1 \[ \frac{Q_1 \, Q_2}{4\pi \, \varepsilon_0 \, r_{n}^2} ~=~ \frac{m \, v_{n}^2}{r_n} \]

Im Wasserstoffatom befindet sich im Atomkern ein positiv geladenes Proton mit der Ladung \( Q_1 ~=~ +e \), welches von einem einzigen negativ geladenen Elektron mit der Ladung \( Q_2 ~=~ -e \) umkreist wird. Dabei entspricht \( e \) der Elementarladung mit dem Wert: \( e ~=~ 1.602 \cdot 10^{-19} \, \text{C} \). Wir betrachten im Folgenden nur die Beträge, d.h. \( Q_1 = Q_2 = e \).

Die Masse \( m \) in der Gleichung 1 ist die Masse des kreisenden Teilchens, also Masse des Elektrons \( m := m_{\text e} \). Und \( \varepsilon_0 \) ist die elektrische Feldkonstante, die Du auch in dieser Formelsammlung der Physik findest.

Setzt Du nun die beiden Ladungen und die Masse (aber nicht als Zahlen) in Gleichung 1 ein, dann hast Du: 2 \[ \frac{e^2}{4\pi \, \varepsilon_0 \, r_{n}^2} ~=~ \frac{m_e \, v_{n}^2}{r_n} \]

Jetzt musst Du noch irgendwie auf die Kreisfrequenz \( \omega_n \) kommen. Und zwar am besten so, dass Du sie nur mit physikalischen Größen ausdrückst, die bereits in der Gleichung 2 vorhanden sind. Dabei hängt die Kreisfrequenz mit der Umlaufzeit \( T_n \) folgendermaßen zusammen: \( \omega_n = 2 \pi \frac{1}{T_n} \). Du musst also zuerst die Umlaufzeit bestimmen.

Die Umlaufzeit \( T_n \) (auch Periodendauer genannt) ist - in Deinem Fall - Umfang des Kreises \( 2\pi \, r_n \) pro Geschwindigkeit \( v_n \). (Du weißt ja: Strecke pro Geschwindigkeit entspricht der benötigten Zeit). Zusammengefasst ist die Periodendauer also: 3 \[ T_n ~=~ \frac{2\pi \, r_n}{v_n} \]

Die Frequenz \( f_n \) ist definiert als \( \frac{1}{T_n} \). Du hast also folgenden Ausdruck für die Frequenz, wenn Du 3 benutzt: 4 \[ f_n ~=~ \frac{1}{T_n} ~=~ \frac{v_n}{2\pi \, r_n} \]

Die Kreisfrequenz ist definiert als \( \omega_n = 2 \pi \frac{1}{T_n} = 2\pi \, f_n \). Du musst also die Gleichung 4 für Frequenz auf beiden Seiten mit \( 2\pi \) multiplizieren, um auf die Kreisfrequenz zu kommen: 5 \[ \omega_n ~=~ \frac{v_n}{r_n} \]

Jetzt hast Du eine Kreisfrequenz-Gleichung, die nur Größen enthält, die in Gleichung 2 vorhanden sind; nämlich die Geschwindigkeit \( v_n \) und der Radius der Kreisbahn \( r_n \).

Nun kannst Du die Kreisfrequenz-Gleichung 5 nach der Geschwindigkeit umformen: 6 \[ v_n ~=~ \omega_n \, r_n \] und sie in die Gleichung 2 einsetzen. Dabei kürzt sich ein \( r_n \) im Bruch weg: 7 \[ \frac{e^2}{4\pi \, \varepsilon_0 \, r_{n}^2} ~=~ m_e \, \omega_{n}^2 \, r_n \]

Du suchst ja die Formel für Kreisfrequenz, also forme die Gleichung nach der Kreisfrequenz um: 8 \[ \omega_n ~=~ \sqrt{ \frac{e^2}{4\pi \, \varepsilon_0 \, m_e \, r_{n}^3} } \]

Der Radius \( r_n \) ist Dir leider nicht bekannt und die Quantenzahl \( n \) ist in der Gleichung auch noch nicht vorhanden, deshalb benutzt Du den quantisierten Drehimpuls: 9 \[ L_n ~=~ m_e \, v_n \, r_n ~=~ n \, \hbar \] Dadurch eliminierst Du den Radius und führst die Quantenzahl in Deine bisjetzige Gleichung 8 ein. Dabei ist \( \hbar \) das reduzierte Wirkungsquantum \( \hbar ~=~ \frac{h}{2\pi} \).

Forme die Drehimpuls-Gleichung 9 nach der Geschwindigkeit um: 10 \[ v_n ~=~ \frac{n \, \hbar}{m_e \, r_n} \] und setze sie in die Gleichung 2 ein: 11 \[ \frac{e^2}{4\pi \, \varepsilon_0 \, r_{n}^2} ~=~ \frac{n^2 \, \hbar^2}{r_{n}^3 \, m_e} \] dabei kürzt sich ein \( m_e \) weg.

Forme 11 nach dem Radius \( r_n \) um: 12 \[ r_n ~=~ \frac{4\pi \, \varepsilon_0 \, n^2 \, \hbar^2}{e^2 \, m_e} \]

Das ist übrigens der Bohrsche Radius. Diesen setzt Du in die Gleichung 8 für Kreisfrequenz ein: 13 \[ \omega_n ~=~ \sqrt{ \frac{e^8 \, m_{e}^3 }{4\pi \, \varepsilon_0 \, n^6 \, \hbar^6 \, 4^3 \, \pi^3 \varepsilon_{0}^3 m_e} } \]

Kürze und ziehe die Wurzel. Dann hast Du Deine gesuchte Kreisfrequenz, die nur von Konstanten und der Quantenzahl \( n \) abhängt: 14 \[ \omega_n ~=~ \frac{e^4 \, m_{e} }{16\pi^2 \, \varepsilon_{0}^2 \, \hbar^3} \, \frac{1}{n^3} \]

Im energetischen Grundzustand \( n = 1 \) hat das Elektron folgende klassische Kreisfrequenz: 15 \[ \omega_1 ~=~ \frac{e^4 \, m_{e} }{16\pi^2 \, \varepsilon_{0}^2 \, \hbar^3} \]

Aufgabe #2: Myonisches Wasserstoffatom

Myonischer Wasserstoff besteht aus einem Proton im Kern und einem Myon statt einem Elektron. Ein Myon hat zwar die gleiche Ladung wie ein Elektron, allerdings ist es 207 mal schwerer.

  1. Berechne die Bindungsenergie des Myons in der untersten Schale.
  2. Berechne den Bohr-Radius ohne Berücksichtigung der Mitbewegung des Protons.
  3. Berechne den Bohr-Radius mit Berücksichtigung der Mitbewegung des Protons.

Tipps: Benutze die Formel für die Bindungsenergie, die sich aus kinetischer und potentieller Energie des Myons zusammensetzt. Diese kann leicht mithilfe der Bohr-Quantenbedingung: \( L = n \, \hbar \) hergeleitet werden.

»Mitbewegung des Protons« bedeutet - das Proton wird nicht ortsfest angenommen, finde dafür die Formel für reduzierte Masse.

Lösung zur Aufgabe #2.1

Im H-Atom umkreist das Myon der Ladung \(-e\) das Proton mit der Ladung \(e\). Die Bindungsenergie des Myons ist die Summe seiner kinetischen und potentiellen Energie im H-Atom: 1 \[ E ~=~ \frac{1}{2} \, m_{\mu} \, v^2 ~-~ \frac{1}{4\pi \, \varepsilon_0} \, \frac{e^2}{r} \]

Damit das Myon sich stabil auf einer Kreisbahn bewegt, muss die Zentripetalkraft und die Coulomb-Kraft im Gleichgewicht sein: 2 \[ \frac{m_{\mu} \, v^2}{r} ~=~ \frac{1}{4\pi \, \varepsilon_0} \, \frac{e^2}{r^2} \]

Mit der Bohr-Quantenbedingung, die besagt, dass der Drehimpuls nur als Vielfaches \(n\) von \(\hbar\) existiert: \( L = m_{\mu} \, v \, r = n \, \hbar \), kann die Geschwindigkeit \(v\) in 2 mit der Bohr-Quantenbedingung eliminiert werden. Die Umstellung nach dem Radius \(r:=r_n\) ergibt den sogenannten Bohr-Radius für verschiedene Quantenzustände \(n\) des Myons: 3 \[ r_n ~=~ \frac{4\pi \, \varepsilon_0 \, \hbar^2}{e^2 \, m_{\mu}} \, n^2 \]

Zuerst wird die Geschwindigkeit in 1 mit der Bohr-Quantenbedingung ersetzt. Dann wird der Bohr-Radius 3 in 1 eingesetzt. Mit \( \hbar = h /2\pi \) ergibt sich dann die quantisierte Energie des Myons im H-Atom: 4 \[ E_n ~=~ \frac{m_{\mu} \, e^4}{8 \varepsilon_{0}^2 \, h^2} \, \frac{1}{n^2} \]

Setze die Masse des Myons \(m_{\mu} = 207 m_{\text{e}}\) ein: 5 \[ E_n ~=~ - \frac{207 m_{\text{e}} \, e^4}{8 \varepsilon_{0}^2 \, h^2} \, \frac{1}{n^2} \]

Da die Aufgabenstellung die Bindungsenergie auf der untersten Schale verlangt, ist \( n ~=~ 1 \):

6 \[ E_1 ~=~ - \frac{207 m_{\text e} \, e^4}{8 \varepsilon_{0}^2 \, h^2} \]

Einsetzen der Konstanten ergibt: 7 \[ E_n ~=~ - \frac{207 ~\cdot~ 9.109 \cdot 10^{-31} \, \text{kg} ~\cdot~ (1.602 \cdot 10^{-19} \, \text{C})^4}{8 \cdot (8.854 \cdot 10^{-12}\frac{\text{As}}{\text{Vm}})^2 ~\cdot~ (6.626 \cdot 10^{-34} \, \text{Js})^2} = -0.45 \, \text{fJ} \]

Lösung zur Aufgabe #2.2

Ohne Berücksichtigung der Mitbewegung des Protons bedeutet, das Proton ist in Ruhe und wird von dem Myon auf einer festen Bahn umkreist. Die Bedingung für eine feste Bahn des Myons ist gegeben durch das Gleichgewicht zwischen Zentripetalkraft und Coulomb-Kraft: 8 \[ \frac{m_{\mu} \, v^2}{r} ~=~ \frac{1}{4 \pi \varepsilon_0} \, \frac{e^2}{r^2} \]

Außerdem brauchst Du die Bedingung, dass die Radien \( r_n \) gequantelt sind: 9 \[ 2\pi r_n ~=~ n \, \lambda \]

Und zuletzt noch die de-Broglie-Beziehung: 10 \[ \lambda ~=~ \frac{h}{p} ~=~ \frac{h}{m_{\mu} \, v} \]

Diese stellst Du nach der Geschwindigkeit \( v \) um: 11 \[ v ~=~ \frac{h}{m_{\mu} \, \lambda} \]

Stelle nun 9 nach der Wellenlänge um und setze sie in 11 ein: 12 \[ v ~=~ \frac{n \, h}{ 2\pi \, r_n \, m_{\mu} } \]

Diese Geschwindigkeit in 12 kannst Du nun in 1 einsetzen: 13 \[ \frac{m_{\mu} \, n^2 \, h^2}{4\pi^2 \, r^3 \, m_{\mu}^2 } ~=~ \frac{1}{4 \pi \varepsilon_0} \, \frac{e^2}{r^2} \]

Forme nur noch 13 nach dem Radius um: 14 \[ r_n = \frac{h^2 \, \varepsilon_0 }{\pi \, e^2 \, m_{\mu} } \, n^2 \]

Lösung zur Aufgabe #2.3

Berücksichtigung der Mitbewegung des Protons bedeutet: Das Proton bewegt sich gemeinsam mit dem Myon um ihren gemeinsamen Schwerpunkt mit. Dazu wird für die Masse des Myons in 14 lediglich die reduzierte Masse eingesetzt. Diese beinhaltet sowohl die Masse des Myons als die Masse des Protons.