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Müll sammeln in Hildesheim. Eine barfuß Challenge. Gegenseitige Distanz?

28. September 2024.

Guten Morgen, lieber Mensch! Ich habe das Bett neu bezogen, und dabei ist mir der Gedanke gekommen, dass ich, nachdem ich in ein „normales Leben“ in der neuen Wohnung zurückgekehrt bin, langsam wieder in Richtung des extremen Minimalismus gehe, den ich in der letzten Wohngemeinschaft gelebt habe. Es fühlt sich an, als wäre es unnötig gewesen, all diese Dinge für die eigene Wohnung zu besorgen. Aber was ich jetzt mache, ist eine andere Art des Minimalismus. In der Wohngemeinschaft habe ich ja schließlich die Dinge der Mitbewohner mitbenutzt. Dadurch konnte ich extrem minimalistisch leben und fast nichts selbst besitzen. Jetzt habe ich keine Mitbewohner, deren Sachen ich nutzen kann. Deswegen kann mein derzeitiges minimalistisches Leben, das ich jetzt weiter optimiere (z.B. den Kühlschrank nicht zu nutzen), nicht so extrem werden wie damals. Und die Integration des Zero-Waste-Lebensstils in den minimalistischen Lebensstil findet ja bei mir gerade auch statt. 🧐

Mir ist dann auch noch eine kleine Optimierungsidee eingefallen: Der Seifenspender, für den ich die feste Seife flüssig kochen musste, wird praktisch gar nicht genutzt – höchstens, wenn Julia oder Mama bei mir zu Besuch sind (ich persönlich wasche wegen der Stärkung des Immunsystems und Mikrobioms nicht die Hände mit Seife, sondern höchstens nur mit Wasser). Deswegen erspare ich mir das Zubereiten der Flüssigseife und benutze einfach die feste Seife. Feste Seife statt flüssige Seife nutzen

Es ist 9:16 Uhr, 10° Außentemperatur, und ich bin gerade barfuß auf dem Weg zum Kehrwiederturm, der etwa eine halbe Stunde Fußweg von meinem Zuhause entfernt ist. Dort ist der Treffpunkt der AG „Zusammenleben in der Stadt“ zum Müllsammeln.

Heute gibt es einen entscheidenden Unterschied zu den bisherigen Tagen, an denen ich barfuß unterwegs war: Der Boden ist kalt, und ich werde sehr lange – auf jeden Fall über 2 Stunden – draußen sein. Ich bin gespannt, wie lange meine Füße diese Temperaturen aushalten. An vorherigen Tagen bin ich bei ähnlichen Temperaturen nach dem Spaziergang direkt ins Café gegangen, um die Füße zu wärmen. Diesmal wird es aber anders sein, und ich freue mich darauf, das Experiment auszuprobieren.

Ich habe noch bei Tchibo eine heiße Schokolade getrunken und bin dann entspannt zum Treffpunkt geschlendert.

Eine ältere Frau kam an mir vorbei und kommentierte: „Oh, barfuß?“

“Ja, das ist gesund, solange die Zehen nicht abfrieren.“, antworte ich.

„Oh, das ist ja super“, sagte sie fröhlich und sehr enthusiastisch.

Keine Ahnung, wie ich darauf gekommen bin, dass der Treffpunkt am Kehrwiederturm ist, aber das war gar nicht der Fall. Der eigentliche Treffpunkt war an der Bromberger Straße an der Wendeschleife, etwa 2 km entfernt. Also bin ich dorthin gelaufen und kam mit 20-minütiger Verspätung an.

Auf dem Weg an der Bromberger Straße meinte ein kleines Kind zu seiner Oma: „Guck mal, da ist jemand barfuß.“ Die Oma antwortete: „Oh, stimmt.“

Als ich 10 Minuten zu spät an der Wendeschleife ankam, war niemand da. Ich bin ein Stück in den Wald gegangen und habe dort eine Familie gesehen, die etwas gesammelt hat – allerdings nur Kastanien. Sie hatten eine kleine Gruppe zuvor gesehen. Galgenberg Wald Hildesheim

Ein anderer Mann mit Kinderwagen hat mir gesagt, dass er ein paar Leute an der Tonkuhle in einem Busch sah. Schon bald habe ich ein ältere Frau angetroffen, die mit ihren Freunden, die extra zum Müllsammeln angereist sind, mitgebracht hat. Ich habe mich denen angeschlossen. Zwei junge Leute haben uns eingeholt. Wir haben dann weiter Müll gesammelt, und irgendwie hat es sich ergeben, dass ich mit den beiden jüngsten in der Gruppe unterwegs war. Von den beiden beiden habe ich erfahren, dass sie die Müllsammler Aktion von nebenan.de kennen. Diese Webseite kenne ich nicht und schau sie mir später genauer an. Müll sammeln in Hildesheim

Zusammen haben wir die dornigen Büsche und Waldstücke nach Müll durchsucht und dabei eine ganze Menge gefunden. Tonkuhle Wald Hildesheim

Das Highlight war ein älterer Mann, der nackt Yoga machte. Aus der Ferne habe ich ihn zuerst für einen riesigen Krebs gehalten, weil er gerade eine Brücke machte. Es war ein ziemlich surrealer Moment, als mir klar wurde, dass es kein riesiger Krebs, sondern ein Mensch war! 😄

Am Ende hatten wir zu dritt einen Sack voll Müll, der locker mindestens zehn Kilo gewogen hat. Der Sack war voller Glasflaschen, großen Plastiktüten, die bereits in die Erde eingewachsen waren, Kronkorken und sogar eine alte Senfpackung und ein Balea-Deo. Müll gesammelt an der Tonkuhle

Dann kam noch ein älterer Mann dazu, der eine riesige Tüte über der Schulter trug, als wäre er der Weihnachtsmann. So standen wir zu acht da und haben noch über das Müllsammeln und andere Dinge geredet. Es gab Kaffee und Kuchen. Kaffee und Kuchen nach der Müll-Sammelaktion

Es war wirklich eine tolle Aktion, und ich bin froh, dass ich dabei war. Ich habe neue Menschen kennengelernt und das Gebiet um die Tonkuhle sehr intensiv erkundet.

Ich wurde in den E-Mail-Verteiler aufgenommen und werde daher schnell erfahren, wann die nächste Müllsammelaktion stattfindet. Ich habe der Veranstalterin auch vorgeschlagen, dass wir mal den Marienfriedhof reinigen sollten, da er sehr zugemüllt ist.

Nachdem ich mich verabschiedet habe, habe ich versucht Julia anzurufen, weil wir eigentlich spazieren gehen wollten, aber sie ging nicht ran. Da sie sich nicht meldete, bin ich barfuß in die Innenstadt gefahren. Ja, immer noch barfuß. Ich hatte zwar sicherheitshalber Schuhe im Rucksack dabei, aber nach dem Müllsammeln waren meine Füße so warm, dass ich sie gar nicht brauchte. Die anderen Teilnehmer hatten Bedenken, ob ich auf Glasscherben treten könnte (typische Sorge von Nicht-Barfußläufern 😉). Aber das Glas ist nicht das Problem – damit hatte ich nie Schwierigkeiten. Viel nerviger waren die Dornen in den Waldstücken, durch die ich mich gekämpft habe, um Müll in den zugewachsenen Büschen zu sammeln. Aber auch sie waren kein Grund für mich, die Schuhe anzuziehen.

Als ich an der Bushaltestelle auf den Bus gewartet habe, kam Kurt, der Mann, der alleine Müll gesammelt hatte, zufällig vorbei. Er hatte einen Haufen Müll in der Hand gehabt als er die Haltestelle erreichte.

„Sammelst du immer unterwegs Müll?“ fragte ich ihn.

„Ja, das ist eine alte Gewohnheit von mir“, antwortete er und warf den Müll in den Mülleimer.

In dem Moment dachte ich, wow, so eine Gewohnheit will ich auch haben. Wir kamen in ein kurzes Gespräch, und als er mich fragte, was ich so mache, erzählte ich ihm, dass ich Physik studiert habe und momentan auf Jobsuche bin. Daraufhin gab er mir seine Visitenkarte und einen Flyer zu einer Bildungsplattform namens Planet N.

Auf dem Weg zum Neustädter Markt, habe ich mit Julia telefoniert. Sie wollte, dass ich vorbeikomme. Da kam mir eine junge Frau auf dem Fahrrad entgegen, die mit einem Mann unterwegs war. Plötzlich schrie sie „du Wichser“ als sie an mir vorbeifuhr. Das ist die gleiche Frau gewesen, die auf der Abschlussparty von Transeuropa war. Die Veranstalter von transeuropa haben mir übrigens nicht auf die Email zurück geantwortet, in der ich sie gebeten habe Stellung zum ungerechten Ausschluss zu beziehen. Da sieht man, dass sie irgendwie in ihrer eigenen linken Blase leben und unzuverlässig sind. Ich werde das Transeuropa-Festival auf keinen Fall nochmal unterstützen, solange die Veranstalter dieselben Leute bleiben. (ich merke gerade wie die Wut beim Schreiben des Tagebuchs in mir hoch steigt).

Zurück zum Mädel auf dem Fahrrad: Ich glaube, das ist einfach ihre linksradikale Art ihre Liebe mir gegenüber auszudrücken. Es war auf jeden Fall witzig, wie sie komplett in Rosa gekleidet, ganz lässig auf dem Fahrrad fuhr und diesen Spruch losließ. Julia und ich haben darüber gelacht.

Auf dem Markt habe ich dann Kurt getroffen, der mir vorhin den Flyer gegeben hatte. Er stellte mir einen anderen Physiker vor, der ebenfalls auf dem Markt hilft. Kurt hat mich am Bio-Stand vorgestellt, und ich habe mit dem Standbetreiber, Manu, die Nummern ausgetauscht. Manu meinte, ich könnte hier ein bisschen Geld verdienen, indem ich beim Abbauen des Standes helfe. Ich muss mir das noch überlegen, denn das ist eine ganz neue Welt für mich. Ich bin ja noch nicht mal richtig drin als Wochenmarkteinkäufer, und jetzt soll ich selbst hinter dem Stand stehen und verkaufen. 😄

Ich habe dort auch direkt Radieschen und drei Zwiebeln gekauft, unverpackt und in Bio-Qualität. Danach bin ich mit dem Bus zu Julia gefahren. Was dort passiert ist, bleibt ein Geheimnis. 🤫

Auf dem Weg zurück von Julia: An der Bushaltestelle habe ich es gerade noch geschafft, den letzten Bus in die Innenstadt zu nehmen. Zwei arabisch aussehende Jungs auf E-Rollern haben mich wegen des Barfußlaufens ausgefragt. Einer von ihnen hat sich vorgenommen, am Montag barfuß einkaufen zu gehen. Ich habe seinem Kumpel gesagt, er solle dabei sein und schauen, ob sein Freund das Wort hält.

Ich saß danach noch in meinem Café, den Kopf auf die Faust gestützt, und dachte über das nach, was bei Julia passiert war. Ich roch noch an meinen Fingern und nahm den Duft ihrer Vagina wahr. Ich war etwas erstaunt über ihren Vorschlag, dass wir eine andere Frau kennenlernen sollten, die mit mir Sex hat und Julia dann nur da ist, um mit mir zu kuscheln. Das klingt irgendwie aufregend, aber surreal zu gleich. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sie in der Lage ist, meine geheimsten Träume zu lesen, die ich nicht mal in meinem nicht-öffentlichen Tagebuch niederzuschreiben vermag.

Zurück zu der enttäuschenden Situation. Mein inneres Kind denkt: Wenn du dich nicht so kuschelig verhältst, wie Julia es will, bekommst du keine Umarmung beim Abschied. Es hat sich unangenehm angefühlt, ohne Umarmung wieder wegzugehen. Als hätte ich etwas Falsches gemacht. Ich hoffe sehr, dass zwischen mir und Julia kein ständiges Auf und Ab passiert, wie das typisch für eine toxische Beziehung ist. Da bin ich dann aber raus, wenn ich das feststelle und die Situation trotz Gespräche sich nicht verändert. 😟

Meine Blutwerte sind endlich per Email angekommen. Ich freu mich schon richtig drauf, sie zu analysieren. 🤩 Aber erst morgen. Heute habe ich keinen Kopf dafür. Meine Fußsohlen fühlen sich an, als wär ich durch Brennnessel gelaufen. Schlaf gut!