Alexander Fufaev
Ich heiße Alexander FufaeV und hier schreibe ich über:

Lorentz-Transformation: Drehung & Lorentz-Boost

Lorentz-Transformation als Drehung

Eine Drehung in der Raumzeit bedeutet, dass nur der Ortsvektor \(\boldsymbol{r} = (x,y,z)\) im dreidimensionalen Raum gedreht wird, ohne die Zeit \(t\) bei der Transformation zu verändern. Diese Art der Lorentz-Transformation ist auf Inertialsysteme anwendbar, die relativ zueinander in Ruhe sind, das heißt ihre Relativgeschwindigkeit ist Null.

Die Lorentz-Transformation (Matrix \(\Lambda \)) ist von der Form:

1
Drehung in der 4d-Raumzeit
\Lambda ~=~ \begin{bmatrix}1 & 0 \\ 0 & \mathcal{R}_{\varphi} \end{bmatrix}
0

Hierbei ist \(\mathcal{R}_{\varphi}\) die Rotationsmatrix, die die Ortskoordinate \(\boldsymbol{r}\) um den Winkel \(\varphi\) dreht.

Beispiel: Drehung in der dreidimensionalen Raumzeit

So sieht eine zweidimensionale Rotationsmatrix \(\mathcal{R}_{\varphi}\) aus:

0
Drehmatrix im zweidimensionalen Raum
\mathcal{R}_{\varphi} ~=~ \begin{bmatrix}\cos(\varphi) & -\sin(\varphi) \\ \sin(\varphi) & \cos(\varphi) \end{bmatrix}
0

Die Lorentz-Matrix ist damit eine 3x3-Matrix und sieht folgendermaßen aus:

0
Lorentzmatrix in der dreidimensionalen Raumzeit
\mathcal{R}_{\varphi} ~=~ \begin{bmatrix} 1 & 0 & 0 \\ 0 & \cos(\varphi) & -\sin(\varphi) \\ 0 & \sin(\varphi) & \cos(\varphi) \end{bmatrix}
0
Beispiel: Drehung in der vierdimensionalen Raumzeit

So sieht eine dreidimensionale Rotationsmatrix \(\mathcal{R}_{\varphi}\) aus, die den Ortsvektor \(\boldsymbol{r}\) um die \(x\)-Achse dreht:

0
3d-Rotationsmatrix
\mathcal{R}_{\varphi} ~=~ \begin{bmatrix} 1 & 0 & 0 \\ 0 & \cos(\varphi) & -\sin(\varphi) \\ 0 & \sin(\varphi) & \cos(\varphi) \end{bmatrix}
0

Die Lorentz-Matrix ist damit eine 4x4-Matrix und beschreibt eine Drehung in der vierdimensionalen Raumzeit:

0
Lorentz-Drehmatrix in der 4d-Raumzeit
\mathcal{R}_{\varphi} ~=~ \begin{bmatrix} 1 & 0 & 0 & 0\\ 0 & 1 & 0 & 0 \\ 0 & 0 & \cos(\varphi) & -\sin(\varphi) \\ 0 & 0 & \sin(\varphi) & \cos(\varphi) \end{bmatrix}
0

Lorentz-Transformation als Lorentz-Boost

Lorentz-Boost ist eine Lorentz-Transformation, die die Raumzeitkoordinaten eines Systems transformiert, ohne eine Drehung auszuführen.

Schauen wir uns einen Lorentz-Boost in \(x\)-Richtung an. Dazu nehmen wir zwei Inertialsysteme \(S\) und \(S'\), deren Achsen parallel zueinander liegen (das heißt: die Koordinatensysteme sind nicht gedreht relativ zueinander). \(x\) und \(x'\)-Achsen sind parallel, \(y\) und \(y'\)-Achsen sind parallel, genauso wie \(z\) und \(z'\)-Achsen.

Das Inertialsystem \(S'\) bewegt sich mit einer konstanten Relativgeschwindigkeit \(\boldsymbol{v} = v_{\text x} \, \hat{\boldsymbol{e}}_{\text x} \) in \(x\)-Richtung am Inertialsystem \(S\) vorbei und zwar so, dass zum Zeitpunkt \(t = t' = 0\) die beiden Koordinatensysteme übereinanderliegen.

Aus der Sicht des \(S\)-Systems bewegt sich \(S'\)-System mit einer konstanten Geschwindigkeit in die positive \(x\)-Richtung.

Da sich \(S'\) nur in \(x\)-Richtung bewegt, bleiben alle die zur Bewegungsrichtung senkrechten Abstände \(\text{d}y = \text{d}y'\) und \(\text{d}z = \text{d}z'\) unverändert. Das heißt: In beiden Inertialsystemen ist der \(y\)- und \(z\)-Abstand zweier Punkte gleich. Foglich sind \(\text{d}y'\) und \(\text{d}z'\) unabhängig vom zeitlichen Abstand \(\text{d}t\) und Abstand \(\text{d}x\):

0
Gleichung für infinitesimalen Abstand dy
\text{d}y' ~=~ 0\,(c\,\text{d}t) ~+~ 0\,\text{d}x ~+~ 1\, \text{d}y ~+~ 0 \, \text{d}z
0
0
Gleichung für infinitesimalen Abstand dz
\text{d}z' ~=~ 0\,(c\,\text{d}t) ~+~ 0\,\text{d}x ~+~ 0\, \text{d}y ~+~ 1\, \text{d}z
0

Die Gleichungen 5 und 6 können wir in die Matrixschreibweise übersetzen:

0
Raumzeitkoordinaten zweier Systeme miteinander verknüpft 1
\begin{bmatrix}c\,\text{d}t' \\ \text{d}x' \\ \text{d}y' \\ \text{d}z' \end{bmatrix} ~=~ \begin{bmatrix} \star & \star & \star & \star \\ \star & \star & \star & \star \\ 0 & 0 & 1 & 0 \\ 0 & 0 & 0 & 1 \end{bmatrix} \begin{bmatrix}c\,\text{d}t \\ \text{d}x \\ \text{d}y \\ \text{d}z \end{bmatrix}
0

Die Zeitkomponente \(c\,\text{d}t'\) und die Ortskomponente \(\text{d}x'\) haben auch keine Abhängigkeit von den Abständen \(\text{d}y\) und \(\text{d}z\) senkrecht zur Bewegungsrichtung. Sie können aber voneinander abhängen:

0
Gleichung für eine infinitesimale Zeitkomponente
c\, \text{d}t' ~=~ A\,(c\,\text{d}t) ~+~ B\,\text{d}x ~+~ 0\, \text{d}y ~+~ 0 \, \text{d}z
0
0
Gleichung für ein infinitesimales dx-Element
\text{d}x' ~=~ D\,(c\,\text{d}t) ~+~ E\,\text{d}x ~+~ 0\, \text{d}y ~+~ 0\, \text{d}z
0

Damit vervollständigen wir unsere Lorentz-Matrix in Gl. 7:

0
Vierervektor des einen Systems ist Lorentz-Matrix angewendet auf Vierervektor eines anderen Systems
\begin{bmatrix}c\,\text{d}t' \\ \text{d}x' \\ \text{d}y' \\ \text{d}z' \end{bmatrix} ~=~ \begin{bmatrix} A & B & 0 & 0 \\ D & E & 0 & 0 \\ 0 & 0 & 1 & 0 \\ 0 & 0 & 0 & 1 \end{bmatrix} \begin{bmatrix}c\,\text{d}t \\ \text{d}x \\ \text{d}y \\ \text{d}z \end{bmatrix}
0

Die Koeffizienten \(A\), \(B\), \(D\) und \(E\), die uns verraten wie sich die Zeit- und Ortskoordinaten transformieren, müssen noch herausgefunden werden. Dazu nutzen wir die Invarianz des Linienelements 2 aus. Das Linienelement \(\text{d}s'^2 ~=~ -c^2\,\text{d}t'^2 + \text{d}x'^2 +\text{d}y'^2 + \text{d}z'^2\) im Inertialsystem \(S'\), ausgedrückt mit Abständen des Systems \(S\), sieht folgendermaßen aus:

0
Linienelement mit unbekannten Koeffizienten
\text{d}s'^2 ~=~ -(A\,c\,\text{d}t + B\text{d}x)^2 + (D\,c\,\text{d}t + E\, \text{d}x)^2 + \text{d}y^2 + \text{d}z^2
0

Stellen wir Gl. 11 in eine passendere Form um:

0
Linienelement mit unbekannten Koeffizienten umgeformt
\text{d}s'^2 ~=~ -(A^2 - D^2) \, c^2 \, \text{d}t^2 ~+~ (E^2 - B^2) \, \text{d}x^2 ~+~ (2DE - 2AB)\,c\,\text{d}t\,\text{d}x ~+~ \text{d}y^2 ~+~ \text{d}z^2
0

Gleichung 12 muss nach der Invarianz des Linienelements, gleich dem Linienelement \(\text{d}s^2 ~=~ -c^2\,\text{d}t^2 + \text{d}x^2 +\text{d}y^2 + \text{d}z^2\) sein. Gleichsetzen und Vergleichen ihrer Koeffizienten ergibt folgendes lineares Gleichungssystem mit vier Unbekannten:

0
Gleichungssystem mit vier unbekannten Koeffizienten der Lorentz-Matrix
-(A^2 ~-~ D^2) ~&=~ -1 \\\\
E^2 ~-~ B^2 ~&=~ 1 \\\\
2DE ~-~ 2AB ~&=~ 0
0

Durch das Lösen dieses Gleichungssystems findest du heraus, dass \(D = B \) und \(E = A\) ist. Aus der ersten Gleichung des LGS folgt:

0
A ist gleich Wurzel aus 1 Plus B zum Quadrat
A ~=~ \sqrt{1 + B^2}
0

Setzen wir \(A := \gamma \) (übliche Notation) und drücken \(B\) mit \(\gamma \) aus: \(B := -\beta \, \gamma \):

0
Gamma-Faktor umgestellt
\gamma ~=~ \sqrt{1 + \beta^2\,\gamma^2}
0

Hierbei ist \(\beta\) eine noch zu bestimmende Konstante. Umstellen nach \(\gamma\) ergibt:

0
Formel für Gamma-Faktor mit Beta
\gamma ~=~ \frac{1}{ \sqrt{1 - \beta^2} }
0

Die Konstante \(\beta\) darf natürlich nicht beliebig sein, denn physikalisch gesehen muss es dimensionslos sein, damit die Einheit stimmt. Außerdem muss für den nicht-relativistischen Fall (d.h. \(v \ll c\)) die Konstante \(\beta \) gegen Null gehen. Beide Bedingungen sind durch \( \beta = \frac{v}{c}\) erfüllt:

Lorentz-Faktor explodiert, wenn die Relativgeschwindigkeit gegen die Lichtgeschwindigkeit geht.
1
Lorentz-Faktor
\gamma ~=~ \frac{1}{ \sqrt{1 - \frac{v^2}{c^2}} }
0

Die Matrix in Gl. 10 für den Lorentz-Boost in \(x\)-Richtung ist damit gegeben durch:

1
Lorentz-Boost in x-Richtung
\Lambda_{\text x} ~=~ \begin{bmatrix} \gamma & -\beta\,\gamma & 0 & 0 \\ -\beta\,\gamma & \gamma & 0 & 0 \\ 0 & 0 & 1 & 0 \\ 0 & 0 & 0 & 1 \end{bmatrix}
0

Lorentz-Boosts in \(y\)- und \(z\)-Richtung lassen sich analog herleiten.

Die Lorentz-Drehungen und Lorentz-Boosts können natürlich kombiniert werden, indem die entsprechenden Matrizen auf die Raumzeitkoordinaten (dargestellt als Vierervektor) eines Systems hintereinander angewendet werden.

Was bedeutet Lorentz-Invarianz?

Eine physikalische, skalare oder vektorielle Größe ist genau dann lorentzinvariant, wenn sie sich unter der Lorentztransformation \( \Lambda \) nicht ändert. Das bedeutet konkret: Die physikalische Größe hat immer den gleichen Wert - unabhängig davon, aus welchem Inertialsystem heraus sie beschrieben wird.

Beispiele für lorentzinvariante Größen: Lichtgeschwindigkeit, Ladung und Ruhemasse.