Alexander Fufaev
Ich heiße Alexander FufaeV und hier schreibe ich über:

Gitterdefekte in einem Kristall

Ein realer Kristall enthält Fehler. Diese lassen sich nach struktureller, dimensionaler und chemischer Fehlordnung gliedern.

Strukturelle Fehlordnung:

Kristalldefekte können beispielsweise auf folgende Weise entstehen:

  • Plastische Verformung

  • Beschuss des Kristalls mit energiereichen Teilchen

  • Schnelle Abkühlung des flüssigen Kristalls

  • Hohe Temperaturen

  • Intrinsische Gitterfehler: Fehler im thermodynamischen Gleichgewicht. Leerstellen, Zwischengitteratome und Substitutionsatome.

  • Extrinstische Gitterfehler: Fehler im nicht-thermodynamischen Gleichgewicht. Versetzungen, Korngrenzen, Ausscheidungspartikel

Dimensionale Fehlordnung:

  • Punktdefekte: Leerstellen, Zwischengitteratome

  • Liniendefekte: Stufen- und Schraubenversetzungen

  • Flächendefekte: Korngrenzen, Stapelfehler

Chemische Fehlordnung:

  • Substitutionelle Fremdatome: Kristallatom wird durch ein Fremdatom ersetzt.

  • Interstitielle Fremdatome: Fremdatom wird auf einem Zwischengitterplatz eingebaut.

Schauen wir uns die Klassifizierung »dimensionale Fehlordnung« genauer an. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen nulldimensionalen, eindimensionalen, zweidimensionalen und dreidimensionalen Gitterdefekten.

0D-Gitterfehler (Punktdefekte)

Ein Punktdefekt liegt in der Größenordnung eines Atoms und bezieht sich nur auf ein Gitterplatz.

Kristalldefekt - Leerstelle
Leerstelle - einer der Punkt-Kristalldefekte.

Leerstelle - ist ein fehlendes Atom auf einem Gitterplatz. Die Nachbaratome werden dabei diese Leerstelle besetzen können, sodass die Leerstelle im Kristall stets wandert. Außerdem zerstört sie die ideale periodische Struktur des Kristalls, was nicht immer ein Nachteil ist.

Stofftransport mit Leerstellen Aufgrund der Bewegung der Leerstellen im Kristall können Fremdatome ins Innere des Kristalls gebracht werden. Wie das geht? Fremdatome (z.B. Phosphor) werden an die Oberfläche des Substrats (z.B. Silizium) gebracht und nach einer Zeit - sobald sich einige Leerstellen der Oberfläche angenähert haben - können die Fremdatome die nahen Leerstellen besetzten.Wenn nun eine weitere Leerstelle nah genug rankommt, kann das Fremdatom in diese Leerstelle springen und auf diese Weise weiter ins Innere des Kristalls gelangen. So können die Eigenschaften des Kristalls (z.B. seine Leitfähigkeit) beeinflusst werden.

Dieses Diffusionsprinzip wird beispielsweise in der Halbleiterindustrie bei der Herstellung von MOS-Transistoren ausgenutzt, die Du heutzutage in jedem PC und Handy findest.

Um eine Leerstelle zu erzeugen, muss die Bindung des Atoms (welches eine Leerstelle hinterlassen soll) zu seinen Nachbaratomen überwunden werden. Das heißt: Um eine Leerstelle zu erzeugen, muss Energie \( W_{\text L} \) aufgewendet werden. Das geht beispielsweise mit extrinsischen Einflüssen, wie Erhitzen (Temperatur erhöhen), plastischer Deformation des Kristalls (d.h. die Form des Kristalls ist dauerhaft verändert) und mit Ionenbeschuss.

Natürlich sind die Leerstellen auch ohne äußere Einflüsse vorhanden (intrinsisch). Jeder reale Kristall besitzt Leerstellen. Ihre Anzahl \(N_{\text L}\) hängt von der Energie \( W_{\text L} \) und von der Temperatur \(T\) ab: 1 \[ N_{\text L} ~=~ N \, e^{ -\frac{W_{\text L}}{k_{\text B} \, T} } \] Hierbei ist \(N\) die Anzahl der Atome im Kristall. \(N\) muss viel größer sein als die Anzahl der Leerstellen, damit 1 gilt.

Kristalldefekt (0D) - Zwischengitteratom
Zwei Zwischengitteratome als Kristalldefekte. Eines ist von der gleichen Sorte (rot) wie die Basis, das andere ist ein Fremdatom (blau).

Zwischengitteratom - ein Atom, welches zwischen den Gitteratomen sitzt. Es kann entweder ein Atom von der gleichen Sorte sein, wie die Gitteratome selbst oder ein Fremdatom. Der erste Fall tritt ein, wenn eine Leerstelle erzeugt wird und das freigewordene Atom dann irgendwo im Kristall zwischen dem Gitter landet. Das Paar "Leerstelle + eigenes Zwischengitteratom" wird als Frenkel-Defekt bezeichnet.

Und, wenn bei einem AB-Kristall, wie z.B. NaCl oder GaAs, sowohl ein A-Atom als auch ein B-Atom fehlen, dann wird dieser Defekt als Schottky-Defekt bezeichnet. In diesem Fall haben die beiden Atomarten A und B, die die Leerstellen hinterlassen haben, keinen Zwischengitterplatz; also sammeln sie sich an der Kristalloberfläche an. Dementsprechend entstehen sie auch nur dort - während die von ihnen hinterlassene Leerstellen ungehindert ins Innere des Kristalls diffundieren können.

1D-Gitterfehler - Versetzungen

Es gibt grundsätzlich zwei Arten der Versetzung, die mit dem sogenannten Burgersvektor charakterisiert werden.

Stufenversetzung - bekommst Du durch Herausschneiden einer Halbebene aus dem Kristall oder durch Anfügen einer Halbebene in ein perfektes Kristallgitter. Die Nachbarebenen werden dann versuchen die entstandene Lücke auszufüllen, was zur plastischen Verformung des Kristalls führt. Im Inneren des Kristalls entstehen Zug- und Druckspannungen. Die größte Verzerrung des Kristalls gibt es genau am Ende der Halbebene, nämlich an der Versetzungslinie.

Bei einer Stufenversetzung steht der Burgersvektor senkrecht auf der Versetzungslinie.

Schraubenversetzung - entsteht durch die Drehung des Kristalls um die Versetzungslinie. Hier liegt der Burgersvektor parallel zur Versetzungslinie.