Alexander Fufaev
Ich heiße Alexander FufaeV und hier schreibe ich über:

Entropie auf mikroskopischer Ebene einfach erklärt

Die Entropie, abgekürzt mit dem Buchstaben \(S\), ist eine grundlegende physikalische Größe der Thermodynamik. Um diesen Begriff zu verstehen, betrachten wir ein abgeschlossenes System. Ein abgeschlossenes System ist ein isolierter Teil des Universums, der nicht mit seiner Umgebung wechselwirkt.

Betrachte das folgende einfache System: Teilsystem A und und Teilsystem B, in denen sich Teilchen O aufhalten können. Das System bestehend aus Teilsystemen A und B, enthält insgesamt vier Teilchen.

Ein System mit vier Teilchen besteht aus zwei Teilsystemen A und B.

Ein weiterer Begriff, der für das Verständnis der Entropie notwendig ist, ist der Mikrozustand eines Systems. Ein Mikrozustand des betrachteten Systems ist dadurch charakterisiert, wie die vier Teilchen auf die beiden Teilsysteme verteilt sind. Ein System hat meistens viele mögliche Mikrozustände. Bezeichnen wir deren Anzahl mit \(N\).

Beispiele für mögliche Mikrozustände

Im Teilsystem A befinden sich zwei Teilchen O, O. Im Teilsystem B befinden sich die anderen beiden Teilchen O, O. Das ist ein möglicher Mikrozustand des Systems. Ein anderer möglicher Mikrozustand ist, wenn in A alle Teilchen O, O, O, O zu finden sind und in B gar keine.

Mikrozustand, bei dem alle Teilchen im Teilsystem A sich befinden.
Was ist Entropie?

Die Entropie \(S\) ist ein Maß für die Anzahl \(N\) möglicher Zustände. Je mehr Zustände das System einnehmen kann, desto größer ist die Entropie!

Ein System mit minimaler Entropie

Konstruieren wir ein System, bei dem gar keine Teilchen im Teilsystem B sein können. Alle vier Teilchen müssen sich im Teilsystem A befinden:

Das System hat minimale Entropie.

Um nun eine Aussage über die Entropie dieses Systems machen zu können, muss die Anzahl möglicher Zustände betrachtet werden. Das System wurde aber so konstruiert, dass alle Teilchen NUR in A sein können. Es gibt also nur einen Zustand des Systems, nämlich den Zustand: "Alle Teilchen in A".

Dieses System hat einen einzigen Mikrozustand: \(N = 1 \).

Ein System mit nicht minimaler Entropie

Schauen wir uns ein anderes System an, bei dem es mehr als einen einzigen Mikrozustand gibt. Nehmen wir nun an, dass im Teilsystem B maximal zwei Teilchen sein können. Der erste mögliche Mikrozustand ist, wo alle Teilchen im Teilsystem A sind:

0
Erster möglicher Mikrozustand
\text{A}(\class{red}{\text O}, \class{red}{\text O}, \class{red}{\text O}, \class{red}{\text O}) ~~~ \text{B}(~)
0

Der zweite erlaubte Mikrozustand ist, wo ein Teilchen im Teilsystem B ist:

0
Zweiter möglicher Mikrozustand
\text{A}(\class{red}{\text O}, \class{red}{\text O}, \class{red}{\text O}) ~~~ \text{B}(\class{red}{\text O})
0

Und der letzte erlaubte Mikrozustand ist, wenn zwei Teilchen im Teilsystem B drin sind:

0
Dritter möglicher Mikrozustand
\text{A}(\class{red}{\text O}, \class{red}{\text O}) ~~~ \text{B}(\class{red}{\text O}, \class{red}{\text O})
0

Ein weiteres Teilchen in das Teilsystem B zu platzieren ist in diesem System nicht erlaubt. Dieses System hat eine größere Entropie als das vorher betrachtete System, wo sich Teilchen nur im Teilsystem A sein konnten.

Ein System mit maximaler Entropie

Betrachten wir nun ein drittes System. Nehmen wir für dieses System an, dass es keine Einschränkungen gibt, wie sich Teilchen im Teilsystem A und B verteilen können. Gehen wir alle möglichen Mikrozustände des Systems durch.

Im ersten Mikrozustand befinden sich alle Teilchen im Teilsystem A:

0
Erster möglicher Zustand des dritten Systems
\text{A}(\class{red}{\text O}, \class{red}{\text O}, \class{red}{\text O}, \class{red}{\text O}) ~~~ \text{B}(~)
0

Der zweite erlaubte Mikrozustand ist, wo ein einziges Teilchen im Teilsystem B ist:

0
Zweiter möglicher Zustand des dritten Systems
\text{A}(\class{red}{\text O}, \class{red}{\text O}, \class{red}{\text O}) ~~~ \text{B}(\class{red}{\text O})
0

Der dritte erlaubte Mikrozustand ist, wo zwei Teilchen im Teilsystem B sind:

0
Dritter möglicher Zustand des dritten Systems
\text{A}(\class{red}{\text O}, \class{red}{\text O}) ~~~ \text{B}(\class{red}{\text O}, \class{red}{\text O})
0

Der nächste erlaubte Mikrozustand ist, wo drei Teilchen im Teilsystem B sind:

0
Vierter möglicher Mikrozustand des dritten Systems
\text{A}(\class{red}{\text O}) ~~~ \text{B}(\class{red}{\text O}, \class{red}{\text O}, \class{red}{\text O})
0

Und der letzte erlaubte Mikrozustand ist, wo alle vier Teilchen im Teilsystem B sind:

0
Fünfter möglicher Mikrozustand des dritten Systems
\text{A}(~) ~~~ \text{B}(\class{red}{\text O}, \class{red}{\text O}, \class{red}{\text O}, \class{red}{\text O})
0

Dieses System hat fünf mögliche Mikrozustände: \(N = 5 \). Mit nur vier ununterscheidbaren Teilchen lassen sich maximal fünf Mikrozustände dieses Systems realisieren.

Welches der drei Systeme hat die maximale und minimale Entropie? Das erste System hat einen einzigen Mikrozustand. Dieses System hat die kleinste Entropie \( S_1 \). Das zweite System hat drei mögliche Mikrozustände. Und das dritte System hat fünf mögliche Mikrozustände. Das dritte System hat also die größte Entropie \( S_3 \).

Entropie und der zweite Hauptsatz der Thermodynamik

Ein grundlegendes Gesetz in der Physik ist der zweite Hauptsatz der Thermodynamik. Dieser besagt folgendes:

Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik

Die Entropie \(S\) eines isolierten Systems kann nur zunehmen, aber NIEMALS abnehmen.

Oder anders gesagt: Die Anzahl der möglichen Zustände eines isolierten Systems kann stets nur zunehmen, nicht abnehmen.

Beispiel: Wasser mischen

Im Teilsystem A befindet sich heißes Wasser (schnelle Teilchen). Im Teilsystem B befindet sich kaltes Wasser (langsame Teilchen). Die Entropie des Gesamtsystems ist minimal. Nun werden die beiden Teilsysteme in thermischen Kontakt gebracht. A wird kälter und B wird wärmer. Die Wassertemperaturen in beiden Teilsystemen gleichen sich aus. Die Entropie des Systems hat nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik mit der Zeit zugenommen. Das System, das im Temperaturgleichgewicht ist, hat die maximale Entropie, also maximale Anzahl an möglichen Zuständen.

Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik hat eine gravierende Auswirkung auf die Zukunft unseres Universums. Denn, wenn das ganze Universum als ein isoliertes System betrachtet werden kann, dann wird die Entropie mit der Zeit zunehmen, solange, bis sie maximal ist. Bei maximaler Entropie wird die Anzahl an möglichen Zuständen des Universums maximal sein! Und jetzt kommt die Philosophie ins Spiel...