WIEDERGEBURT .
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LEBEN:
Meine erste Fahrstunde. Kein-Bargeld-Panne beim TeeGeschwendner. Paxino.
12. Juli 2024. 7:30 aufgestanden. Das Wetter ist grau und es nieselt. Heute um 9:30 habe ich meine erste Fahrstunde. Treffpunkt ist in Hildesheim auf einer stillgelegten Baustelle.
Um 8 Uhr werde ich von meinem Fahrlehrer angerufen.
„Wo bist du? Ich warte an der Haltestelle,“ fragt mich der Fahrlehrer.
„Was? Oh, ich habe den Termin um 9:30 im Kalender eingetragen und wollte gleich mit dem Bus losfahren,“ antwortete ich und spürte, wie eine leichte Panik in mir aufstieg.
Zum Glück war es nicht so tragisch. Ich habe nur ungefähr eine halbe Stunde des Fahrunterrichts verloren. Er hat mich von Borsum abgeholt.
„Hast du schon Erfahrung beim Fahren?“ fragt er, während wir von Borsum nach Hildesheim fahren.
„Als ich 12 oder 13 war, durfte ich eine gerade Strecke mit dem Auto von meinem Opa fahren,“ erzählte ich.
Wir sind an einer kaum befahrenen Straße stehengeblieben. Stefan hat mir die Bedienung des Automatikfahrzeugs sowie Sitz- und Spiegeleinstellungen erklärt. Natürlich hat er dabei auch Geschichten aus seinem Leben erzählt. Angeblich soll er gesagt haben, dass Hitler ein geiler Mann sei. Dafür hat er eine Verwarnung bekommen. Er meint aber, dass er das nie gesagt habe. Und als ich ihm erzählt habe, dass ich aus Russland komme, sagte er, dass ihm das völlig egal sei, aus welchem Land ich komme und welche Hautfarbe ich habe.
Nach vielen Informationen, die ich mir eh nicht alle sofort merken konnte, haben wir uns umgesetzt. Ich durfte ans Steuer.
Ich habe den Sitz eingestellt, dann die Außen- und Innenspiegel und natürlich habe ich mich angeschnallt. Bremspedal durchgedrückt, damit das Auto nicht losfährt, wenn man das Automatikfahrzeug auf R (Ride) einstellt. Das Auto gestartet, Bremse losgelassen und Gas gegeben.
Mit Tempo 30 wegen einer Baustelle bin ich geradeaus gefahren. In der Kurve habe ich ganz gut gebremst, aber die Bremse war so sensibel, dass ich erst mal eine Art Vollbremsung hingelegt habe. Nach der Kurve durfte ich dann 50 fahren und habe jetzt immer sanfter gebremst.
Während der Fahrt hat er mich die ganze Zeit zugequatscht, sodass ich von einigen Verkehrszeichen abgelenkt war. Ich habe es aber trotzdem geschafft zu fahren und gleichzeitig mit ihm zu reden.
Am Ende der Fahrstunde hat er gesagt, dass ich Talent zum Autofahren habe. Ich war angeblich sehr konzentriert, habe alle seine Anweisungen richtig befolgt und habe im Gegensatz zu einigen seiner Fahrschüler während der Fahrt geatmet. Manche setzen sich ans Steuer und vergessen sogar zu atmen, sagt er.
Unterwegs zum Bahnhof, nach dem Fahrunterricht, bin ich Mascha und Tobi begegnet, die gerade in der Stadt spaziert haben. Sie haben mich gefragt, was ich in der Stadt gemacht habe. Eigentlich wollte ich das denen nicht verraten, aber dann hab ich’s doch getan. Ich habe gesagt, dass ich meine erste Fahrstunde heute hatte. Sie waren sehr überrascht, dass ich jetzt für den Führerschein mache. Und ich habe sie gebeten, meiner Mutter, das noch nicht zu sagen. Das soll ne Überraschung sein.
Ich habe mich im Stadtcafé Beste draußen unter der Markise (um mich vor dem Regen zu schützen) hingesetzt und einen entkoffeinierten Cappuccino bestellt. Ich musste eh noch auf den Bus warten.
Die Frau brachte mir den Kaffee vorbei und wollte 2,90 Euro dafür haben.
„Ich zahle mit Karte“, sagte ich und zückte mein Handy.
„Wir nehmen nur Bargeld an“, erwiderte sie.
„Oh, Mist, ich habe kein Bargeld dabei“, reagierte ich leicht verunsichert. „Das war dumm von mir, dass ich nicht vorher gefragt habe“, fügte ich hinzu.
Sie stand regungslos da und wartete, dass ich bezahle. Die alten Damen neben mir schauten mich an und sahen so aus, als hätten sie mir die drei Euro spendiert. Aber ich wollte nicht schnorren.
„Einen Moment, meine Schwester ist hier in der Stadt, ich rufe sie mal an.“
Als ich sie anrief, ging die Kellnerin wieder rein, weil sie mir scheinbar jetzt vertraute, dass ich nicht vorhatte, den Cappuccino gratis zu trinken und abzuhauen.
Meine Schwester und Tobi kamen wieder vorbei und hab mir die drei Euro ausgeliehen. Puh… Ich sollte also doch immer etwas Bargeld mitnehmen, oder zumindest immer zuerst fragen, ob ich mit Karte zahlen kann.
Auf dem Weg zurück mit dem Bus nach Borsum habe ich beim TÜV angerufen und nachgefragt, ob ich aufgrund meines Umzugs am 1. August etwas Besonderes beachten muss. Solange ich die Fahrschule nicht wechsle, gibt es kein Problem. Ich muss lediglich meine neue Adresse der Fahrerlaubnisbehörde und dem TÜV mitteilen.
Nach dem Mittagessen bin ich später am Tag noch einmal nach Hildesheim gefahren, um an der nächsten Theoriestunde teilzunehmen. Da ich zu früh in Hildesheim angekommen bin, habe ich mich noch bei Paxino hingesetzt und einen entkoffeinierten Frapé Cappuccino getrunken.