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WIEDERGEBURT .
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LEBEN:

Gedichte schreiben. Mein erstes Mal. Meine erste Website. Ich bin ein Versager. Pfeife rauchen.

Alexander Fufaev - Januar 2011Ich spiele für die Kamera als wäre ich cool. Die Weinflasche auf dem Tisch dient auch nur dem Foto (Januar 2011).

Ich war nun von der Schule abgemeldet und konnte mich das restliche halbe Jahr lang der Unternehmensgründung widmen. Ich fing an, einen Businessplan zu erstellen, bis ich an dem Punkt angekommen war, an dem mir klarwurde, dass das Gründen ganz schön bürokratisch, zu teuer und zu kompliziert für mich war. Mit meinen Programmierkenntnissen kam ich auch kaum voran, weil ich mich schwer auf das Erlernen der Programmiersprache konzentrieren konnte. Ständig lenkte ich mich mit Computerspielen, Facebook und MyVideo ab.

All die Hürden und insbesondere die schwer verständliche Rechtssprache, veranlassten mich dazu, lieber den einfacheren Weg einzuschlagen: Die Suche nach einem Ausbildungsplatz zum Fachinformatiker. Ich schrieb und schickte viele Bewerbungen ab. Einige Unternehmen antworteten überhaupt nicht, andere sagten mit einer anscheinend automatisch generierten Nachricht ab. Bei einem Unternehmen musste ich einen Eignungstest absolvieren, bei dem ich unter Zeitdruck irgendwelche Kästchen richtig zusammenfügen oder Zahlenfolgen fortsetzen musste und so einen Kram. Anscheinend schnitt ich schlecht ab, sonst hätten sie sich wieder bei mir gemeldet.

Bei einem großen Unternehmen in Hannover hatte ich Glück – ich musste jedoch erstmal ein dreitägiges Praktikum absolvieren. Meine Aufgabe bestand darin, eine Testwebsite mithilfe von HTML und CSS zu gestalten und ich war sicher, dass ich diese Aufgabe gut gemeistert hatte. Ich freute mich schon darauf, dort aufgenommen zu werden, doch am letzten Probearbeitstag wurde ich von einem der Mitarbeiter befragt. »Warum sollten wir dich nehmen?«

Diese unerwartete Frage brachte mich in Verlegenheit, da ich nicht darauf vorbereitet war. Ich antwortete irgendeinen aus dem Ärmel geschüttelten Mist. Der Mitarbeiter notierte irgendetwas auf seinem Zettel. Am nächsten Tag bekam ich eine Absage.

Ich war enttäuscht von mir selbst und verzweifelt. Bei keinem einzigen Unternehmen war ich erfolgreich. Ich kriegte einfach gar nichts auf die Reihe.

Den Rest des Schuljahres hatte ich praktisch nichts Sinnvolles getan: Hauptsächlich zockte ich Call of Duty oder Counter Strike. Wenn ich zu viele Spiele verlor, schaltete ich den Rechner ausnahmsweise aus und dachte über philosophische Fragen nach. Was ist der Tod? Was ist Liebe? Gibt es einen Gott?

Für einige Zeit ergriff mich auch die Poesie und veranlasste mich, Wörter aneinanderzureimen. Mein allererstes Gedicht auf Deutsch nannte ich »Träumen von Glückseligkeit« und es ging so:

Stunden saß ich da vor mich hin,
Schaute verträumt durch das Fenster; aber auch dahin,
Wo die Gedanken in die Unendlichkeit schwinden;
Zu den glühenden Sternen, sommerlichen Winden.
Dahin, wo es keine Sorgen mehr gab,
Wo die Wonne meine Seele umgab,
Wo die geliebte Familie lachte,
Wo die Liebe neue Erkenntnisse brachte,
Dahin, wo ich die Hand auf mein Herz legte;
Und mit stolzem Gefühl diese Glückseligkeit pflegte.

Philosophieren und Gedichte schreiben hatten eine beruhigende Wirkung auf mich. Sie lenkten mich von meinen Versagensängsten ab. Also poesierte ich weiter. An einem regnerischen Tag ging ich auf den Balkon hinaus, um mich von der grauen Atmosphäre inspirieren zu lassen. Unter dem Schirm sitzend schaute ich melancholisch auf das große Feld vor mir und lauschte dem Rauschen des Regens. In der einen Hand hielt ich einen Bleistift, in der anderen ein Heftchen. Und so entstanden die Verse meines zweiten Gedichts über die Vergänglichkeit des Lebens:

Viel Glück gehabt, um auf die Welt zu kommen;
auf der Wiese gelegen und von der Sonne bestrahlt;
bei den Eltern wohlgenährt und moralisch erzogen,
bummelst durch das Sammelsurium im ruhigen Wald.

Unbewusstheit hat deinen Leib und Geist ergriffen.
Und die unberechenbare Wildnis die Übermacht erreicht.
Ein hungriger Wolf schleicht und hat dich auf dem Gewissen,
während du verblutest und ein anderer dich zerfleischt.

Nun wird dir plötzlich dein sterbendes Leben bewusst
– doch viel zu spät. Du lässt dein Fleisch zerreißen.
Nur die trotzige Hoffnung bleibt eine Weile robust
in das verheißene Paradies der Ewigkeit zu verreisen.

Dann wagte ich mich an eine Ballade, die einige Elemente aus dem zweiten Gothic-Teil enthielt: den bösen Statthalter, die Taverne »Zur Toten Harpyie« und die Wachen von Onars Hof. Das Ganze vermischte ich in der Fantasie mit Liebe und Tragödie. Die Ballade nannte ich »Der Auftragsmörder«:

Nach langem Ruhen, eines Tages,
Bekommt ein Mörder hohen Ranges
Einen Auftrag – vom Statthalter persönlich.
Ungewiss ist der Frevel und ungewöhnlich.

»Hör' mir zu, du unbedeutendes Gesindel
und Hintergeh‘ mich nicht, ich dulde keinen Schwindel!
Mein Vermögen hat die Hure sich unter die Nägel gerissen.
Finde und töte sie; kein Geschöpf wird sie je vermissen!«

»Jawohl, mein Staatsmann, unverzüglich wird sie erledigt;
Ohne Skrupel und mit Freude wird sie geschädigt.
So weit, so gut. Eine nichtige Frage bleibt jedoch offen:
Darf man von einem gnädigen Herrn eine Großzügigkeit erhoffen?«

»Gewiss! Eine Folter wird deinem unreinen Leibe gewährt,
Bis dein Verstand erwacht und Genügsamkeit erfährt.
Zisch ab! Verschwinde! Vollende deine Aufgabe.
Aber tue sie mit Bedacht. Und mit großer Hingabe.«

Und nun streift der enttäuschte Mann hin und her,
Überquert das Land und kommt seinem Ziel immer näher und näher.
Ein abgelegenes Gehöft ist seine letzte Vermutung;
Wachen behüten es; für den Mörder – eine Zumutung.

»Was verbirgt man hier, dass ihr's so auffallend bewacht?
Lagern hier etwa kostbare Schätze? So mein Verdacht.«
»Diebesgut liegt hier sicher verborgen, kühner Mann!
Aufgeklärten wird Erkenntnis verdorben, und nun bist du dran!«

Vor lauter Bange flieht der Mann in die Ferne,
Läuft hinein, in eine nächstgelegene Taverne.
Stille entfaltet sich, sie ist leer und verlassen.
Nein! Eine Frau geht leis' auf ihn zu und spricht gelassen.

»Beeil‘ dich. Versteck' dich hinten im Zimmer.
Blick‘ mich nicht so an; deine Lage wird schlimmer!
Schau hin! Die Wachen schleichen und sind auf der Suche!
Du Verrückter! Wende deinen Blick ab. Bitte! Versuche!«

»Wie soll ich mich deinem reizvollen Antlitz entziehen?
Deine Schönheit hat mir die Fittiche eines Cherubs verliehen.
Nimm' meine Hand und lass uns gemeinsam abheben;
Durch die prächtigen Wolken fliegen und die Sterne erleben!«

Ach du lieber Gott! Stöhnend fällt sie ihm um den Hals,
Während er sie erbittert festhält, angesichts seines Schicksals;
Sieht den Statthalter, der mit 'ner Klinge hinter dem Weib steht;
Und wartet machtlos darauf, wie die Liebe seines Lebens für immer vergeht.

Das Philosophieren über Liebe weckte Eros in mir. Außerdem wollte ich endlich erfahren, wie es ist, richtigen Sex zu haben und nicht nur Pornos zu gucken. Einen Freundeskreis, über den ich Mädchen kennenlernen könnte, hatte ich nicht. Es war schon eine Seltenheit, dass ich mich überhaupt unter Leute begab. Die einzige realistische Möglichkeit war also das Internet. Ich meldete mich auf unzähligen Kennenlernportalen an, in der Hoffnung, jemanden zu finden. Die meisten antworteten nie. Die anderen hatten kein Interesse. Nur die wenigsten ließen sich auf mich ein.

In einem Chat schrieb ich beispielsweise mit einer Julia aus Hamburg, die laut ihrer Größenangabe einen Kopf größer war als ich. Sie fand das nicht schlimm. Sie drückte sich jedoch etwas seltsam aus, was mich stutzig machte. Meine Vermutung bestätigte sich, als sie mir dann ihre Nummer gab und wir über WhatsApp weiterschrieben. Sie verriet mir, dass sie unter Schizophrenie litt. Dann schlug sie mir vor, uns zu treffen, da sie gerade nicht in der Psychiatrie war. Ich hatte nichts gegen ihre Krankheit und stimmte einem Treffen zu, doch eines Abends, kurz vor dem Schlafengehen, bekam ich eine Sprachnachricht von ihr. Als ich sie abspielte, bekam ich überall Gänsehaut.

»Alexander, ich habe Angst. Hier ist überall Blut. Meine Füße und Hände sind voller Blut. Ich habe solche Angst«, sagte sie mit weinerlicher Stimme. In dem Moment bekam ich selbst Schiss. Ich fragte sie, ob es echtes Blut sei. Erst am nächsten Morgen antwortete sie mir, dass es nur eine ihrer Halluzinationen gewesen war. Seit diesem Tag dünnte unser Kontakt aus, bis wir gar nicht mehr schrieben. Getroffen hatten wir uns nie.

Ich suchte weiter. Es waren stets einmalige Treffen ohne jegliche Intimität: Becky, das Mädchen mit dem 7er BMW. Sie saß zumindest auf meinem Schoß. Lou, das Mädchen mit dem Nasenpiercing und den schönen lockigen Haaren, die mit mir »Left for Dead« bei mir zu Hause spielte. Sie war eher am Computerspiel als an mir interessiert. Zum körperlichen Kontakt kam es also nicht. Mit Samantha und vor allem mit Anna schrieb ich nur über unsere gemeinsamen Sexfantasien. Das war sehr erregend, aber leider nicht real.

Ich dachte mir verschiedenste Sprüche aus, mit denen ich die Mädels anschrieb. Eine Jennifer S. aus Hannover antwortete mir zurück. Auf ihren Fotos war sie dunkel angezogen. Deshalb dachte ich zuerst, sie wäre vielleicht in der Schwarzen Szene oder etwas Ähnlichem. Nachdem wir uns einige Tage intensiv über den Chat ausgetauscht hatten, verabredeten wir uns in Hildesheim.

Sie saß bereits auf einer Bank und las ein Buch, als ich an unserem Treffpunkt am Bahnhof ankam. Wir spazierten durch Hildesheim und lernten uns weiter kennen. Erstaunlicherweise konnte ich mit ihr gut reden. Und ich fühlte mich neben ihr wohl. Sie fand mich offenbar auch ganz nett, denn sie lud mich zu einem zweiten Treffen zum Kuchenbacken ein.

An dem Tag trafen wir uns in Hannover am Bahnhof und gingen dann ein paar Kilometer zu Fuß zu ihr. Sie wohnte alleine in ihrer Wohnung, zusammen mit ihren zwei Hamstern. Während sie den Kuchen backte, schaute ich im Wohnzimmer fern. Als sie fertig war, aßen wir den Schokokuchen und redeten über eine Tierdokumentation, die gerade im Fernsehen lief. Nach einiger Zeit ging sie in die Dusche und ließ mich die Kopulation zweier Löwen allein weiterschauen. Als sie zurück ins Wohnzimmer kam, trug sie ein T-Shirt und eine Leggings. Sie setzte sich aufs Sofa, ich saß im Sessel und wir redeten über alles Mögliche, über schwarze Löcher, weil ich letztens eine Doku darüber gesehen hatte und es faszinierend fand, über Freundschaften, über uns. Es vergingen einige Stunden und es wurde dunkel draußen.

Als ich wieder wegfahren wollte, meinte sie, ich könnte bei ihr übernachten, weil es ja schon dunkel war. Ich freute mich natürlich sehr und bejahte dies sofort. Dann führten wir unsere Gespräche weiter fort, bis wir irgendwie auf das Thema Sex kamen. Während sie mir von ihren Sexgeschichten erzählte, versuchte ich, Andeutungen zu machen, dass ich noch unerfahren war, aber dies gern ändern wollte. Sie fand es nicht schlimm.

Als es ganz spät wurde, putzten wir kurz die Zähne. Ich hatte zur Sicherheit meine Zahnbürste mitgenommen, weil ich darauf gehofft hatte, dass ich bei Jennifer bleiben durfte. Anschließend gingen wir ins Schlafzimmer. Auf der anderen Seite des Bettes, mit dem Rücken zu mir gewandt, zog sie ihre Leggings aus. Das lange T-Shirt verdeckte dabei ihr schwarzes Höschen, auf das ich nur einen kurzen Blick erhaschen konnte. Während sie sich ins Bett legte, zog ich ebenfalls schnell meine Jeans, Socken und dann das T-Shirt aus. Nur in Boxershorts löschte ich das Licht und kroch unter die Bettdecke. Jennifer lag, bis zum Kopf bedeckt, mit dem Rücken zu mir. Ich lag zwar mit dem Gesicht zu ihr gewandt, aber möglichst weit von ihr entfernt, weil es für mich so ungewohnt war, neben einer echten Frau zu liegen. Die Bettdecke war am Anfang noch kalt, sodass ich leicht zitterte. Das bemerkte sie anscheinend und sagte zu mir, dass ich näher zu ihr kommen durfte. Voller Dopamin rückte ich an sie heran, aber nicht so nah, dass wir uns berührten. Einige Minuten später gewöhnte ich mich an die Situation und legte langsam meine Hand an ihre warme Hüfte. Die Position meines Arms war nach einigen Minuten etwas anstrengend, weil dieser in der Lücke zwischen mir und Jennifer durchhing. Vorsichtig traute ich mich noch näher an sie heran. Mein Bauch berührte jetzt bei jedem Einatmen leicht ihren Rücken. Ich war wie auf Drogenentzug und Jennifer, die meine Droge war, lag genau vor mir. Sie nahm meine Hand und bewegte sie unter das T-Shirt zu ihrer nackten Brust. Ich rückte noch näher an sie heran, sodass jetzt auch mein steifer Penis durch die Unterhose ihren Po berührte. Langsam streichelte sie über meine Hüfte, führte ihre Hand zu meiner Unterhose und öffnete den Knopf.

Jennifer war erfahren und wusste, wie sie mein erstes Mal zum besten ersten Mal machte, das ich mir wünschen konnte. Ich war unersättlich. Ich konnte nicht aufhören. Wir hatten bis zum Sonnenaufgang Sex. Dann schliefen wir ein.

Als ich aufwachte, lag Jennifer auf meiner Brust und ihre Hand umklammerte meinen immer noch steifen Pennis.

»Du musst jetzt gehen«, flüsterte sie mir ins Ohr. Nur ungern wollte ich diese Ekstase verlassen. Wir schliefen noch ein letztes Mal miteinander, bevor ich wieder nach Hause fuhr.


2011. Ich brach die elfte Klasse ab, gründete kein eigenes Unternehmen und fand keine Ausbildung. Ich fühlte mich wie ein Versager. Das Aufhören mit zeitraubenden Computerspielen war schwierig, da sie einfach zu viel Spaß machten und mich von meinen Zukunftsängsten ablenkten. Die virtuelle Welt war der einzige Ort, an dem ich Erfolge erzielte und Fortschritte machte. Dennoch hatte ich das Verlangen, etwas Sinnvolles zu tun. Also erstellte ich meine erste Website namens Darksoft mit einem kostenlosen russischen Webanbieter, den mir Max empfohlen hatte, da sein Gaming-Clan diesen ebenfalls nutzte.

Das Content Management System hieß UCOZ und war recht einfach zu bedienen. Ich machte mich mit dem System vertraut, fing an, mir HTML, CSS und JavaScript beizubringen, um mein eigenes Design für die Website zu erstellen. Jede neue Kenntnis versuchte ich sofort umzusetzen, weshalb das Websitedesign einem ständigen Wandel unterlag. Mal war es dunkel, mal hell, mal bunt, mal eckig, mal rund. Die Website füllte sich mit meinen Tagebucheinträgen, Gedanken und erdachten Theorien aus verschiedenen Bereichen, sei es Fachinformatik, Philosophie, Psychologie oder Lyrik. Damit all meine Inhalte bei Google gefunden werden, brachte ich mir mit der Zeit Suchmaschinenoptimierung bei.

Natürlich musste ich weiter nach einer Ausbildung suchen. Meine Mutter hätte es mir niemals erlaubt, nichts für meine Zukunft zu tun. Bis zum Beginn des neuen Schuljahres konnte ich mich also nicht die komplette Zeit meinem neuen Hobby widmen, sondern musste weiter nach einer Ausbildung suchen. Da ich dies bis zum Beginn des neuen Schuljahres nicht schaffte, musste ich schließlich doch weiter die Schule besuchen. Ich suchte nach einer, die etwas mit Informatik oder generell mit Computern anbot. Die nächstbeste Wahl war ein technisches Gymnasium in Hildesheim, die Werner-von-Siemens-Schule.

Sie war eine halbe Stunde Busfahrt von zu Hause entfernt. Vom Bahnhof aus musste ich jedoch noch ein Stückchen zu Fuß gehen, was ich aber gar nicht so schlimm fand, weil mich die morgendlichen frischen Spaziergänge zur Schule von der Müdigkeit befreiten – zumindest solange, bis ich die Schule betrat.

Erstaunlicherweise traf ich in der Schulpause meinen Freund Alexey, der dort nach seiner Ausbildung ein Jahr für seine Fachhochschulreife durchziehen musste. Dieses Schuljahr verbrachte ich die großen Pausen manchmal mit ihm – aber auch mit zwei Mädchen, welche in dieser Schule eine Rarität waren. Das türkische Mädchen fühlte sich von den Jungs auf der Schule gemobbt, weshalb sie nach einem Jahr die Schule verließ. Das andere Mädchen, Clara, hatte blondes Haar und trug eine zu ihr passende, eckige Brille. Sie ging in die andere elfte Klasse und war eher unauffällig – nichts an ihr hätte den Jungs auf der Schule auf den ersten Blick den Kopf verdreht – doch sie war nett. In den Pausen verbrachten wir die meiste Zeit zusammen.

Clara war einige Male bei mir zu Hause, weil sie Hilfe bei den Hausaufgaben im Fach Informationsverarbeitung brauchte und ich wegen meinem Hobby darin einigermaßen gut war. Zufälligerweise entdeckte sie beim Eingeben des Buchstabens P in der Google-Suche meinen Suchverlauf, in dem auch pornografische Suchbegriffe zum Vorschein kamen. Während mich peinliches Unwohlsein ergriff, klickte sie ohne mit der Wimper zu zucken einfach einen Porno an. Eine Frau kniete vor einem Mann, während der Mann ihr seinen Penis oral hineinschob. Die Frau gab Würgeräusche von sich. Wir schauten uns nur kurz an und fingen an zu lachen. Wir hatten vergessen, die Lautsprecher leiser zu stellen, weil dieses komische Würggeräusch gar nicht nach einem Porno klang. Als meine Mutter in mein Zimmer hereinplatzte, schloss ich schnell das Browserfenster.

»Ok genug davon. Lass uns mit EDV weitermachen«, sagte ich und wir widmeten uns wieder dem eigentlichen Thema zu.

Am nächsten Tag saß ich mit Clara mal wieder in der Pausenhalle. Doch dieses Mal war es anders zwischen uns. Irgendwie kamen wir auf das Thema Toilette. Kurz, bevor die große Pause vorbei war, schauten wir uns kurz gegenseitig an.

»Sag mal Sascha, wollen wir zusammen auf die Toilette?«, sagte Clara mit einem sexuell angehauchten Unterton zu mir, während alle Schüler bereits von den Bänken aufstanden und in ihre Klassen gingen. Ich schaute sie weiter an, während mein Gehirn das Gesagte erstmal verarbeiten musste. So langsam leerten sich die Gänge.

»Klar, warum nicht? Hauptsache wir werden nicht von einem Lehrer erwischt. Ich folge dir!«, antwortete ich entschlossen, und dachte an das Kondom, das ich in meiner Tasche dabei hatte.

Wir schlichen uns in eine Frauentoilette im obersten Stock und sperrten uns in einer Kabine ein. Ich musste dringend pinkeln. Clara drehte sich um und schaute aus einem kleinen Fenster nach draußen, während ich das tat.

»Clara, willst du meinen Penis sehen?«

»Nein«, antwortete sie trocken, ohne den Blick vom Fenster abzuwenden.

»Ok, schade. Dann lass uns zurück in den Unterricht.«, erwiderte ich und machte meinen Hosenstall zu. Wir schlichen uns wieder hinaus und gingen in unsere Klassen zurück. Ich war total verwirrt.

Beim Hineingehen in den Klassenraum schauten mich alle an, während meine Englischlehrerin mein Zuspätkommen notierte. Ich setzte mich neben André an einen der hintersten Tische, weil bei ihm gerade ein Platz frei war und der Sitzplan nicht immer eingehalten wurde. Es war zu weit weg von der Tafel, sodass ich wegen meiner Kurzsichtigkeit, die durch das viele am Computer Hocken entstand, außer dem wackelnden Po meiner Lehrerin, nichts erkennen konnte. Ich hatte zwar eine Brille in meiner Tasche, doch sie war mir zu peinlich für den Unterricht, weil sie wie eine Schutzbrille aus dem Chemieunterricht aussah. Deshalb kritzelte ich einfach gelangweilt Bildchen in mein Heft, was ich übrigens immer tat, wenn es im Unterricht zum Sterben langweilig war. Außerdem gab André flüsternd seine Sprüche ab, weil er wusste, dass er mich damit zum Lachen bringen würde. Es klappte wie immer, was dazu führte, dass mich die Lehrerin aus dem Klassenraum rausschmiss.

Vor dem Klassenraum dachte ich über mein Verhältnis zu Clara nach. Irgendwie war ich ein bisschen in sie verknallt. Außerdem hatte ich das Gefühl, sie würde mir eindeutige Signale schicken, dass sie auf mich stand.

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