WIEDERGEBURT .
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LEBEN:
Marie die Theaterfrau
4. Juni 2023. Das Wetter war wunderbar. Es dürften um die zwanzig Grad gewesen sein. Nach einem Frühstück aus Brot mit Paprika, Auberginenaufstrich und Leinöl machte ich mich in kurzer Hose, einem T-Shirt und meinen Birkenstockschuhen auf den Weg zu den roten Tischen im Hauptgebäude der Universität, um einen Lernartikel über die gleichförmige Bewegung zu schreiben. Ich entschied mich für eine andere Route zur Uni und nahm die Straßenbahn, um einen ausgedehnten Spaziergang zu machen. Als ich am Steintor vorbeikam, bemerkte ich eine Veranstaltung, bei der Notdienstfahrzeuge, Feuerwehrautos und andere Dienstwagen entlang der Allee parkten und nur wenige Menschen unterwegs waren.
Plötzlich hörte ich einen Schrei von links. Ich drehte mich um und sah, wie ein Mann auf einem anderen Mann lag und ihn schlug, während der unten liegende Mann sich mit den Armen zu schützen versuchte. Ich lief über die Straße zu ihnen hinüber. Die beiden Männer, wohl Mitte fünfzig, schienen nicht wirklich gefährlich zu sein.
»Hey, hört mal auf«, sagte ich, beugte mich zu ihnen und packte den Schläger an der Schulter. Mit der anderen Hand hielt ich ihn von weiteren Schlägen ab.
»Hör jetzt auf«, rief ich noch lauter. Der Schläger schaute mich an, und ich konnte an seinen Augen erkennen, dass er alkoholisiert war. Er hörte auf zu schlagen, stützte sich an meiner Schulter ab und stand auf. Ich stellte mich seitlich zwischen die beiden, die Arme leicht ausgestreckt, um Abstand zu wahren. Ich schaute abwechselnd den einen und den anderen an.
»Wie würdest du dich fühlen, wenn du so verprügelt wirst?«, fragte ich den Schläger, komplett unter Adrenalin stehend. Er schwieg und starrte mich mit seinen betrunkenen Augen an.
»Entspannt euch«, fügte ich hinzu.
»Ich krieg dich noch«, drohte der Schläger dem anderen und zeigte mit dem Finger auf ihn, drehte sich dann um und ging langsam davon. Ich blieb stehen, bis er weiter weg war.
»Danke«, sagte der andere Mann, der gerade seine Hose mit der Hand säuberte.
»Kein Problem«, erwiderte ich, und er ging langsam in die andere Richtung.
Ich war so aufgewühlt, dass ich eigentlich keinen Kaffee mehr brauchte. Ich setzte meinen Weg zum Hauptgebäude fort, um dort bis zum Nachmittag den Lernartikel zu schreiben.
Am Nachmittag stieg ich in die Straßenbahnlinie 5 ein. Am Königsworther Platz stieg eine junge Frau aus, die aussah wie die Eiskönigin Elsa. Ihr blondes Haar war zu einem ordentlichen Zopf geflochten und lag über ihrer Schulter. Ein kleines silbernes Piercing zierte ihre kleine Stupsnase.
Sie stellte sich etwas weiter weg von mir in der Straßenbahn und schaute aus dem Fenster, anstatt auf ihr Handy zu starren. Das war ein Pluspunkt, der mich ermutigte, aktiv zu werden. Am Bahnhof stieg sie aus und war ziemlich flott unterwegs. Die anderen aus der Bahn strömenden Fahrgäste versperrten mir den Weg.
»Entschuldigung«, drängelte ich mich zwischen den Menschen hindurch, bemüht, die junge Frau nicht aus den Augen zu verlieren, die bereits die Rolltreppe hinaufging.
»Entschuldigung... Ich muss hier schnell durch«, eilte ich zur Rolltreppe.
Oben angekommen, hatte ich sie aus den Augen verloren. Sollte ich am Ende der Rolltreppe nach links oder rechts laufen? Mein Bauchgefühl sagte mir, nach rechts abzubiegen. Ich lief in diese Richtung und konnte sie noch sehen, als sie um die Ecke bog, um die Treppe zum Opernplatz zu nehmen. Ich lief hinterher.
»Warte mal«, rief ich ihr zu. Sie reagierte nicht.
»Warte mal«, lief ich ein Stück vor sie und blieb stehen.
»Hey, ich hab dich gerade in der Straßenbahn gesehen. Meine Güte bist du schnell unterwegs...«, sagte ich leicht außer Atem.
»Ich finde dich total süß und hätte Lust, mit dir einen Kaffee oder Tee zu trinken, je nachdem, was dein Lieblingsgetränk ist«, fuhr ich fort.
»Ja, warum nicht. Ich überlege es mir.«
»Sehr schön. Ich gebe dir meine Nummer, dann kannst du mir schreiben, wenn du ready bist.«
»Okay«, erwiderte sie und reichte mir ihr Handy.
»Wie heißt du eigentlich?«, fragte sie mich, während ich meine Nummer eingab.
»Alexander, und du?«
»Marie.«
Ich gab ihr das Handy zurück.
»Nagut, ich werde dich nicht länger aufhalten. Ich freue mich auf unser Treffen. Bis dann!« sagte ich und nickte.
»Bis dann«, erwiderte sie mit einem Lächeln, und wir gingen in verschiedene Richtungen. Mit einem Dopamin-Schub ging ich zur Straßenbahn nach Hause und schenkte jedem Passanten ein breites Lächeln. Ich war sehr glücklich darüber, endlich die Möglichkeit zu bekommen, ein schönes Mädchen kennenzulernen.