Alexander Fufaev
Ich heiße Alexander FufaeV und hier schreibe ich über:

31. Juli 2023: Zwei große, schwarze Hunde. Pommes meiden. Die Hochspannungsleitung

31. Juli 2023. Nach dem WG-Casting mit einer zwanzigjährigen Journalistikstudentin namens Stella, die als Einzige den heutigen Besichtigungstermin nicht abgesagt hatte, fuhr ich wieder nach Borsum. Die Conti-Mensa war heute wegen Umbauarbeiten geschlossen, und ich hatte keine Lust zu kochen. Ein wenig enttäuscht war ich darüber, dass Jule das falsche Datum für die WG-Besichtigung eingetragen hatte und deswegen den eigentlich geplanten Termin verpasste. Jule studierte freie Kunst und Philosophie und hatte mich mit ihrem Schauspielvideo, das ich im Internet entdeckt hatte, fasziniert.

Bevor ich den Zug nach Hildesheim nahm, holte ich mir beim Netto einen honiggesüßt-gesalzenen Cashewkerne und Erdnuss Mix. Da ich ja keine Süßigkeiten mehr kaufte, dachte ich, nehme ich etwas, das gesund ist. In Hildesheim traf ich auf meine Schwester Laura, die gerade nach Hause mit dem Bus von der Arbeit fahren wollte. Sie arbeitete als Kellnerin in einem Café und nahm regelmäßig den Bus. Sie gab mir den Tipp einfach mein Semesterticket, das eigentlich in diesem Bus nicht galt, dem Busfahrer vorzuzeigen. »Der Busfahrer würde eh nichts merken«, sagte sie. Ihr Trick funktionierte, und ich hatte fünf Euro gespart. Dieses Geld nutzte ich, um in Borsum Kidneybohnen, Grüne Bohnen, Dosentomaten und Zucchini zu kaufen und daraus dann für uns eine Reispfanne zu zaubern.

Doch bevor ich kochte, bewog mich der Hunger dazu, die restlichen Nüsse aufzuessen. Kurz danach bekam ich Bauchschmerzen. Aus Neugier hatte ich hinten auf die Verpackung des Nussmixes geblickt und festgestellt, dass ich quasi in kurzer Zeit sechzig Gramm Zucker verschlungen hatte und die von der WHO empfohlene maximale Zuckerdosis deutlich überschritten hatte. Es war mir gar nicht bewusst gewesen, dass diese Nüsse so viel Zucker enthielten. Diese Überraschung veranlasste mich dazu, eine Gewohnheit zu etablieren, jedes Mal auf die Nährwerttabelle zu schauen, wenn ich mir unbekannte Lebensmittel kaufte. Ich nahm mir vor, keine Lebensmittel mit mehr als 40% Zucker pro hundert Gramm zu kaufen. Das bedeutete konkret: keine Marmeladen, keine Schokoaufstriche, keine Trockenfrüchte, auch nicht diesen Nussmix, und was am schwersten fiel: keine American Cookies vom Discounter und keine Blaubeer- oder OREO-Muffins aus der Mensa.

Um mich für diese Gewohnheit zu motivieren, googelte ich nach gesundheitlichen Nachteilen, die hoher Zuckerkonsum mit sich brachte. Ich schaute mir ein YouTube-Video über den Zucker an und lernte die krebserregenden »AGE-Moleküle« kennen, die immer dann entstehen, wenn Zucker mit Eiweiß stark erhitzt wird, wie im Fall von gerösteten Nüssen, die ich vor kurzem verschlang. Sie entstehen aber auch in frittierten Lebensmitteln.

»Gut, ab heute keine Pommes mehr in der Mensa«, dachte ich.

In karamellisierten Lebensmitteln wie Popcorn oder in süßem Gebäck sind ebenfalls viele AGEs zu finden.

»Auf Popcorn und süßes Gebäck von meiner Mama zu verzichten bin ich noch nicht bereit«, flüsterte ich vor mich hin.

Das Erhitzen von Lebensmitteln brachte mich auf das Thema Rohveganismus, mit dem ich mich dann den Rest des Tages beschäftigte.

Heute Nacht schlief ich auf der Bettdecke, die ich auf dem Teppich im Wohnzimmer ausgebreitet hatte. Ich wollte weiterhin üben, auf einer härteren Unterlage zu schlafen. Für den Endgegner »Die Yoga-Matte« war ich bei Weitem noch nicht bereit.

Am nächsten Morgen verspürte ich keine Schmerzen, fühlte mich jedoch wie nach einem Workout. Ich war stolz darauf, dass ich in dieser Nacht nicht aufs Sofa gewechselt hatte. Geweckt wurde ich gegen zehn Uhr von Lauri, die an der Wohnzimmertür klopfte. Sie hatte Weizenbrötchen im Backofen gebacken. Es fiel mir schwer, aber ich schaffte es, keinen Schokoaufstrich mit über 40% Zucker auf mein Brötchen zu schmieren. Ich wich auf die zuckerreduzierte Heidelbeermarmelade mit »nur« 30$\%$ Zucker pro 100 Gramm aus und bestrich damit nur eine Brötchenhälfte.

Im Laufe des Tages hatte ich großes Verlangen nach Süßem, besonders weil Schokoaufstrich und die ganzen Marmeladen und Kekse mir ins Auge fielen, sobald ich die Küche betrat. Später, als meine Mutter von der Nordsee zurückkam, hatte sie gute Laune. Anscheinend verlief der Kurzurlaub mit Julien ohne Streitereien. Das bewog mich dazu, ihr von meinen neuen Erkenntnissen über die gesundheitlichen Auswirkungen des Zuckers zu erzählen. Geschockt und begeistert nahm sie sich vor, ab nächster Woche keine Schokoaufstriche und Marmeladen mehr zu kaufen.

Ohne ihre Entschlossenheit schmälern zu wollen, kannte ich meine Mutter zu gut. Dieser Entschluss wird nach ein paar Tagen wahrscheinlich wieder vergessen sein, so wie mein Entschluss, keinen Kaffee mehr zu trinken, immer in Vergessenheit geriet, sobald ich leckeren Kaffeeduft wahrnahm. Aber ich war trotzdem hoffnungsvoll, dass sie beim nächsten Einkauf stehen bleiben und sich an meine Worte erinnern und vielleicht zu einem zuckerreduzierten Schokoaufstrich greifen wird.

Nach einem Dinkelkaffee mit Mama machte ich einen Spaziergang. Eigentlich wollte ich meine Lieblingsroute nehmen, doch als ich den Feldweg erreichte, überlegte ich, mein Vorhaben zu ändern. Auf dem Feldweg, hundert Meter von mir entfernt, standen zwei Frauen und unterhielten sich. Um sie herum spielten zwei große, schwarze Hunde ohne Leine. Meine Angst vor Hunden kam hoch, und mein Herz begann zu rasen. Sollte ich den Feldweg gehen oder doch lieber die Straße entlang? »Auf keinen Fall«, dachte ich, atmete tief ein, »Die zwei Hunde werden sicher nicht mich auf meinem Weg aufhalten.«

Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und ging auf die Frauen und ihre Hunde zu. Mein Körper war leicht angespannt, als ich sie erreichte. Die beiden Hunde hörten auf zu spielen und starrten mich an. Trotz des furchteinflößenden Aussehens der Rotweiler bellten sie nicht. Ich versuchte, nicht an die Angst vor Hunden zu denken, sondern im Hier und Jetzt zu sein und lieber die Brennnessel am Feldrand anzuschauen.

»Hallo«, sagte ich zu den beiden Frauen, als ich ihre Nähe erreichte. Sobald die beiden Frauen mich zurückgrüßten, fingen die Hunde wieder an herumzuspringen, als wäre ich nicht mehr da. Endlich konnte ich mich wieder entspannen.

Ich folgte weiter dem Feldweg und bog dann an der zweiten Wegkreuzung nach links auf den Schotterweg ab. Ein paar hundert Meter weiter erstreckte sich die Hochspannungsleitung, die wahrscheinlich etwa fünf Meter über dem Weg hing. Als ich unter der Leitung stehen blieb und meine Augen schloss, erinnerte ich mich daran, wie ich mit Jule einst unter diesen Leitungen stand. Ich hielt ihre Hand, schaute akribisch ihre Haare an und sagte: »Oh Jule, deine Haare stehen bergab.« Sie glaubte es mir, strich dann mit der anderen Hand über ihre Haare und stellte fest, dass es nicht der Fall war. »Du Spinner!«, hörte ich Jule sagen. Ein Lächeln breitete sich über meinem Gesicht aus, und ich spazierte weiter. Oberleitung in Borsum am Feldweg


Mikroveränderungen:
  1. Ich versuche keine Lebensmittel, die mehr als 40g Zucker pro 100g enthalten zu kaufen, um die gesundheitlichen Nachteile, die durch zu hohen Zuckerkonsum entstehen können, zu verringern.
  2. Ich esse keine Pommes mehr in der Mensa und auch keine gerösteten Nüsse, da diese viele wahrscheinlich krebserregende Aminosäure-Glukose-Endprodukte enthalten.