Alexander Fufaev
Ich heiße Alexander FufaeV und hier schreibe ich über:

31. Mai 2024: Zoe die Jurastudentin. Natalie, die ihre Hose vom Schneider abholen wollte. Johanna die begeisterte Radfahrerin

31. Mai 2024. Ich bin gegen 8 Uhr aufgestanden und nach dem Frühstück zu Fuß zur Bibliothek gegangen.Kurz vor der Bibliothek hat mich eine alte Frau mit einem Rollator angesprochen. Sie ist immer auf dem Campus und sammelt Flaschen.

»Nicht kalt?«, fragte sie mit Akzent.

»Nein, überhaupt nicht. Die Füße werden gut durchblutet, wenn man geht. Es ist sehr warm an den Füßen«, erklärte ich.

Sie lächelte mich mit ihrer Zahnprothese freundlich an. Ich lächelte zurück und ging weiter in die Bibliothek. Diesmal setzte ich mich in den dritten Stock, in die Rechtsabteilung. Hier ist es viel voller als im vierten Stock. Anscheinend sind die Jurastudenten fleißiger als die Literaturstudenten. Ich setze mich an den Tisch am Ende des breiten Ganges. Ich muss sagen, hier sind die Göttinnen viel schöner, aber sie wirken auch irgendwie »normaler«.

Kurz vor Mittag packte ich wieder meine Sachen und sprach im Aufzug Zoe an, die mir im dritten Stock gegenüber saß. Sie kam gerade von der Toilette.

»Hey, ich habe mich gefragt, ob du mit einem Typen Kaffee trinken gehst, der keine Schuhe an hat?«

Sie lacht und schaut auf meine Füße. »Wie heißt du?«, frage ich weiter.

»Zoe.«

»Hallo«, schüttle ich ihre Hand.»Alexander.«

»Das ist sehr nett von dir, aber ich habe einen Freund.«

»Oh nein, mein Herz«, ich fasse mir an die Brust.

Sie lächelt. »Tschüss«, sagt sie und geht. Ich schaue ihr nach. Was für ein knackiger Hintern.

Ein großer Mann mit Tattoos steht auch da. »Du bist geil drau«, sagt er und hält mir seine Faust entgegen.

Ich gebe ihm die Faust. »Sie hatte ein großes Herz, ein sehr großes Herz«, scherze ich und forme mit meinen Händen ihren Hintern.

Draußen wird gerade das Conti-Sommerfest aufgebaut. Ich sitze vor der Bühne und trinke ein Fritz Orange. Ich freue mich auf morgen.

Nach dem kurzen Aufenthalt auf dem Campus bin ich weiter in die Innenstadt gelaufen. Es war kurz nach 13 Uhr. Ich spazierte durch die Stadt und kam gerade vom Bahnhof an der Kröpcke-Uhr vorbei in Richtung Peek & Cloppenburg. Plötzlich, wie ein roter Diamant in der grauen Welt, fällt mir eine rothaarige Göttin auf. Sie läuft an mir vorbei, ihre langen, lockigen, dunkelroten Haare wehen im Wind. Unsere Blicke treffen sich. Ihre hellblauen Augen funkeln wie Diamanten.

Ich gehe ein paar Schritte. Bleib stehen. Nein, Ego, du hältst mich nicht auf. Ich drehe mich um und sehe, wie sich die bezaubernde Göttin von mir entfernt, sie geht den gleichen Weg wie ich. Ich laufe zurück, ihr nach.

Sie biegt in die Änderungsschneiderei gegenüber der Sparkasse ein. Ich renne ihr nach.

»Warte!«, rufe ich ihr hinterher, als sie die Treppe hinaufläuft.

Erst als sie um die Ecke biegt und die andere Treppe nehmen will, bemerkt sie mich.

»Warte«, berühre ich ihren Unterarm.

»Wir haben uns gerade am Kröpcke getroffen. Das bin ich...«, ich zeigte ihr meinen Finger, »und das bist du«, ich nahm den Finger der anderen Hand, »ich gehe so und du gehst so an mir vorbei«, ich zeigte, wie sich die Finger aufeinander zu bewegten. »Wie heißt du?«, grinse ich.

»Natalie und du?«

»Hallo Natalie. Ich heiße Alexander.« Wir schütteln uns die Hände.

»Oh, deine Hände sind ganz warm«, fahre ich fort und lege meine andere Hand auf ihre äußere Handfläche, während ich mit der anderen Hand ihre innere Handfläche wie beim Händeschütteln leicht drücke.

»Sag mal, bist du Russin?«, frage ich sie, weil sie mich irgendwie an eine Russin erinnert.

»Nein, aber das wurde mir schon öfter gesagt«, lächelte sie.

Ich betrachtete ihre schönen blauen Augen und ihr Haar. »Ich mag Frauen mit roten Haaren.« Ihr Blinzeln verlangsamte sich.

Ich schaute die Treppe hinauf, wo eine Schneiderin hinter der offenen Tür saß und uns beobachtete. »Und du willst deine Hose kürzen lassen?«, fragte ich Natalie.

»Ich wollte meine Hose abholen. Siehst du...«, sie fährt mit den Händen seitlich von oben nach unten an ihrem Körper entlang, »meine Größe.«

»Oh ja, das sehe ich. Du bist klein und supersüß. Hol deine Hose und dann gehen wir aus«, schlug ich vor.

»Ich habe keine Zeit. Willst du meine Nummer haben?«

»Ja. Okay. Ich rufe dich an.«

Ich schrieb Natalies Nummer auf. Wir verabschiedeten uns und ich machte mich auf den Weg zur Goseriede am Steintor, wo die Klimastreik-Demo stattfand. Klimastreik in der Goseriede in Hannover

Dort angekommen stellte ich mich an einen Baum. Eine hübsche Göttin mit blonden kurzen Haaren, die mich an Jule erinnerte, blieb mit ihrem Gravelbike neben mir stehen.

»Weißt du, wann die Demo anfängt?«, fragte ich sie.

»Um halb drei eigentlich.«

So sprach ich Johanna an, die begeisterte Radfahrerin. Während wir da standen, las ich in ihren Händen. Ihre Hände sind Element Wasser. Kurze eher gerade Herzlinie. Kurze geschwungene Kopflinie. Gerade Schicksalslinie auf der aktiven Hand, die in der Kopflinie endet. Eine Lebenslinie, die bis zum Handgelenk reicht. Schwielen an den Händen vom Radfahren.

Eigentlich finde ich Johanna attraktiv und habe sie deshalb angesprochen, aber dann sehe ich einen goldenen Ring an ihrem Ringfinger. Wahrscheinlich ist sie verheiratet, denke ich mir. Mein Interesse an Johanna lässt sofort nach.

Als wir eine kurze Gesprächspause hatten und ich auf die Demo schaute, dachte ich an mein Vorhaben: Nicht auf das Ziel konzentrieren. Nicht versuchen, etwas zu erreichen, sondern einfach das Gespräch an sich genießen. Deshalb habe ich das Ziel, mit Johanna im Schlafsack unter den Sternen im Welfengarten zu kuscheln, direkt gestrichen.

Ich habe den Organisatoren der Demo etwas gegeben und wir haben einem Typen erzählt, wie wir von der Demo erfahren haben. Ich erwähnte natürlich die Mülltonne.

Nach der Demo habe ich sie auf einen Kaffee eingeladen. Sie hat zugesagt und wir sind zusammen zu »Coffee Friends« gegangen. Sie fand es cool, dass ich barfuß ging. Sie trägt selbst gerne Barfußschuhe. Auf dem Weg zum Café habe ich einen roten Faden auf dem Boden gesehen. Den habe ich in den Mülleimer geworfen, weil sich Tauben an solchen Fäden verheddern. Das habe ich von Jasmin der Taubenretterin gelernt.

Im Café hat sie ihren entkoffeinierten Latte selbst bezahlt.

»Warum entkoffeiniert?«, frage ich sie.

»Ich bin schwanger«, antwortete sie, und wir setzten uns an einen runden Tisch.

Ich war ein bisschen überrascht. Ich habe mich dann auf den Moment konzentriert, um nicht darüber nachzudenken. Was ich an Johanna faszinierend fand, war, dass sie mit ihrem Mann mit dem Fahrrad in andere Länder reist, und da sie als promovierte Mathematikerin genug Geld verdient, spendet sie für wohltätige Zwecke.

Am liebsten würde sie nach der Promotion in zwei Jahren in die Industrie gehen. Mit der Universität will sie nichts mehr zu tun haben. Reine Mathematik will sie auch nicht machen. Sondern Mathematik anwenden, um die Welt in Sachen Nachhaltigkeit voranzubringen. Am liebsten würde sie sich für gute Radwege in der Stadt und andere Mobilitätsalternativen zum Auto einsetzen. Sie hat mir von einer Alternative erzählt, die in Wedemark als Pilotprojekt ausprobiert wird und Sponti heißt. So etwas wäre auch in Hannover cool.

Nach unserem einstündigen Gespräch musste Johanna zum Stepptanz.

»Ich bleibe noch im Hugendubel und lese ein bisschen«, verabschiedete ich mich auf der Treppe.

»Okay, ich wünsche dir ein schönes Wochenende.«

»Ich habe jeden Tag Wochenende«, grinste ich.

»Ach ja, richtig, du musst ja nicht arbeiten«, lächelte sie zurück. In dem Moment dachte ich, wie gut es mir doch geht. Ich kann machen, was ich will.

Es war cool Johanna begegnet zu sein. Ich habe von ihr gelernt, dass es möglich ist fast an jeden Punkt der Erde mit dem Fahrrad zu kommen. Kein Zug oder Flugzeug ist notwendig. Stadtstrand Hannover 2024

Ich habe mich danach in der Strandbar auf einen Stuhl gesetzt, um meine soziale Batterie aufzuladen. Ein Mann fragte mich nach einem Foto. Ich habe ihm ein Fotoshooting gegeben.

Eine blonde Frau mit ihrer 16-jährigen Tochter aus Leipzig bot mir eine Zigarette an.

»Das sind polnische Zigaretten«, sagte sie und reichte mir eine.

»Ich sterbe doch nicht daran, wenn ich die rauche, oder?«

»Nein, ich glaube nicht«, lachte sie und reichte mir auch das Feuerzeug.

Sie stellte mir viele Fragen dazu, obwohl ich eigentlich nur die Musik genießen wollte. Dann, als unser Gespräch verstummt war, schaute ich in die Menge und wippte mit dem Fuß im Takt der Musik. Ich sah Nina, die Juristin, die zum Bahnhof lief. Und Lis und Paul, mit der Leiter auf der Schulter, gingen auf eine Brücke zu, um Taubeneier zu tauschen.

Auf dem Weg zum Dönerladen sprach mich ein syrischer Flüchtling an und fragte, ob ich ihm Geld geben könnte. Ich kannte den Mann und er kannte mich. Ich habe ihm zwar kein Geld gegeben, aber im Gegensatz zur Bettelmafia war er trotzdem dankbar, dass ich ihm damals Geld gegeben habe. Wir schüttelten uns kräftig die Hände und er nannte mich einen »guten Mann«.

Als ich die Falafelrolle bestellte, kam ein anderer Mann, der deutsch aussah, auf mich zu.

»Ist es nicht kalt barfuß?«, fragte er mich.

»Nein, die Füße sind gut durchblutet«, antwortete ich.

Er erzählte mir von einer Obdachlosen in England, die auch im Winter barfuß unterwegs ist. »Eine nette Frau«, sagte er. Während ich auf meine Falafelrolle wartete, regte er sich bei der Dönerfrau über die Bestellautomaten auf. »Ich will nicht mit einem Automaten sprechen, ich will mit Menschen sprechen«, sagt er.

Nach dem Essen, auf dem Weg nach Hause, spreche ich auf der Rolltreppe eine blonde Göttin an.

»Gehen wir tanzen?«

Sie schaut auf meine Füße. Ihr Gesichtsausdruck verwandelt sich in einen Eckelausdruck.

»Lass mich in Ruhe, ich will nicht mit dir reden«, sagt sie eiskalt.

»Schon gut, es war nur eine Frage«, sage ich und drehe mich von ihr weg.

Nachdem ich am Vahrenwalder Platz aus der Straßenbahn gestiegen bin, habe ich einem Mann geholfen, seinen vollen Einkaufswagen in die Straßenbahn zu schieben. Ich merke, dass ich viel aufmerksamer und hilfsbereiter geworden bin.

Es ist 22 Uhr. Ich liege in meinem Schlafsack. Ich versuche Natalie anzurufen. Ich dachte, morgen ist Wochenende, vielleicht hat sie heute Abend Zeit, mit mir in eine Bar zu gehen. Es klingelt und dann geht die Mailbox an. Egal. Ich bin sowieso müde.

Aus meinem Zimmer hörte ich das Bett von Lara wackeln und Lara stöhnen. Sie hatte wohl heute Besuch. Zum Glück war das Wackeln und Stöhnen nur kurz. Aber irgendwie hat es mich dazu gebracht, an Johanna zu denken, an ihre Leggings und ihr Dekolleté. Kann man eigentlich Sex mit einer Schwangeren haben, fragte ich mich? Ich denke schon, zumindest in der Fantasie und in Pornos ist alles möglich. Ich stellte mir intensiv vor, wie wir uns abends treffen, auf einer Bank sitzen, sie auf meinem Schoß, wir uns küssen. Ich war so erregt, dass ich mir schon bei diesem banalen Gedanken einen runtergeholt habe.

Ich bin heute dankbar:

  • Für die Begegnung und ein Cafédate mit Johanna
  • Für die Begegnung mit Natalie