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WIEDERGEBURT .
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LEBEN:

Ich habe 34 Mal auf die Uhr geschaut und Sarah wieder getroffen

30. Oktober 2023. Um 7.30 Uhr aufgestanden (1x auf die Uhr geschaut). Dann bin ich um 8 Uhr in die Bibliothek gegangen (2x).

Aber als ich vor der Eingangstür stand, las ich: »Heute ist die Bibliothek wegen eines Einbruchs bis auf weiteres geschlossen«.

Wow, dachte ich, okay. Dann chill ich heute in der HanoMacke. Aber ein junger, großer, blonder Mann, der vor der HanoMacke stand, sagte mir, dass die HanoMacke heute komplett zu ist, weil dort auch eingebrochen wurde. Na toll, dachte ich, dann gehe ich nach langer Zeit mal wieder in mein damaliges Lieblingscafé in der Innenstadt, in Kreipes Coffee Time.

Ich holte mir einen koffeinfreien Cappuccino mit Hafermilch und setzte mich in die Ecke an eine Steckdose. Es war der einzige Tisch mit Steckdose, der noch frei war.

Ich bin durch die Stadt und den Welfengarten spaziert. War noch im Café Kopi und habe einen koffeinfreien Capiccino getrunken und dazu Ciabatta mit geräuchertem Saitan gegessen. Dann schnell nach Hause, weil heute die Heizungsleute kommen sollten.

Lina war in der Küche und hat irgendwas gerechnet. Sie hat gesagt, sie ist da und ich kann mein Ding machen. Mir war irgendwie langweilig im Zimmer - vor allem, weil draußen die Sonne schien. Ich bin zur Uni gelaufen. Der HanoMacke und die Bibliothek hatten wieder geöffnet.

Es war schon ziemlich voll, mein Stammschließfach 389 war besetzt. An meinem Stammtisch im vierten Stock saßen zwei Mädchen.

»Hey, ist hier noch was frei?«, frage ich die beiden.

»Ja«, antwortete die eine. Ich setzte mich einer blonden Studentin mit Airpods in den Ohren gegenüber.

Links von mir saß offensichtlich eine Juristin, denn vor ihr lag ein dickes rotes Gesetzbuch. Die andere studierte wohl Medizin. Auf dem Tisch lag ein Buch mit dem Titel »Reproduktionsmedizin beim Pferd«.

Die Ärztin hatte lockiges blondes Haar und schöne blaue Augen, mit denen sie an mir vorbei in die Ferne blickte. An ihrem Finger trug sie einen silbernen Ring mit einem schwarzen Stein. Eine silberne Kette mit einer Blume. Könnte auch ein Atom sein. Ab und zu strich sie sich durchs Haar und schaute auf ihr Tablet oder ihr Handy.

Um 15.50 Uhr steckt sie eine Stempelkarte ein, die auf »bis 16 Uhr« eingestellt ist, und geht.

Es ist 16 Uhr. Ich gehe kurz in den Laden, um etwas zu essen zu kaufen. Als ich zurückkam, traf ich Robert vor dem Eingang mit einer Lunchbox. Wir sind zusammen um den Block gegangen, dann hat er sich zu mir in den vierten Stock gesetzt. Die Ärztin saß noch da und tippte auf ihrem Tablet.

Als ich kurz auf die Toilette wollte, um meine Trinkflasche aufzufüllen, traf ich im Aufzugraum die große blonde Studentin mit dem Muttermal neben der Lippe. Ich hatte sie schon einmal gefragt, ob sie mit mir ausgehen wolle, aber sie lehnte ab. Ich lächelte sie im Vorbeigehen an. Sie lächelte zurück.

Kurz bevor ich auf die Toilette gehen wollte, hörte ich von der Seite: »Ich bin übrigens Sarah«.

Überrascht antwortete ich: »Ich bin Alexander. Ich glaube, wir haben uns noch gar nicht vorgestellt, als du mir einen Korb gegeben hast. Freut mich«, wir schüttelten uns die Hände.

»Ich fand es sehr mutig von dir, wie du mich damals angesprochen hast. Das war überhaupt nicht peinlich oder so.«

»Das fand ich auch. Wenn du es dir mit dem Date anders überlegst, kannst du mich ja googeln«, sagte ich, während sie in den Aufzug stieg.

Mit ihr stieg auch ein dunkelhäutiger Mann ein.

»Ich bin gleich weg. Bist du demnächst hier in der Bibliothek?«, fragte sie.

»Ich bin öfter hier. Dann sehen wir uns bestimmt an den Tagen«, schaffte ich noch zu antworten, bevor sich die Tür schloss.

Mit einem Lächeln im Gesicht ging ich auf die Toilette und behielt es, bis ich wieder am Tisch saß. Das ist mir noch nie passiert, dass eine Frau, die mir einen Korb gegeben hat, ihre Meinung ändert.

Bis 19 Uhr war ich mit Robert in der Bibliothek, dann fuhren wir zusammen nach Hause. Es hat geregnet. Wir gingen zur Christuskirche und fuhren mit dem Bus zum Jahnplatz. Er ist mit mir ausgestiegen und hat mich bis zur Tür begleitet. Er sagte, dass er dann noch bis zur Lister Meile laufen würde. Ich finde es erstaunlich, dass er sich für Minimalismus interessiert und dieselben minimalistischen YouTuber kennt wie ich.

Als ich nach Hause kam, habe ich meine Mails gecheckt und gesehen, dass Mama mich gefragt hat, ob ich heute kommen möchte. Morgen gibt es Kuchen. Ich habe sie angerufen und ihr gesagt, dass ich heute kommen kann. Sie war einverstanden. Mama hat mich mit Julien abgeholt. Sie saß in Juliens Auto und übte nebenbei für ihre Fortbildung zur Pflegedienstleiterin.

Am Ende des Tages habe ich 34 Mal auf die Uhr geschaut. Einige Male waren notwendig, um den Zug nicht zu verpassen, andere Male waren überflüssig, z.B. gleich nach dem Aufstehen. Da ich zu keiner bestimmten Zeit irgendwo hin muss, brauche ich nach dem Aufstehen nicht auf die Uhr zu schauen.

Ich bin gespannt, wie es sich auf mich auswirkt, wenn ich so wenig wie möglich auf die Uhr schaue. Ich kann mir vorstellen, dass ich noch entspannter durchs Leben gehe, dass ich mehr auf die Natur (jetzt ist es hell, dunkel, Nachmittag, Mittag) und auf mein Körpergefühl (jetzt habe ich Hunger) achte, anstatt mir von der Uhrzeit sagen zu lassen, wann ich essen muss (z.B. um 11 Uhr ist Fastenzeit “Frühstück”) oder wann ich aufhören muss zu essen (18 Uhr). Ich denke, dass ich dadurch meine Körpersignale noch besser wahrnehmen werde und mich mehr an den Signalen der Natur orientieren werde und nicht am Ticken meiner Uhr.

Deshalb werde ich ab morgen, wenn ich aufstehe, nicht mehr absichtlich auf die Uhr schauen und auch nicht mehr darauf, wann ich das erste Mal am Tag etwas esse. Ich werde dann zwei »Ich muss jetzt...« vermeiden, nämlich morgens nach dem Aufstehen: »Oh, es ist schon so spät, ich muss in die Bibliothek«. Und »Oh, es ist schon nach 11 Uhr. Ich muss essen«.

Ich hoffe, dass ich weniger auf die Uhr schauen muss, dass ich weniger hetzen und rennen muss, um nichts zu verpassen. Die Dinge werden so kommen, wie sie kommen, und nicht so, wie ich sie zu erzwingen versuche.


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Dieses Tagebuch spiegelt meine persönlichen Gedanken, Gefühle und Erlebnisse wider. Die hier beschriebenen Situationen und Personen basieren auf meinen subjektiven Wahrnehmungen. Um die Privatsphäre aller Beteiligten zu schützen, verwende ich Pseudonyme und verändere oder anonymisiere bestimmte Details. Jegliche Ähnlichkeiten mit realen Personen sind zufällig und unbeabsichtigt. Mein Ziel ist es, meine eigenen Erfahrungen zu reflektieren, ohne die Privatsphäre oder den Ruf anderer zu beeinträchtigen. Sollte sich jemand in meinen Schilderungen wiedererkennen und damit unwohl fühlen, bitte ich um direkte Kontaktaufnahme, damit wir die Situation gemeinsam besprechen können. alexander@fufaev.org

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