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WIEDERGEBURT .
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LEBEN:

Körpersprache live lesen, Mikroausdrücke und Trockentupfen statt Trockenreiben

3. November 2023. In der Conti-Bibliothek, vierter Stock. Ich fühle mich irgendwie erschöpft, ausgelaugt. Meine Augen sind gerötet. Bei HanoMacke habe ich heute nur schwarzen Kaffee getrunken, weil es keine Hafermilch gab.

Ich hatte keine Motivation etwas zu tun, stattdessen habe ich Hotspot eingeschaltet und nach schwarzen Merinosocken ohne Logos gesucht. Ich fand sie und bestellte um halb eins zwei Paar Merinosocken für 17 Euro das Paar in schwarz. Sie werden meine Zehensocken ersetzen, die ich leider nicht so gut finde.

Gerade als ich sie bestellte, ging jemand an den Regalen vorbei. Ich schaute in den Gang und es war die Ärztin, die vor ein paar Tagen mit Robert und mir am Tisch saß. Ich lächelte sie an. Sie lächelte mit einem »Hmm« zurück, sah mich mit ihren blauen Augen an und setzte sich mir gegenüber an meinen Tisch. Ich las gerade ein Buch über Körpersprache und übte an ihr, Körpersprache zu beobachten.

Sie hatte Kopfhörer in den Ohren und trug einen großen schwarzen Pullover, schwarze Hosen, schwarze Socken und weiße Turnschuhe, als ob sie sich mit mir im Partnerlook kleiden wollte, aber keine schwarzen Schuhe hatte. Ihre blonden Haare waren teilweise zu einem Pferdeschwanz mit einem schwarzen Zopf zusammengebunden. Ihr Gesicht war leicht gerötet. Vielleicht war sie gestresst. Sie holte ein Tablet mit einem weißen Stift, ihr Pferdebuch, einen weißen Notizblock mit Blumen darauf, ihre große graue Trinkflasche und überraschenderweise einen Taschenrechner. Dann begann sie auf dem Tablet zu schreiben und zu lesen.

Unter dem schwarzen Pullover trug sie am Hals ein graues Oberteil und eine silberne Kette. Sie trug ein Armband mit silbernen Ringen, einen am Zeigefinger und einen am Mittelfinger. An der anderen Hand trug sie den gleichen Ring am Mittelfinger wie beim letzten Mal, einen silbernen Ring mit einem schwarzen Stein. Sie nahm ihn beim Nachdenken fast ab und steckte ihn dann wieder an. Im Gegensatz zu Anna, die wohl auch gerne Ringe trug, hatte sie keine langen Fingernägel und sie waren auch nicht lackiert. Das gefiel mir.

Es ist schwer zu interpretieren, ob sie mich mag. Denn wenn sie nicht auf ihr Tablet schaut, schaut sie an mir vorbei. Wenn ich sie kurz anschaue, ohne zu starren, schaut sie nicht zurück. Vielleicht denkt sie nach oder ist schüchtern. Jedes Mal, wenn jemand am Gang vorbeigeht, schaut sie in diese Richtung. Ab und zu gähnt sie, genau wie ich.

Sie krempelt einen ihrer Ärmel hoch, schreibt mit einer Hand auf dem Tablet und stützt sich mit der anderen Hand auf ihre Schulter. Wenn sie eine Pause machte, legte sie die Schreibhand mit dem Stift zwischen den Fingern unter ihr Kinn. Wenn ihr Handy vibrierte, schaute sie kurz darauf und widmete sich dann wieder dem Tablet.

Sie las etwas auf dem Tablet, spreizte die Finger einer Hand und schüttelte den Kopf. Irgendwas war wohl nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Dann kratzte sie sich am Kopf und zog den Pullover hoch.

Um 14 Uhr habe ich eine Kaffeepause gemacht. Ich ging zum Netto und holte mir eine Quarktasche, die ich dann während des Kaffees aß. Ich habe mir auch ein Tik Tak geholt, weiß nicht warum. Das war eine spontane Entscheidung. Wahrscheinlich, weil ich dachte, dass ich heute mit der Ärztin plaudern werde.

Ich ging mit dem Kaffee in der Hand an der Mensa vorbei, an der Bibliothek, an den Bänken und schaute mich um. Vielleicht ist die Medizinerin rausgegangen, auch auf der Suche nach mir. Ich konnte sie nicht finden, denn sie saß immer noch oben im vierten Stock, wie ich später feststellte, als ich meine Kaffeepause beendet hatte.

Als ich mich wieder hinsetzte und weiter nach Merinokleidung suchte, kam eine Gruppe Studierender an uns vorbei, was sie dazu veranlasste, sich von der Tafel abzuwenden und sie anzuschauen, als sie schon vorbei waren. Dann schaute sie mir zum ersten Mal für anderthalb Sekunden direkt in die Augen und lächelte. Ich lächelte zurück. Ihre hellblauen Augen, in denen sich das Licht der grauen Wolken spiegelte, waren wie zwei kleine Diamanten. Ohne ihr Lächeln wäre ich vor diesen eisigen Augen fast erfroren.

Wir arbeiteten weiter. Sie legte den Kopf in den Nacken und hob das Gesicht zur Decke. Was hatte das zu bedeuten? Dann stand sie auf, nahm ihr Handy, ich sah sie an, wir sahen uns wieder an, lächelten uns an und sie ging mit dem Handy weg.

Um 14.50 Uhr war sie wieder da. Also 10 Minuten später. Sie legte die Arme mit den Ellbogen auf den Tisch und tippte etwas auf dem Handy, wobei sie waagerecht blickte. Dann schaute sie zur Seite und las wohl etwas auf dem Handy. Meine Güte, ich konnte mich gar nicht mehr auf die Merinowolle konzentrieren. Je mehr ich ihre Körpersprache beobachtete, desto aufgeregter wurde ich.

Ich war kurz auf der Toilette und sah, dass ihre Beine übereinandergeschlagen waren. Ich bemerkte auch, dass auf der Außenseite ihrer Hand etwas war, als hätte sie etwas darauf geschrieben und es dann verschmiert.

Sie tippte etwas auf ihrem Taschenrechner, vielleicht wollte sie Pferdezubehör kaufen und die Preise ausrechnen? So wie Laura damals. Sie nahm einen Zettel in die eine Hand, schaute sich um, bewegte die Lippen, als würde sie etwas flüstern, und legte den Zettel wieder zurück. In der anderen Hand hielt sie ihr Handy. Ich weiß nicht, ob sie nachdachte oder nur so tat.

Es war schon 16.30 Uhr und wir hatten bis jetzt keinen Blickkontakt mehr. Ab und zu spielte sie mit ihren Haaren und wickelte sie um ihren Finger, aber sonst passierte nichts Besonderes.

Ich beschließe nun, bis 17:20 Uhr zu bleiben. Wenn wir bis dahin intensiven Blickkontakt haben, frage ich sie, wie lange sie noch bleiben will.

Es ist jetzt 17:15, in fünf Minuten. Ich gehe. Und vielleicht warte ich draußen noch kurz auf die Medizinerin. Denn wenn sie mich mag, wird sie mir wahrscheinlich folgen. Sie hat mich kurz angeschaut und angelächelt.

Es ist 17.20 Uhr und ich will noch nicht gehen. Ich warte noch fünf Minuten. Dann packe ich langsam und wenn sie mich beim Packen anschaut.

Es war 17.23 Uhr, ich stand auf und begann langsam zu packen. Jetzt schaute ich zu viel auf die Uhr. Dabei habe ich ab und zu zu ihr geschaut, ob sie reagiert. Sie konzentrierte sich noch mehr auf das Tablet. Aber als ich alles gepackt hatte und gehen wollte, hob sie den Kopf und sagte Tschüss. Das war ein Zeichen.

Ich ging auf sie zu. Sie bemerkte mich. Ich lehnte mich zu ihr an den Tisch.

»Hey! Wie lange lernst du noch?«

»Noch lange, ich habe nächsten Monat Staatsexamen und die Reproduktion macht mir gerade zu schaffen.«

»Ich habe mich schon gewundert, warum du die Fortpflanzung von Pferden studierst. Ich nehme an, dass du Medizin studierst?«

»Ja, Medizin. Und was studierst du?«

»Ich habe Physik studiert. Jetzt nicht mehr.«

»Ähm Physik? Klingt spannend«, sagte sie und war nicht wirklich begeistert.

Wir sahen uns tief in die Augen und eine kurze Pause entstand.

»Was ich dich eigentlich fragen wollte: Hast du Lust, nach deinem Staatsexamen mit mir auszugehen?«

»Das ist lieb von dir, aber leider habe ich einen Freund.«

»Schade. Ich habe mich nämlich die ganze Zeit gefragt, ob du Interesse hast oder nicht. Du hast mich ab und zu angelächelt, aber meistens hast du an mir vorbeigeguckt. Da wusste ich nicht, ob ich dich ansprechen soll oder nicht.«

»Oh, das ist süß. Wir sehen uns bestimmt in der Bibliothek wieder.«

»Auf jeden Fall! Wir können uns auch ohne Date auf einen Kaffee treffen. Du kannst mich einfach googeln. Fufaev. F. U. F. A. E. V. Du kannst mir gerne eine E-Mail schreiben. Dann können wir zusammen einen Kaffee trinken. Aber denk dran: Es ist kein Date!«

Sie kicherte leise.

»Machs gut«, winkte ich ihr zu und ging.

Erst als ich aus der Bibliothek kam, merkte ich, dass ich gar nicht nach ihrem Namen gefragt hatte. Ich war überhaupt nicht traurig, dass sie vergeben war. Vielleicht war es sogar besser so, denn es wäre blöd, wenn Anna sich wirklich für mich interessiert und einfach noch keine Zeit für mich hat. Aber ich fände es cool, mit einer Ärztin befreundet zu sein. Sie schien ja ganz nett zu sein und von ihr könnte ich bestimmt noch einiges über Medizin lernen.

Ich kaufte noch bei Netto Sojabohnen in Dosen, Erbsen, Salat und Erdnussbutter, einen Apfel und eine Banane und fuhr mit dem Bus nach Hause.

Zu Hause habe ich mir die Haare gewaschen, weil sie sehr fettig waren. Ich vergaß, dass ich kein heißes Wasser nehmen wollte und wusch mir damit auch das Gesicht. Danach hatte ich so viele Schuppen im Bart. Das war schrecklich. Ich habe recherchiert und herausgefunden, dass auch kaltes Wasser dem Körper Fett entzieht. Warmes Wasser aber noch mehr.

Nebenbei bin ich auf eine Gewohnheit gestoßen, die ich falsch gemacht habe. Ich rubbelte meine Haare und mein Gesicht trocken. Das ist ein fataler Fehler, denn nach dem Kontakt mit Wasser sind Haare und Haut empfindlicher. Stattdessen sollte ich mich trocken tupfen. Das werde ich mir angewöhnen.

Dann kam mir eine geniale Idee: Was wäre, wenn ich mich gar nicht abtrocknen würde? Ich könnte zum Beispiel mein T-Shirt direkt über den nassen Oberkörper ziehen oder den Oberkörper an der Luft trocknen lassen. Ich dusche sowieso sehr selten. Das hätte den Vorteil, dass ich nicht auf mein Handtuch angewiesen wäre, und es würde mein derzeit größtes Problem in Sachen Minimalismus lösen: nämlich den Geruch, der sich nach mehrmaligem Gebrauch schnell auf dem Handtuch entwickelt. Um den Geruch loszuwerden, muss ich viel Natron verschwenden. Mit dieser Idee bräuchte ich kein Handtuch mehr. Die Frage ist nur: Welche gesundheitlichen Folgen hätte es für mich, wenn ich diese Idee umsetzen würde?

Dann machte ich Salat für morgen und für heute. Dann aß ich den Salat und hörte mir die Reichtumsaffirmation von Bodo Schäfer an. Dann habe ich Erdnussbutter gegessen und mir Videos über Mikroausdrücke angeschaut. Ich möchte nämlich lernen, Menschen besser zu lesen, sie besser zu verstehen. Das wird mir später in Beziehungen und mit Frauen helfen.


Learning: Ich sollte meine Haare und meine Haut trocken tupfen, anstatt sie trocken zu rubbeln, um zu versuchen, meinen Haarausfall zu verringern.
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