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WIEDERGEBURT .
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LEBEN:

Regnerisches Conti-Campus Sommerfest

29. Juni 2023. Der Regen prasselte unaufhörlich nieder. Die meisten Studenten flüchteten unter nahegelegene Dächer oder suchten Schutz in den Gebäuden. Da war dieser Mann, mit einer Bierflasche in der Hand, der sich zur Bühne drehte und im Takt mit den Schultern wippte. Und dann war da noch ich. Mit einem Rucksack auf den Schultern, in schwarzen Jeans und Regenjacke, tanzte ich auf der Wiese vor der Bühne zu Billie Jean von Michael Jackson. Das Conti-Campus Fest war vor einer Stunde gestartet, doch ich plante, nur kurz zu bleiben, um den Tag produktiv zu nutzen.

Als der Regen nachließ, füllte sich der Platz rasch. Ich machte eine kurze Pause auf einer etwas nassen Bank. Eine Studentin hinter mir stupste mich an der Schulter an. Ich drehte mich um. Sie reichte mir eine komplett weiße, schlanke Zigarette. Ich nahm sie, setzte sie an meine Lippen und beugte mich mit dem Rücken zu ihr, damit sie sie anzünden konnte.

»Danke. Du kannst wohl meine Gedanken lesen«, sagte ich und zog an der Zigarette.

»Du bist doch der Typ, der das letzte Mal so krass abgegangen ist, oder?«

»Ja, wahrscheinlich meinst du mich«, erwiderte ich, den Rauch aus der Nase pustend.

Ich drehte mich wieder um und rauchte weiter, beobachtete, wie die Tanzfläche sich langsam füllte. Jemand setzte sich direkt hinter mir. Ich drehte mich um und erstarrte. Ein seltsames Nervenflattern durchzog mich. Es war die rothaarige Märchenfrau, die ich einst in der Cafeteria angesprochen hatte. Ich wandte den Blick ab und dachte daran, wie bezaubernd sie war. Schade, dass sie vergeben war, dachte ich.

Ich holte mein Handy heraus, öffnete meine Banking-App, dann die Trading-App, dann WhatsApp. Es gab nichts Neues. Dann landete ich noch bei Bumble. Ich hatte eine Nachricht von Gaby, einer zwanzigjährigen Moldawierin mit braunen Augen und schwarzem Haar. Nicht unbedingt mein typischer Geschmack. Ihr Kleidungsstil auf den Fotos wirkte extravagant, so wie ich es mir bei einer Osteuropäerin vorstellte. Nicht unbedingt mein Stil, aber ihr makelloses, wunderschönes, symmetrisches Gesicht faszinierte mich. In den Nachrichten kam sie empathisch, aber auch sehr direkt rüber. Ihr Charakter erinnerte mich ein wenig an Viola. Zumindest kam es mir so vor, als wir ein paar Sprachnachrichten austauschten. Sie studierte an der Leibniz Universität und stimmte einem baldigen Date mit mir zu.

Ich stand auf. Mein Blick traf sich mit dem Blick der Märchenfrau. Wir sagten fast gleichzeitig »Hi« und lächelten uns an. Ihr Lächeln wärmte mein Herz. Die funkelnden hellbraunen Augen behielten noch eine Weile einen Platz in meinen Gedanken. Ich ging fort.

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