Alexander Fufaev
Ich heiße Alexander FufaeV und hier schreibe ich über:

24. Mai 2024: Barfuß Stadttauben retten, die häkelnde Kira und Thalea die LSD-Göttin

24. Mai 2024. Ich bin um 6 Uhr aufgewacht. Ich konnte die Nacht draußen durchschlafen, aber ich fühlte mich noch müde. Deshalb habe ich noch zwei Stunden oben in meinem Zimmer geschlafen. Nach dem Aufstehen habe ich ein paar Tomaten gegessen und bin dann barfuß in die Stadt gegangen.

Auf dem Bahnsteig am Vahrenwalder Platz ging ein Mann mit nacktem Oberkörper, Tattoos und einem Bucket Hat auf dem Kopf, als wäre er ein Gangster-Rapper. Er geht den Bahnsteig entlang. Bleibt kurz stehen und zeigt mit geballten Fäusten seinen Bizeps nach oben. Dabei zeigt er seine goldenen Zähne. Die wartenden Menschen auf dem gegenüberliegenden Gleis gucken skeptisch. Ich muss dagegen lachen. Ein oberkörperfreier Möchtegern-Rapper und dann noch ein schwarz gekleideter Mann barfuß. Hannover wird Berlin.

In der Stadt habe ich mir einen Erdbeerfrapino zum Mitnehmen gegönnt, weil ich noch eine Stunde Zeit bis zum Treffen mit Jasmin hatte. Und dann bin ich barfuß durch die Innenstadt gelaufen. Einem netten Mann auf der Straße, der mich herzlich anlächelte, gab ich zwei Euro. Er wünschte mir einen schönen Tag.

Am Hudendubel habe ich Anna angesprochen. Ihre wunderschönen blauen Augen und ihre Stupsnase mit dem goldenen Nasenpiercing haben mich verzaubert, als sie mich im Vorbeigehen ansah. Sie suchte nach einer Geburtstagskarte für eine Freundin, die Einhörner mag. Ich habe ihr geholfen, eine passende Geburtstagskarte zu finden. Ein Date wollte sie nicht, weil sie vergeben ist und ihr Mann eifersüchtig wäre, wenn sie sich mit einem Mann anfreunden würde.

Vor der Statue am Bahnhof liegt ein großer, dunkelhäutiger Mann auf der Treppe. Ich kenne ihn. Er ist obdachlos und geht immer um den Bahnhof herum, hält den Passanten eine offene Hand hin und klimpert mit den Münzen darin. Er spricht dabei nicht. Er schien tief zu schlafen. Doch ab und zu bewegt er sich. Einige Passanten bleiben stehen und fragen sich, ob er noch lebt. Ich stelle mich daneben und sage, dass er nur schläft. Auch Johanna ist mit ihrem Koffer stehen geblieben. Sie hat schöne rote Haare und Sommersprossen im Gesicht. Sie hat mich an meine damalige Liebe Mara erinnert. Ich wollte mit ihr ein Date, aber sie hat kein Interesse.

Nach dem Gespräch mit Johanna war es Zeit, zum Raschplatz zu gehen. Ich versuche, Jasmin anzurufen. Niemand geht ran. Ich bekomme eine SMS, dass wir uns am Eingang der Oststadtbibliothek treffen sollen.

Als ich die Straße zum Pavillon überquere, sehe ich zwei Menschen, die zu warten scheinen. Vielleicht hat Jasmin jemanden mitgenommen, denke ich. Als ich näher komme, sehe ich, dass es die Freundin von Mara der Taubenretterin ist. Die andere Frau muss Jasmin sein.

Als ich dort ankomme und »Hi« sage, reagiert die Freundin von Mara gereizt.

»Hi, ich bin Alexander«, stelle ich mich vor.

»Ich bin Elli«, stellt sie die brünette Frau vor, von der ich dachte, dass es Jasmin war.

Ich schaue die Freundin von Mara an.

»Nein, nein. Ich wusste nicht, dass du das bist...«, schmollt sie und geht irgendwohin.

»Jasmin warte doch. Warum reagierst du so?«, frage ich, weil ich total verwirrt bin, warum sie so reagiert. Ich weiß nicht, was Mara die Taubenretterin damals von mir erzählt hat. Scheinbar nichts Gutes.

»Ich kenne deine Masche«, und geht noch weiter. Elli wundert sich und schaut verwundert.

»Warte doch. Ich verstehe es nicht, was habe ich genau verbrochen?«, laufe ich vor sie, »Ich nutze keine Datingapps, deshalb spreche ich schöne Frauen wie dich und Mara an. Wo ist das Problem? Mara hat sich damals nach unserem Date nie wieder gemeldet. Soll ich jetzt in eine Depression verfallen und nie wieder auf neue Frauen zugehen?«.

Sie schaute mich an und war still.

»Ich habe mich für die Taubenrettung bei dir gemeldet nicht weil ich an Mara oder dich auf diese Weise nochmal treffen wollte. Ich wollte nur mal etwas Ehrenamtliches ausprobieren. Und ich verspreche dir, dass ich mich dran halte. Ich weiß, dass du vergeben bist.«

Sie schien mich verstanden zu haben, denn danach war sie beruhigt und wir schauten uns den ersten Taubenschwarm gleich nebenan genauer an. Dazu streute Jasmin Körner auf den Boden. Eine mutige Taube kam. Dann der ganze Schwarm.

Jasmin hat uns erzählt, dass Tauben in Schwärmen leben und ihren Brutplatz nie verlassen, sie hat uns den Unterschied zwischen Ringeltauben und Jungtauben erklärt und vieles mehr über die Stadttauben. In diesem Schwarm fanden wir keine verletzten Tauben.

Ein weiterer Taubenschwarm befand sich hinter dem Bahnhofsausgang. Diese waren anscheinend schon satt und konnten nicht mehr mit Körnern angelockt werden. Hier lebte auch eine verletzte Taube, die so scheu war, dass Jasmin sie nicht fangen konnte.

Weiter die Rundestraße entlang hielten wir an der Fernroder Straße unter dem Dach eines Parkplatzes. Dort befand sich ein weiterer Taubenschwarm. Auch hier schienen die Tauben schon satt zu sein. Doch dann bemerkte Elli eine Babytaube, die anscheinend aus dem Nest über der Straße gefallen war und sich wie eine Überlebenskünstlerin an den Straßenrand gesetzt hatte. Die arme Taube konnte nicht richtig laufen, geschweige denn fliegen. Wir haben sie in eine Stofftüte für den Transport reingtan. Sie wird dann später in die Aufnahmestation gebracht, wo sie von einer ehrenamtlichen Tierärztin begutachtet und behandelt wird. Taubenbaby gerettet in Hannover

Ich habe gespürt, dass Jasmin jetzt endlich verstanden hat, dass ich an der Taubenrettung und nicht an ihr interessiert war. Sie schien jetzt noch lockerer zu sein.

Wir gehen weiter unter der Brücke entlang der Fernroder Straße und halten am Enst-August-Platz. Zwei Männer sitzen auf einem Stein und scheinen die Tauben mit Brot zu füttern.

»Schon wieder«, ärgert sich Jasmin, geht hin und scheucht die Tauben vom Brot weg. Die Männer schauen skeptisch auf die wütende Jasmin, die wieder zu Elli läuft, wo andere Tauben Körner fressen.

Ich gehe kurz zu den Männern und sage: »Hey Jungs, man darf die Tauben nicht mit Brot füttern. Davon bekommen sie Durchfall und werden dann nur drei statt 15 Jahre alt«, erkläre ich ihnen. Die beiden können offenbar kein Deutsch. Sie zeigen auf die ältere Frau, die neben ihnen sitzt.

»Oh, das wusste ich nicht. Tut mir leid«, entschuldigt sich die Frau.

Jasmin und Elli sahen mich von weitem an. Ich ging wieder zu ihnen.

»So. Jetzt weiß die Frau Bescheid«, erklärte ich.

»Gut gemacht«, sagte Jasmin.

»Elli, könntest du die Jungtaube zur Aufnahmestation bringen?«, fragte Jasmin. Elli verließ uns und ich folgte Jasmin entlang der Luisenstraße weiter. Wir schauten uns den Taubenschwarm am Kröpcke an. Auf der Karmarschstraße wurden wir von einem alten Obdachlosen vollgequatscht, den Jasmin kannte. Er war ganz nett. Erzählte aber interessanten Mist: Kiffen ist für Erwachsene gesund, weshalb er das macht. Aber für Jugendliche nicht.

»Sag mal Jasmin, warum sagst du immer Freund und nicht Freundin. Mara ist doch eine Frau oder nicht?«, fragte ich sie als wir auf dem Weg zum Denkmal der Göttinger Sieben gingen, wo ein anderer Taubenschwarm lebte.

»Ich bin nicht mit Mara zusammen. Ich bin mit einem Mann zusammen. Das hat Mara nur so gesagt.«

Jetzt habe ich alles verstanden. Da habe ich gemerkt, dass es gut war, dass Mara sich nicht bei mir gemeldet hat. Sie hat nicht nur Jasmin etwas erzählt, was bei ihr anscheinend einen schlechten Eindruck von mir hinterlassen hat, sondern auch mich getäuscht. Taubenschwarm am Platz der Göttinger Sieben in Hannover

Wir stehen vor dem Denkmal der Göttinger Sieben, Jasmin streut Körner und wir schauen uns die Tauben an, die Körner picken, ob sie Verletzungen haben oder ob ihre Beine verschnürt sind.

»Was machst du eigentlich, wenn du keine Tauben rettest?«, frage ich sie.

»Ich bin Grundschullehrerin und du?«

»Gute Frage«, erzählte ich ihr, dass ich nicht arbeite, sondern passiv Geld verdiene und dadurch Zeit für alles Mögliche habe.

»Ich wünschte, ich hätte diese Freiheit auch. Dann würde ich den ganzen Tag nur Tauben retten«, sagte sie.

»Du kannst dir diesen Traum erfüllen. Wie wäre es, wenn...«

»Jetzt psst«, unterbracht mich Jasmin und schlich sich wie eine Katze mit dem Kescher an eine auffällige Taube heran. Ich stand wie erstarrt. Mit einem schnellen Schwung des Keschers von oben nach unten hat sie die Taube gefangen.

Wir nahmen ein Video für die WhatsApp-Gruppe auf, damit die erfahrenen Taubenretter und Veterinärstudenten direkt zuschauen konnten. Dann steckten wir die Taube in den Stoffbeutel und Jasmin streute ein paar Körner rein und ich trug die Taube die ganze Zeit in meinen Händen. Sie war sehr ruhig.

Auf dem Holzmarkt in der Altstadt gab es einen weiteren Schwarm. Die Leute im Café nebenan beobachteten uns.

»Fangt ihr die zum Grillen?«, fragten zwei Männer, die an uns vorbeigingen.

Ich musste lachen. Jasmin schien das gar nicht lustig zu finden.

»Kann man sie essen?«, fragte ein Mann, der auf den Stufen des Holzmarktbrunnens saß und uns beobachtete.

»Die Frage ist so ausgeluscht«, reagierte Jasmin sofort genervt.

»Ja, man kann vieles essen«, kommentierte ich.

»Auch Menschen«, ergänzte Jasmin.

Der Mann wurde leise und beobachtete unser Vorgehen. Hier hat Jasmin eine weitere auffällige Taube gefangen, deren Zehen scheinbar bald abfallen werden. Danach gaben wir noch ein paar Flyer den Leuten im Café und gingen dann weiter entlang der Burgstraße und blieben in der Nähe des Teestübchens stehen. Hier fanden wir eine Taube, deren beide Beine verschnürt waren. Wir haben sie von den Fäden an den Füßen befreit.

An der Marktkirche war unsere Taubenrettungstour zu Ende. Wir verabschiedeten uns. Auf dem Weg zur Stadtmitte lernte ich Kira kennen, die während des Gehens gehäkelt hat. Das hat mich so fasziniert, dass eine Göttin am Häkeln und nicht am Handy war, dass ich sie ansprechen musste. Leider hat sie einen Freund und er fände es nicht gut, wenn sie mit einem anderen Mann befreundet wäre.

Ich schlendere zum Conti-Campus, hole mir bei HanoMacke eine Fritz Limo und lege mich ins Gras. Ich schaue in den Himmel und denke, wie schön es ist, barfuß zu sein. So frei. Ich will keine Schuhe tragen.

Nach der Pause bin ich zurück in die Stadt gegangen. Unterwegs hat mich ein älterer Mann gefragt, ob mir nicht kalt sei, barfuß. »Nein, überhaupt nicht«, antwortete ich und ging weiter zum Zug.

»Hast du keine Angst vor Glasscherben?«, kommentierte ein Mann, der an mir vorbeiging.

»Nein, die Glasscherben haben Angst vor meinem Fuß«, scherzte ich.

Der Mann lachte.

Auf dem Weg zum Zug versuchte ich, Nina anzurufen. Sie geht nicht ran. Dann rief ich Lena an. Sie geht auch nicht ran. Ich fände es schade, wenn Lena auch den Kontakt abbrechen würde. Ich mag ihre spirituelle Art.

Ich war auf dem Weg nach Borsum zum Familienessen. Während der Fahrt fing es an zu regnen. Als ich in Harsum ankam, hörte der Regen auf. Auf dem Parkplatz standen Dascha und Tobi. Sie haben mich abgeholt. Inzwischen haben sie gemerkt, dass ich das mit dem Barfußlaufen ernst meine und nicht trolle.

Mama hat leckeren Plov gemacht. Nach dem Familienessen mit Dascha, Laura, Tobi und Mama wurde ich von Dascha und Tobi in Hildesheim auf der Marienburger Straße abgesetzt. Ich habe nämlich heute eine WG-Besichtigung.

Nach der Besichtigung der WG und dem Kennenlernen der WG-Bewohnerin Elli bin ich zur Bushaltestelle gegangen. Es fuhr kein Bus zum Hauptbahnhof Hildesheim. Ich habe eine junge Göttin gefragt, ob sie mir helfen kann, wie ich am schnellsten zum Hildesheimer Hauptbahnhof komme. Da ich nach Hannover wollte, empfahl sie mir, zum Ostbahnhof zu laufen. Der ist nur 10 Minuten zu Fuß entfernt. Von dort fährt der erixx direkt nach Hannover. Sie hat mir den Weg auf Google Maps gezeigt. Den habe ich mir gemerkt und bin losgelaufen. Da sieht man, dass man als Minimalist auch ohne mobiles Internet auskommt. So fragt man oldschool Leute nach dem Weg und kommt mit ihnen in Kontakt. Hildesheim Ostbahnhof

In Hannover angekommen, will ich mich kurz umsehen, ob ich spontan eine Göttin finde, die mit mir ins Kino geht. Ich schlendere über die Niki-Promenade in Richtung Kröpcke. Plötzlich überholt mich eine große blonde Göttin. Für einen kurzen Moment spüre ich eine unerklärliche Anziehungskraft. Ich blicke auf ihren schlanken Hintern in der braunen Jeans, der einen Meter vor mir hin und her wackelt. Sie überkreuzt ihre Beine beim Gehen, als wäre sie ein Model. Was für ein sexy Gang, denke ich und hole sie von rechts ein. Sie ist mindestens einen Kopf größer als ich. Ich winke ihr zu, während sie in die andere Richtung auf die Schaufenster schaut. Sie hat Kopfhörer in den Ohren. Mit Kabel, das gefällt mir.

Sie bemerkt mich und zuckt zusammen.

»Oh sorry, ich wollte dich nicht erschrecken.«, sage ich und forme dabei ein trauriges mitfühlendes Gesicht.

Sie beruhigt sich. Ich lächle sie an.

»Du hast mich aber auch ganz schön erschreckt«, führe ich fort und halte meine Hand an die Brust. »Ich ging gerade die ganze Zeit hinter dir und mir ist aufgefallen, dass du wie ein Model gehst.«, sagte ich und zeigte wie sie ging.

Sie lacht.

»Ich will mir heute einen Film ansehen und suche jemanden, der spontan mit mir ins Kino geht. Kommst du mit?«

»Puh, das ist mir zu spontan. Ich bin gerade auf dem Weg zu meinem Freund.«

»Ach so. Ich heiße Alexander und wie heißt du?«, halte ich ihr meine Hand hin.

»Thalea«, schüttelte sie meine Hand, »aber ich muss jetzt wirklich weiter.«

»Ich will dich nicht lange aufhalten, aber du hast eine kalte Hand«, stellte ich fest. »Ich vermute, du hast eine Wasser- oder eine Lufthand.«

»Was? Du kannst Handlesen?«, fragte sie mich neugierig und ich merkte, dass ich mit meinem Satz ins Schwarze getroffen hatte. Anscheinend hatte ich etwas angesprochen, das sie interessierte.

»Ja, lass mal schauen, was für eine Persönlichkeit du bist«, fragte ich sie nach ihrer Hand.

Sie streckte mir ihre aktive Hand entgegen. »Ich muss mir beide Hände von dir anschauen.«

Sie drehte ihren Körper zu mir, und ich schaute nacheinander zuerst ihre aktive Hand, dann die passive und schließlich beide Hände an. Ihre Haut war pergamentartig, aber auch etwas seidig.

»Du hast Lufthände«, sage ich und erkläre, dass sie wohl eher ein Kopfmensch ist. Ihr Apollofinger ist an der passiven Hand auffallend kurz und an der aktiven Hand lang. So etwas habe ich noch nie gesehen.

»Deine aktive Hand verrät, dass du dich gerne kreativ austobst, vielleicht bist du künstlerisch tätig«. Ich nahm ihre passive Hand in meine.

»Das stimmt. Ich bin künstlerisch und musikalisch aktiv«.

»Aber schau mal. Dein Ringfinger an dieser Hand ist sehr kurz«, sagte ich und strich mit meinen Fingern über ihren Ringfinger.

»Was bedeutet das?«, fragte sie neugierig.

»So einen Längenunterschied habe ich noch nie gesehen. Offenbar hat man dir in deiner Kindheit verwehrt, deine kreative Ader auszuleben.«

Ich betrachtete ihre Kopflinie auf beiden Händen. Beide waren gerade. »Oder es ist nicht deine wahre Bestimmung, künstlerisch tätig zu sein«, schloss ich aus der geraden Kopflinie, dass sie ein eher logisch denkender Mensch sein könnte.

»Das stimmt nicht. Wenn ich könnte, würde ich meine ganze Zeit der Kunst widmen«, ihr Gesicht wurde etwas traurig, »aber leider muss man ja auch Geld verdienen«.

»Ich weiß genau, wie du dich fühlst. Was machst du denn?«

»Ich helfe im Familienbetrieb aus. Wir stellen fluoridfreie Zahnpasta her.«

Wir kamen ins Gespräch über das Spirituelle und die Erdung durch das Barfußlaufen.

»Rauchst du?«, fragte sie mich.

Ich war etwas verwirrt. »Was? Wie kommst du denn darauf?«

Sie erzählte von ihren Erfahrungen mit LSD und dass diese Droge ganz anders wirkt als die üblichen Drogen. Es bringt einen auf eine höhere Bewusstseinsebene. Nach ihrer LSD-Erfahrung sah sie die Menschen so positiv und erkannte, wie wichtig die Füße und die Verbindung zur Erde sind. Ich fand das so spannend, dass sie das Phänomen der Erdung kannte.

Ich höre nur zu und staune. Sie raucht Gras und hat sogar schon Pilze genommen, dabei sieht sie so normal aus. Aber in Wirklichkeit scheint sie die größte Drogenexpertin zu sein, die man sich vorstellen kann.

Wir gehen zum Kiosk nebenan, um Tabak zum Rauchen zu kaufen.

»Ah, grün ist also deine Lieblingsfarbe?«, frage ich sie, nachdem sie sich ein grünes Feuerzeug ausgesucht hat.

»Ja, ein leuchtendes Grün. Das würde ich am liebsten tragen, aber es fällt auf«, sagte sie, als wir die Treppe von der Niki-Promenade zur Kröpcke-Uhr hinaufstiegen. Sie schaute auf die Uhr. »Nagut, ich rauche eine mit dir«, fuhr sie fort.

Am Himmel türmten sich dunkle Wolken. Wir setzten uns auf die Stufen der Kröpcke-Uhr. Sie gab mir das Zeug zum Drehen. »Ich kann nicht drehen«, sagte ich. Sie drehte mir auch eine Zigarette.

»Wo bekommt man LSD? Im Darknet?« fragte ich sie neugierig.

»Ja, kennst du dich damit aus?«

»Ein bisschen, du brauchst ein VPN.«

Sie sagte, sie wisse nichts über die neuen Technologien wie Bitcoins und so.

»Ich bringe es dir bei«, sagte ich, »aber zuerst müssen wir dafür sorgen, dass du von deiner Kunst leben kannst«, schlug ich vor.

Ich finde ihre Persönlichkeit so einzigartig und aufregend. Wenn wir eine tiefe Freundschaft aufbauen könnten, würde ich ihr gerne helfen, ihre Leidenschaft zu Geld zu machen.

»Ich merke, wie ich ohne LSD in eine höhere Bewusstseinsebene gelange«, spüre ich, wie sich mein Kopf nach jedem weiteren Zug vernebelt. Thalea lacht. Ich lasse meinen Blick in Thaleas Augen nicht los. Meine Augen kleben an ihren.

Der Regen wurde stärker und zwang uns, die Treppe hinunter zur Niki-Promenade zu gehen, wo wir unter einem Glasdach weiter rauchten. Wir setzten unser Gespräch fort. Über die Waldorfschule, über das Doppelspaltexperiment und die Quantenverschränkung, über kleine schwarze Löcher, die im CERN erzeugt werden, über Veganismus und Kapitalismus, über Tattoos, die sie sich von ihren Freunden stechen lassen.

»Ti takaja krasivaja devuschka«, sagte ich, als wir kurz darauf auf meine Herkunft zu sprechen kamen.

»Ja ne ponemaju«, antwortete sie. Das war der einzige Satz, den sie auf Russisch kannte.

Thalea’s exotische Persönlichkeit hat mir so gefallen, dass ich doch nach Kontaktdaten gefragt habe, obwohl ich mir vorgenommen habe, das nicht zu tun. Sie wollte sich auch erst nicht connecten. Erst als ich ihr erwähnt habe, dass ich ein öffentliches Tagebuch führe, wollte sie zumindest meine Website wissen.

»Ich gehe kurz zu einem Freund und mache dann zu Hause mit meiner Kunst weiter. Und du kannst weiter jemanden suchen, mit dem du ins Kino gehen kannst«, sagt sie kurz vor Ende unseres Gesprächs.

Ich schaue auf die Uhr: »Der Film hat schon angefangen. und meine soziale Batterie ist leer. Ich fahre nach Hause und lade sie wieder auf.«

Wir sprachen kurz darüber, dass wir beide introvertiert sind und Batterien aufladen müssen, aber auch eine extrovertierte Ader haben.

»Der Film läuft fast jeden Tag, also können wir ihn morgen zusammen anschauen«, sagte ich.

»Aber nur, wenn du das Tagebuch von heute fertig hast.« Sie zuckte mit dem Smartphone. »Hast du Instagram?«

»Als Minimalist habe ich das nicht, ich habe nicht einmal WhatsApp. Ich kann dir eine Email-Adresse anbieten.«

»Dann schreib mal auf, deine Email.«

»Ich habe keinen Stift und kein Papier.«

»Aber hast du ein Handy?«

»Ja«, sagte ich und holte mein Smartphone aus dem Rucksack.

»Dann zeig mal deine Website.«

Ich tippte meine website in den Browser meines Handys ein.

»Oh, ups. Ich habe ganz vergessen, dass ich als Minimalist kein mobiles Internet habe«, sage ich lachend.

»Ich gebe dir einfach meine E-Mail-Adresse und du schickst mir deine Website.«

Ich notierte ihre E-Mail-Adresse.

»Wie schreibt man eigentlich deinen Namen? Thalia? Wie die Buchhandlung?«

»Ja, aber mit e.«, sie buchstabierte ihren Vornamen, »T. h a l e a.«

»T h a l. i. e?«, buchstabierte ich und natürlich falsch. Sie diktierte mir ihren Namen nochmal. Wir lachten, weil ich es mehrmals nicht gecheckt habe.

So lernte ich Thalea kennen. Wir verabschiedeten uns mit einer Umarmung und ich fuhr nach Hause.

Ich bin heute dankbar:

  • Für den superleckeren Plov von Mama.
  • Für die Begegnung mit Thalea der LSD-Göttin.
  • Für die Begegnung mit der häkelnden Kira.
  • Für die hilfsbereite Göttin, die mir den Weg zum Ostbahnhof gezeigt hat.