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WIEDERGEBURT .
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LEBEN:

Brotdose aus Titan statt Glas, Wissen über Wind, Julia die große Sonderpädagogin und Kino: Civil War

24. April 2024. Ich bin zum Campus gelaufen. Es war grau und kalt. Ich stehe unter dem Dach und trinke Kaffee, während es nieselt. Ich frage mich, was das für ein Vogel ist, den ich hier oft sehe und der so aussieht wie das Design meiner Website. Goldoranger Schnabel und sonst ganz schwarz.

Im Fahrstuhl habe ich eine sehr große Studentin getroffen. Wir sind zusammen in den Aufzug gestiegen. Sie hat mich angelächelt. Mehrmals. Ihr glattes, schulterlanges blondes Haar strich sie hinter ihre hübsch abstehenden Ohren. Das war die heiße Studentin, die ich damals in der Mensa ansprechen wollte. Sie war mit ihren Freundinnen da und hatte eine kleine Colaflasche neben ihrem Tablett stehen.

»Ich merke gerade, wie mein Herzschlag schneller wird«, sagte ich zu ihr. Sie schaut mich an und lächelt.

»Wie heißt du?«, sagte ich und reichte ihr meine Hand.

»Julia und du?«.

Sie schüttelte meine Hand.

»Alexander«.

Wir schauten uns ein paar Sekunden an.

»Was studierst du?«

»Sonderpädagogik«, erwiderte sie.

Ich war wie immer sprachlos, wenn ich so eine schöne, große Frau vor mir sah.

»Ich habe Physik studiert und schreibe jetzt Bücher«.

»Über Physik?«

»Ja, genau«, sagte ich, »sag mal, hättest du Lust auf einen Kaffee in der HanoMacke um 12 Uhr?«

»Ich bin mit einer Freundin verabredet«.

»Wann anders mal?«

»Ich muss aber dazu sagen, dass ich einen Freund habe.«

»Ach schade. Ich wollte eigentlich ein Date mit dir.«

Die Tür zur 5. Etage ging auf.

»Tut mir Leid«, sagte sie und wir gingen beide raus. Sie blieb stehen und drehte sich zu mir.

»Alles gut. Mein Herz...«, ich legte meine Hand auf die Brust, »hat sich wieder beruhigt.«

Wir schauten uns ein letztes Mal an. Ihre Augen blinzelten ein wenig länger, als wollte sie mich umarmen. Sie drehte sich um und ging zu den Tischen. Ich ging ein Stockwerk tiefer und setzte mich an meinen gewohnten Platz, um diese Begegnung aufzuschreiben.

Ich schaute aus dem Fenster in die grauen Wolken und stöhnte. Ich fühlte mich ein wenig traurig in diesem Moment. Ihr süßes Lächeln und ihr bezaubernder Blick zogen mich in ihren Bann. Wenn ich die Augen schließe, sehe ich ihr Gesicht ganz deutlich vor mir. Was für eine schöne Frau. Schade, dass es nicht geklappt hat, aber ich bin sehr dankbar für meinen Mut und die Begegnung mit Julia.

Langsam merke ich, dass die Verbindung zwischen mir und der Frau, die ich anspreche, viel intensiver wird, wenn ich sie nicht nur anspreche und ihr Aussehen kommentiere, sondern wenn ich ihr meine Gefühle mitteile, also das, was die Frau in mir auslöst. Ich formte meine Hände wie zum Gebet, schloss die Augen und sagte mit meiner inneren Stimme: »Liebes Universum. Lass mich Julia in der Mittagspause wiedersehen«.

Ich stellte mir vor, wie Julia in der Kaffeepause neben mir saß und wir uns unterhielten. Dann tauchte in meiner Phantasie das Bild auf, wie die große Antonia sich zu mir auf die andere Seite setzt und ich die Hände von Julia und Antonia links und rechts nehme.

»Zu spezifisch«, kam der Gedanke.

»Liebes Universum. Überrasch mich positiv während der Mittagspause um 12 Uhr«, formulierte ich meine Nachricht an das Universum erneut.

Aus dem Naturbuch habe ich gelernt, dass ein wolkenloser blauer Himmel nicht ganz blau ist, sondern dass das Blau direkt über mir am intensivsten ist und am Horizont weiß wird. Bei klarem blauen Himmel kann ich die Luftqualität beurteilen, indem ich die Sonne mit dem Finger abdecke (um nicht hineinzuschauen) und den Blauton in der Nähe der Sonne betrachte. Ist er intensiv blau, ist das ein gutes Zeichen für eine gute Luftqualität. Je weißer (und nicht gelblicher) der Horizont ist, desto sauberer ist die Luft.

Der Regenbogen braucht drei Dinge: Regen, Sonne und einen Beobachter, hinter dessen Rücken sich die Sonne befindet. Anhand des Regenbogens kann ich ablesen, wo die Sonne gerade am Himmel steht (also wann es dunkel wird), ich kann auch ablesen, dass es vor mir regnen muss, auch wenn es bei mir gerade nicht regnet. Die Intensität des roten Lichts zeigt an, wie groß die Regentropfen sind. Ein sehr intensives Rot bedeutet, dass ich schnell nass werde, wenn es regnet.

10:50. Ich war nur kurz auf der Toilette. Auf dem Rückweg kam Antonia den Flur entlang. So groß. Und sie geht wie eine Kaiserin. Sie hat mich angelächelt. Und als ich mich hingesetzt und in ihre Richtung geschaut habe, hat sie sich auch umgedreht, bevor sie im Aufzugsraum verschwunden ist.

Es ist 12:50. Ich bin wieder zurück in der Bibliothek. Leider keine Überraschung bekommen. Und ich denke nicht, dass Rebekka zu begegnen, eine Überraschung sein soll.

Um 14 Uhr verlasse ich die Bibliothek und gehe in die Stadt. Nach einem kleinen Spaziergang blättere ich in dem Buch »365 Tage simplify your life« und lerne eine Sache, die eigentlich falsch ist: Man liest und hört immer wieder, dass man sich mindestens 30 Minuten nach dem Essen die Zähne putzen soll. Das stammt aus einer Studie mit extrahierten Zähnen. Im Buch wird empfohlen, die Zähne direkt nach dem Essen zu putzen. Das ist praktisch, also werde ich mich daran halten.

Dann lernte ich den Begriff »Doomscrolling« kennen. Er beschreibt das Scrollen durch negative Nachrichten. Das Problem: Das Sehen von Leid aktiviert die gleichen Hirnareale, die auch bei eigenem Leid aktiviert werden.

Als ich aus der Buchhandlung kam, war die Stadt plötzlich leer und es hat stark geregnet. Ich bin zum nächsten Zug und nach Hause gefahren. Ich habe mein Paket bei der Nachbarin abgeholt. Die Brotdose von Titan ist angekommen. Ich habe Linsen gekocht und für morgen in die neue Dose gefüllt. Es ist erstaunlich: Die gefüllte Titan-Brotdose ist leichter als die leere Glas-Brotdose. Titan-Brotdose im Vergleich zur Brotdose aus Glas von Alexander Fufaev

Ich habe Lust ins Kino zu gehen. Ich schaue mir um 19.45 Uhr den Film »Civil War« an. Der hat mir am besten gefallen. Erinnert mich ein bisschen an die Survival-Szene. Vielleicht lerne ich da was. Es ist kurz vor 18 Uhr und es regnet stark. Ich beschloss, zum Espresso House zu gehen und dort unter Menschen auf den Beginn des Films zu warten, eine heiße Schokolade zu trinken, das Tagebuch auf meine Website zu übertragen, das Naturbuch zu lesen und etwas Neues über Winde und Wettervorhersage zu lernen.

Noch 10 Minuten bis zum Filmbeginn. Ich habe mir Popcorn geholt und freue mich auf den Film. Es tut mir gut, mit einem Kinobesuch etwas Abwechslung in den Alltag zu bringen. Als ich den Kinosaal 4 betreten habe, sah ich die Bücherregale und den Sitz, auf dem ich damals mit Jule saß. Es ist schon erstaunlich, wie ein Ort solche Emotionen in mir auslöst. Ich wurde etwas emotional, während die entspannte, romantische Musik lief und ich auf den Film wartete. Am liebsten wäre es, wenn Jule jetzt neben mir sitzen würde. Aber neben mir sitzt nur eine große Tüte Popcorn.

Der Film war überhaupt nicht mein Fall. Kaum Story oder Handlung, nur Geballer. Wenigstens hat das süße Popcorn geschmeckt.

Zu Hause angekommen, entdeckte ich einen Zettel an der Küchentafel, der mich zum Nachdenken brachte: »Lasst uns am 30.04. um 15:30 unser zukünftiges WG-Leben besprechen«. Ich glaube, Lina hat gemerkt, dass ich mich ein bisschen vom WG-Leben abgekoppelt habe. Ich fühle mich im Moment auch etwas deprimiert. Was wollen meine Mitbewohner besprechen? Wollen sie vielleicht, dass ich ausziehe, weil ich nicht in die WG passe? Was ist der wahre Grund, warum ich mich vom WG-Leben distanziere? Solche Fragen stellte ich mir vor dem Schlafengehen. Ich glaube, um mich tief mit einem Menschen zu verbinden, um so zu sein, wie ich wirklich bin, um mich in der Gegenwart dieses Menschen vollkommen wohl zu fühlen, brauche ich körperliche Nähe zu diesem Menschen. Ich drücke meine Liebe sehr stark durch Berührungen, Streicheleinheiten, Zärtlichkeiten und Küsse aus. Aber ich empfange auch Liebe durch körperliche Nähe. Vielleicht fühle ich mich deshalb mit Menschen nicht verbunden, weil mir diese körperliche Nähe zu dieser Person fehlt?

Trotzdem habe ich versucht, mein Leben positiv zu sehen. Ich bin dankbar, dass ich heute Julia getroffen habe, dass ich ins Kino gegangen bin und dass ich die Freiheit habe, alles zu ändern, was mich unglücklich macht. Ich habe meine Hand auf mein Herz gelegt und gesagt: »Du bist gut. Danke, dass du immer für mich da bist.«


Learnings:
  1. Ich spreche eine schöne Frau an. Ich werde meine Gefühle, die sie in mir auslöst, nicht verbergen, sondern ihr direkt mitteilen.
  2. Am klaren, blauen Himmel kann man die Luftqualität abschätzen.
  3. Anhand des Regenbogens kann man den Regen und seine Stärke vorhersagen und die Position der Sonne am Himmel bestimmen, also abschätzen, wann die Sonne untergeht und es dunkel wird.
  4. Zähne direkt nach dem Essen putzen. Eine halbe Stunde zu warten ist nicht notwendig.
  5. Morgens weht der Seewind vom See zum Land, weil sich die Küste schneller erwärmt als der See. Abends weht der Seewind von der Küste zum See, weil die Küste schneller abkühlt.
  6. Katabatischer (kalter) Wind bläst vom Gebirge herab. Anabatischer (warmer) Wind pustet später am Tag den Berg nach oben.
  7. Die oberen Winde (»Eltern«) und die unteren Winde (»Kinder«) sind miteinander gekoppelt. Die Unterwinde werden von den Oberwinden beeinflusst, haben aber auch ein Eigenleben und ändern sich häufiger.
  8. Stelle dich so hin, dass dir der Wind von unten in den Rücken bläst (vorausgesetzt, es handelt sich nicht um einen lokalen Wind, z.B. Seewind). Finde heraus, wo sich die höchsten Wolken befinden. Wenn sie sich von links nach rechts bewegen, ist Regen wahrscheinlich. Wenn die Wolken von rechts nach links ziehen, wird das Wetter wahrscheinlich besser. Wenn die Wolken sich ebenfalls von hinten nach vorne sich bewegen wie der untere Wind, dann ändert sich das Wetter wahrscheinlich nicht.
  9. Wenn die niedrigsten Wolken sehr hoch sind, ist die Luft eher trocken und die Regenwahrscheinlichkeit geringer.

Upgrade: Ich habe meine Frischhaltedose aus Glas durch eine Brotdose aus Titan ersetzt. Die Titan-Brotdose wiegt nur ein Fünftel der Glas-Frischhaltedose.

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