WIEDERGEBURT .
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LEBEN:
Schwimmen lernen. Veggie-Brunch mit der Familie in der KUFA
Ich bin um 6:00 Uhr aufgewacht, weil mich die Scheißfliege mit ihrem Kitzeln und Summen so genervt hat. Sie ließ mich auch nicht weiter schlafen. Also lag ich noch im Bett und habe Tipps über das Schreiben gelesen. Dabei habe ich ein paar wichtige Dinge mitgenommen:
Erstens ist es okay, die Grammatikregeln zu brechen, wie zum Beispiel Kommas dort zu setzen, wo sie eigentlich grammatikalisch nicht hingehören. Das habe ich intuitiv immer gemacht, weil ich an bestimmten Stellen Pausen setzen wollte. Ob das grammatikalisch korrekt ist, war mir völlig egal. Die rationale Jule, die alles perfekt und richtig machen wollte, hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass ich Kommas an falschen Stellen setze. Daraufhin habe ich mir angewöhnt, Kommas als reines Grammatikwerkzeug anzusehen.
Der zweite Punkt ist, dass erfolgreiche Autoren über das schreiben, was sich die Gesellschaft oder der Ottonormalverbraucher selbst nicht traut, auszusprechen. Ich kann das eigentlich. Nur manchmal habe ich Phasen, in denen ich Angst habe, etwas über mich preiszugeben, weil es mir zu peinlich oder unangebracht erscheint. Ich denke, dass andere dann über mich den Kopf schütteln oder mich verurteilen werden. Ich sollte keine Angst davor haben. Also gebe ich zu, dass ich mir gestern im Badezimmer einen runtergeholt habe und dabei an Nannis heißen Po gedacht habe. Das fühlt sich irgendwie falsch an…
Ich habe meine E-Mails gecheckt, wie jeden Tag, und jedes Mal, wenn ich das Postfach öffne, hoffe ich auf eine E-Mail von Lena. Eine Nachricht von ihr, in der steht, dass sie aus dem Urlaub zurückgekommen ist und sich freut, mich endlich zu treffen. Auch gestern im Auto, auf dem Weg zur Jowiese, haben wir kurz über die Beziehung von Laura und Liam geredet. In dem Moment habe ich den Wunsch verspürt, eine schöne Göttin wie Lena an meiner Seite zu haben.
Gegen 10:00 Uhr, während Mama die Wohnung gewischt hat, hat sie auch im Briefkasten nachgeschaut. Juhu! Ich habe den unterschriebenen Mietvertrag zurückbekommen und kann jetzt einen Termin zur Wohnungsübergabe machen. Diesen werde ich dann am Montag vereinbaren. Ich bin schon so gespannt, wie es sein wird, in einer eigenen Wohnung zu wohnen, ohne andere Mitbewohner.
Gegen 11:00 Uhr bin ich mit Laura und Mama zum Veggie-Brunch in die KUFA nach Hildesheim gefahren, wo wir auch Mascha und Tobi getroffen haben. Ich wollte eigentlich barfuß hingehen…
"Nein, du gehst nicht barfuß hin. Sonst komme ich nicht mit" regte sich meine Mutter auf.
"Das ist emotionale Erpressung!" erwiderte ich.
Wir hatten einen kurzen Streit, der aber mit Hilfe von Laura wieder beendet wurde. Ich musste in der KUFA Schuhe anziehen, sonst käme Mama nicht mit. Es ist ihr zu peinlich, wenn ich in der Öffentlichkeit barfuß bin.
Als wir bei der KUFA ankamen und Mascha und Tobi sahen, hat sich die Stimmung wieder um 180° gewendet. Es war alles wieder gut.
Der Eintritt hat sieben Euro pro Person gekostet, und dafür konnte man verschiedene vegane, selbst gemachte Aufstriche, Brot und Brötchen essen, und zwar so viel man wollte. All you can eat. Dazu gab es Kaffee, Tee, Wasser oder Apfelsaft. Ich habe statt Kaffee Apfelsaft zusammen mit Mascha genommen.
Ich fand es interessant, dass die Location so ähnlich wie die HanoMacke war. Trotz des Ambientes frühstückten dort nicht nur Studenten, sondern verschiedenste Altersgruppen: von jungen Menschen über Eltern mit Kindern bis hin zu älteren Menschen. Ein Kind hatte sogar die gleichen Barfußschuhe wie ich, nur in Blau.
Nach dem Brunch konnte ich endlich meine Schuhe ausziehen und den Weg von ungefähr 3 km zur Jowiese barfuß zurücklegen. Heute wollte ich etwas länger im Freibad bleiben und weiter Schwimmen üben.
Beim Eingang habe ich eine Limo geholt, weil ich nichts zu trinken hatte. Dann habe ich mich an einem halbschattigen Platz unter der Krone eines riesigen Baum niedergelassen.
Erst mal einen Schluck Limo. Ich versuche, den Metalldeckel aufzudrehen. Es klappt nicht. Ich wische mir die Hände ab und versuche es noch einmal. Dann nehme ich meine Stoffunterlage in die Hand und versuche es ein drittes Mal. Ich habe einfach keine Kraft dazu, egal wie stark ich probiere. Ich schaue mich um und sehe Leute Mitte 50, unter denen ein stark aussehender Mann auf einem Campingstuhl sitzt und ein Bier trinkt. Er könnte mir bestimmt helfen. Ich gehe auf ihn zu.
"Hi, du siehst stark aus. Könntest du mir vielleicht die Flasche aufmachen? Ich kriege sie nicht auf."
Er nimmt die Flasche in die Hand und öffnet sie ohne Anstrengung.
Von ungefähr 13:00 Uhr bis 18:00 Uhr habe ich mich im 50-m-Becken meinen Ängsten gestellt. Ich habe mich am Beckenrand festgehalten, bin unter Wasser gegangen und habe es durch einen Schwung nach unten geschafft, den Boden mit den Fingerspitzen zu berühren. Das habe ich natürlich nicht beim ersten Mal geschafft, sondern musste mehrmals probieren, bis es geklappt hat.
Dann habe ich Luft angehalten, bin auf die gleiche Weise unter Wasser gegangen, habe die Augen geöffnet und mich links und rechts umgesehen. Ich muss sagen, wenn man die Augen unter Wasser öffnet, ist das Gefühl, unter Wasser zu sein, weniger beängstigend. Ein gutes Learning, denn noch gestern dachte ich, dass ich nur ein paar Sekunden unter Wasser bleiben kann und sofort Luft brauche, aber das war eigentlich nur die Angst und nicht die Realität.
Was ich als nächstes lernen muss, ist, unter Wasser richtig durch den Mund, durch die Nase und durch Mund und Nase auszuatmen, anstatt die Luft anzuhalten. Hier habe ich noch die Schwierigkeit, dass Wasser in die Nase oder den Mund kommt.
Ich habe mich sogar getraut, ins tiefe Wasser zu gehen und bin 25 Meter geschwommen. Weiter habe ich mich nicht getraut, weil dort Jugendliche herumspritzen und sich gegenseitig versuchen, unter Wasser zu drücken. Also bin ich zum Beckenrand abgebogen.
Ich habe auch das Rückenschwimmen deutlich verbessert, indem ich meine Ohren ins Wasser tue, meinen Nacken nach hinten lege und meine Arme über dem Kopf ausstrecke. So kommen die Beine nach oben, und ich kann besser auf dem Wasser schweben, auch wenn ich keine Kraft mehr habe, weiter zu schwimmen. Davor hatte ich immer Angst, meine Arme nach hinten zu strecken und meinen Kopf samt Ohren ins Wasser zu legen. Dabei ist genau das, was das Schweben auf dem Rücken so leicht macht. Man muss sich nur trauen. Und das habe ich heute gemacht. Ich bin stolz auf mich.
Ich habe es auch geschafft, an einer Stelle im tiefen Wasser zu schwimmen. Hier hatte ich doch ein wenig Angst, weshalb ich, wenn ich merke, dass ich keine Kraft mehr habe, mich sofort in die Rückenlage begebe, um mich zu entspannen. Ich liebe die Rückenlage, das ist meine Rettungsweste.
In der Rückenlage kann ich auch viel schneller nach vorne schwimmen. Und wenn ich auf der Brust schwimme, bin ich langsamer als eine Schnecke… Ich weiß auch gar nicht, wie ich meine Beine und Hände richtig bewegen soll, um voranzukommen.
Beim Schwimmen auf der Brust habe ich mich sogar getraut, meinen Mund und meine Nase im tiefen Wasser leicht unter Wasser zu bringen und wieder herauszuholen. Noch gestern hatte ich richtig Angst davor, dass Wasser an meine Nase kommt, sei es beim Schwimmen im tiefen Wasser oder bei Spritzern. Cool, dass ich heute diese Angst überwunden habe!
Ich verheimliche nicht, dass ich noch nicht gut schwimmen kann und noch viel zu lernen habe. Was ich interessant finde, ist, dass die Menschen das merken und mich dabei ansehen, aber nicht negativ. Zum Beispiel standen zwei Mädels neben mir am Beckenrand und redeten darüber, dass sie die eine Schwimmtechnik nicht so gut können. Die Menschen beginnen selbst, ihre Schwächen zu zeigen, wenn ich zuvor meine Schwächen gezeigt habe. Das kommt gut an, obwohl es mir etwas peinlich vorkommt.
Ich habe auch eine Sache ausprobiert, die ich mich zuvor nicht getraut habe: Ich habe Luft geholt, meine Knie an die Brust gebracht und meine Beine mit den Händen umklammert. Dann ist mein Po an die Wasseroberfläche gewandert, und mein Gesicht steckte im Wasser. So konnte ich eine kurze Zeit an der Wasseroberfläche schweben. Es ist gar nicht so schlimm, wie es mir die Amygdala im Gehirn suggeriert hat.
Nach einer Pause in der Sonne wollte ich mich, bevor ich ins Schwimmbecken gehe, unter der kalten Dusche an das Wasser gewöhnen. Dort waren drei Mädels im Alter von etwa 20 Jahren, die sich gerade abgeduscht hatten.
"Hier ist noch Platz für dich," sagte eine Blondine zu mir.
"Okay, dann lass uns Wasser sparen," erwiderte ich.
Ich stellte mich daneben, und dann haben wir uns zu viert unter der Dusche abgeduscht. Ich stand noch nie gleichzeitig mit drei Mädels unter der Dusche – ein interessantes Erlebnis.
Gegen 18:00 Uhr habe ich mich auf den Weg nach Hause gemacht. Mein weißer Bauch, Rücken und meine Schultern sind rot vom Sonnenbrand geworden. Aua. Ich habe mich nicht mit Sonnencreme eingecremt. Jetzt sehe ich aus wie ein Krebs.
Ich stehe an einer roten Ampel.
"Du machst alles richtig bei dieser Hitze," sagt ein junger Typ, der neben seiner Freundin an der Ampel steht, und zeigt dabei auf meine nackten Füße.
„Ja, es fühlt sich schön an,“ erwidere ich, und wir gehen über die Straße.
Zu Hause habe ich den heutigen Tag und meine Learnings beim Schwimmen Revue passieren lassen. Ich habe mir überlegt, was ich als nächstes Schritt für Schritt lernen möchte, um eines Tages ein guter Schwimmer zu werden.
Zuerst will ich lernen, unter Wasser durch den Mund und Nase auszuatmen, ohne Wasser zu verschlucken oder dass Wasser in die Nase kommt.
Dann möchte ich es schaffen, den Boden im Schwimmbecken zu berühren, ohne mich an der Wand abzustoßen. Das habe ich ein paar Mal versucht, aber nicht geschafft, weil ich, bevor ich den Boden mit den Fingerspitzen erreiche, durch die Auftriebskraft nach oben gedrückt werde. Beim nächsten Mal sollte ich also weniger Luft einatmen, damit ich leichter nach unten sinken kann.
Mir kam die Idee, das Unterwasser-Ausatmen zu Hause zu üben, indem ich eine große Schale mit Wasser fülle und mein Gesicht hineinstrecke. Das habe ich dann tatsächlich gemacht und ein wenig geübt, durch den Mund auszuatmen.
Ich hatte noch eine Zigarette, die ich heute von einem Mann bekommen habe und die ich beim Spaziergang rauchen wollte. Also ging ich nachts nach draußen und spazierte ein bisschen, während der blutrote Vollmond am Himmel schwebte. Es war so schön. In diesem Moment wünschte ich mir, Lena wäre neben mir.