Alexander Fufaev
Ich heiße Alexander FufaeV und hier schreibe ich über:

2. Juni 2023: Die Frau mit dem Labrador

2. Juni 2023. Es war halb zehn morgens. Ich stieg in den Bus ein und sah eine große Blondine in meinem Alter mit einem weißen Labrador, die bei den Kinderwagen- und Fahrradplätzen stand. Sie wurde von einem älteren Typen, Mitte vierzig, angesprochen, der in seiner Lederjacke wie ein Biker aussah und sie mit Fragen über den Hund löcherte. Es war offensichtlich, dass der Typ mehr Interesse an der Frau als am Hund hatte und den Hund nur als Vorwand nutzte, um mit ihr ins Gespräch zu kommen. Ich konnte förmlich spüren, wie sehr die junge Frau in diesem Moment davonlaufen wollte. Offenbar hatte sie keine Lust auf diese Fragerei. Ich saß direkt vor ihr und konnte alles beobachten. Sie stieg mit mir am Königsworther Platz aus, während der Typ im Bus blieb.

Wir gingen in verschiedene Richtungen und kurz überkam mich der Gedanke, umzukehren und sie anzusprechen. Doch der Hund hielt mich in dem Moment davon ab. »Meine Freundin besitzt einen Hund? Nein, das wäre nichts für mich.« Doch in der Mensa überlegte ich es mir anders. Ich sollte vielleicht nicht so wählerisch sein. Vielleicht war sie ein toller, zu mir passender Mensch. Das war schließlich viel wichtiger als die Frage, ob sie einen Hund hatte.

Nach der Mensa trank ich noch einen Kaffee in der HanoMacke und beobachtete die Studenten um mich herum. Mir war aufgefallen, dass ich keine einzige Studentin gesehen hatte, das nicht auf ihr Handy gestarrt hatte. Selbst diejenigen, die auf dem Weg zur Bibliothek waren, blickten und tippten wie besessen auf ihren Handys herum. Bei vielen von ihnen steckten Kopfhörer in oder auf den Ohren. Es kam mir irgendwie erschreckend vor, wie sich die Frauen seit meiner Jugend zu Zombies entwickelt hatten. Dann lief diese große, blonde Studentin, von der ich damals geträumt und einen Korb bekommen hatte – Nina – wie in Zeitlupe an mir vorbei. Sie war die einzige Frau, die keine Kopfhörer trug und anstatt ein Handy in der Hand zu halten, hatte sie das dicke rote Grundgesetzbuch dabei. »Meine zukünftige Freundin sollte wie Nina kein Zombie sein«, dachte ich.

Ich beobachtete auch die Männer. Dabei fiel mir etwas anderes auf. Nur wenige hatten ein Handy in der Hand. Ich fragte mich, woran das liegen könnte. Vielleicht waren Frauen sozialere Wesen, die sich mehr Mühe gaben, Freundschaften und andere Beziehungen zu pflegen? Nach dieser kleinen philosophischen Betrachtung fuhr ich nach Borsum, um mit der Familie zu grillen.