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Meine erste Blutspende. Immergrün. Weitere stoische Erkentnisse.

Alexander Fufaev

Meine erste Blutspende. Immergrün. Weitere stoische Erkentnisse.

19. September 2024.

Guten Morgen! Ich habe heute richtig lange geschlafen, bis 11:00 Uhr. Das lag daran, dass ich, nachdem ich nach Hause gekommen war, nicht direkt einschlafen konnte. Ich lag noch bis 2:30 Uhr wach im Bett und habe all die Ereignisse des Tages verarbeitet.

In den letzten Tagen habe ich regelmäßig Ölziehen gemacht und kann mittlerweile deutlich länger als 5 Minuten durchhalten. Ich nehme einfach ein wenig Öl in den Mund, beginne das Ölziehen und erledige währenddessen andere Dinge, wie mich anzuziehen.

Gerade sitze ich in meinem Lieblingscafé und trinke meinen dritten (im Leben) Matcha Latte. Im Espresso House schmeckt er köstlich. Matcha Latte in Hildesheim

Nebenbei lerne ich weiter über den stoischen Lebensstil im Bereich der Liebesbeziehungen:

  • Alle Beziehungspaare, die lange zusammen sind, treffen auf ähnliche Probleme und Themen. Und alle neigen dazu, dieselben Fehler zu machen.
  • Wir sind davon überzeugt, dass wir für die Liebe nichts tun müssen.
  • Starke Gefühle am Anfang der Beziehung sind kein Anzeichen dafür, dass man zusammenpasst. Das ist ein Irrglaube.
  • Wir streben in Beziehungen unsere Bindungserfahrungen der Kindheit zu wiederholen. Vertraute Persönlichkeitstypen ziehen uns an.
  • Es ist nicht selbstverständlich, dass meine „Liebe des Lebens“ mein widersprüchliches Gefühlsleben ohne Kommunikation begreift.
  • In Beziehungen haben wir meistens vier Irrglauben: Ich suche meinen Partner selbst aus. Mein Partner versteht mich intuitiv. Mein Partner akzeptiert mich, so wie ich bin. In der Beziehung machen wir uns gegenseitig glücklich.
  • Romantische Träumerei unterbrechen: Mit dem Glauben aufhören, dass ich die beste Zeit meines Lebens mit diesem Partner verbringen werde. Wenn ich das glaube, dann sollte ich mir auch klar machen, dass ich in dieser Beziehung auch die schlimmsten Auseinandersetzungen mit dem Partner haben werde.
  • Lerne die Sprache meines Partners zu verstehen und zu sprechen.
  • Erst wenn ich mich selbst mag, kann ich andere aufrichtig mögen.
  • Ungeduld, Kontrollzwang und andere negative Eigenschaften des Partners hat sich der Partner nicht freiwillig ausgesucht. Dahinter steckt keine böse Absicht. Ich sollte den Schwächen des Partners tolerieren. Lerne Schwächen zu vergeben. Sich fragen: Was kann der Partner an sich verändern und was geht nicht?
  • Jeder Mensch hat einen Liebestank, der aufgefüllt werden möchte. Das geht durch 5 Dinge: Lob und Anerkennung, Zweisamkeit, Geschenke und Aufmerksamkeiten, Hilfsbereitschaft, Zärtlichkeit und Sexualität. Das muss in der Sprache des Partners geschehen.
  • Man braucht in Beziehungen ungefähr fünf positive Ereignisse, um ein negatives Erlebnis auszugleichen.
  • Dankbarkeit ist eine stoische Haltung, bei der ein Stoiker seine Aufmerksamkeit auf das lenkt, was er hat und es wertschätzt.
  • Die einzige Person, von der ich erwarten kann, dass sie mich ganzes Leben lang liebt, bin ich selbst. Sich selbst zu lieben, heißt eine Beziehung mit sich selbst zu führen.
  • Zu lieben ist wichtiger als geliebt zu werden, denn auf das Geliebtwerden haben wir kaum einen Einfluss.

Um 13 Uhr habe ich eine E-Mail erhalten, in der ich die Favoritinnen vom Speeddating ankreuzen konnte. Wenn die jeweilige Person mich ebenfalls auswählt, entsteht ein Match und unsere Kontaktdaten werden von den Veranstaltern ausgetauscht. Mir hat dort niemand gefallen. Ich habe nur Luisa angekreuzt, weil wir uns deutlich länger unterhalten konnten.

Vor der Blutspende habe ich noch das Essen von gestern gegessen, das ich mit ins Espresso House gebracht hatte. Dabei habe ich die ganze Zeit Wasser getrunken, sodass ich vor der Spende zumindest zumindest 1 Liter Wasser zu mir genommen habe.

Um 15:00 Uhr steht meine allererste Blutspende an. Die Spende ist ziemlich praktisch, da dabei auch auf Geschlechtskrankheiten untersucht wird. Wenn alles in Ordnung ist, könnte ich theoretisch Sex ohne Kondom mit Julia haben – was perfekt für den Austausch und die Diversifizierung des Mikrobioms wäre. 😉

Es sind noch 15 Minuten bis zu meiner Blutspende, und ich bin echt verdammt aufgeregt. Was mich etwas beruhigt hat, ist meine stoische Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod. 😄

Jetzt sind es nur noch 10 Minuten. Ich trinke den letzten Schluck Wasser aus meiner Flasche, gehe noch schnell zur Toilette und mache mich auf den Weg zur Arneken Galerie um die Ecke. Mein Herz schlägt immer schneller, je näher ich mich dem Ort der Blutspende nähere. Blutspende in der Arneken Galerie in Hildesheim

An einem Tisch sitzen zwei ältere Frauen und begrüßen mich freundlich.

„Sind Sie Erstspender?“, fragt eine der Frauen.

Als ich die Frage bejahe, erklärt sie mir, dass ich mir ein Restaurant aussuchen kann, in dem ich als Dankeschön essen darf.

„Wo gibt es denn etwas Veganes?“, frage ich.

„Immergrün“, empfiehlt mir die nette Frau und reicht mir den Gutschein für den Laden, der sich ebenfalls in der Arneken Galerie befindet.

Mir wird ein Informationsbogen ausgehändigt, und ein Sticker mit der Aufschrift „Erstspender“ wird auf mein T-Shirt geklebt. Danach bekomme ich einen Fragebogen, den ich ausfüllen muss.

Nachdem ich den zweiseitigen Fragebogen über Geschlechtskrankheiten, Krankheiten und Fragen zu Analverkehr mit mehreren Personen beantwortet habe, gehe ich zu einem anderen Tisch. Dort sitzt eine weitere Mitarbeiterin, die den Fragebogen überfliegt und mir anschließend mit einer Nadel in den linken Ringfinger piekst, um meinen Eisenwert zu messen.

„Ihr Eisenwert ist in Ordnung“, sagt sie. Ich denke sofort an die Eisen-Brausetabletten, die ich täglich einnehme.

Sie schickt mich weiter zu einem Arzt, mit dem ich den Fragebogen noch einmal durchgehe. Er fragt, ob ich genug getrunken und etwas gegessen habe. Als ich erwähne, dass ich vegan lebe und eventuell einen leeren Eisenspeicher haben könnte, beginnt er, über sein Leben zu erzählen. Er berichtet, dass er Flexitarier ist und es gut findet, dass ich vegan lebe. Den übermäßigen Fleischkonsum und dessen Auswirkungen auf die Erde verurteilt er ebenfalls. Seine Worte motivieren mich, weiterhin vegan zu leben.

Anschließend misst er meinen Blutdruck.

„Mit diesem Blutdruck werden Sie 120 Jahre alt, aber er ist zu niedrig für die Blutspende“, sagt er und ich spüre eine leichte Enttäuschung in mir. „Wir wollen ja nicht, dass Sie hier in Ohnmacht fallen.“, führt er fort.

Leider darf ich nicht Blut spenden, da mein systolischer Blutdruck bei 100 mmHg liegt. Der optimale Wert für eine Spende sollte jedoch mindestens 110 mmHg betragen. Wenn ich bei der Hälfte der Blutentnahme plötzlich in Ohnmacht falle, dann muss die Blutentnahme unterbrochen werden, und der Beutel darf nicht mehr verwendet werden, und damit ist die Blutspende umsonst gewesen. Das wollte er ausschließen.

Meine Aufgabe für das nächste Mal: 2 Liter Flüssigkeit über die Zeit vor der Blutspende verteilt trinken, um den Blutdruck zu erhöhen, und 2 Stunden vorher etwas Kohlenhydrathaltiges essen. Was ich ebenfalls von dem Arzt gelernt habe und mir nicht bewusst war: Die drei Wasserbecher, die ich beim Ausfüllen des Fragebogens getrunken habe, landen erst nach ca. 2 Stunden im Blut. Sie bringen also für die unmittelbar bevorstehende Blutspende recht wenig.

Ich habe mich bei Immergrün hingesetzt (hier war ich noch nie) und die Bowl namens „Soya Power“ ausgewählt. Dabei habe ich mir die Informationsbroschüre angeschaut, die ich bei der Blutspende bekommen habe:

  • 94% der in Deutschland lebenden Personen halten Blutspenden für wichtig. 60% würden auch Blut spenden gehen. 4% spenden tatsächlich regelmäßig Blut.
  • Es werden täglich 15.000 Blutspenden in Deutschland benötigt. 19% bei Krebserkrankungen, 16% bei Herzerkrankungen, 16% bei Magen- und Darmkrankheiten, 12% bei Verletzungen aus Straßen-, Sport-, Berufs- und Haushaltsunfällen, 6% bei Leber- und Nierenkrankheiten, 5% bei Blutarmut und Blutkrankheiten, 4% bei Komplikationen bei Geburten, 4% bei Knochen- und Gelenkkrankheiten, 18% in weiteren Einsatzgebieten.
Immergrün in der Arneken Galerie in Hildesheim

Während ich die Bowl esse, ertönt eine laute, computergenerierte Lautsprecherdurchsage: „Achtung, Achtung, ein Feuer wurde gemeldet. Bitte verlassen Sie das Gebäude über den nächsten Fluchtausgang so schnell wie möglich."

Ich und die Leute um mich herum wurden aufmerksam, blieben aber noch sitzen. Die Durchsage wiederholte sich, doch es passierte immer noch nichts. Nach der dritten Durchsage standen die meisten Leute langsam auf.

Ich schaue mich um. Die Menschen blicken verzweifelt um sich, dann auf ihr Essen – unschlüssig, ob sie es mitnehmen sollen oder nicht. Ich mache es genauso und entscheide mich als einziger schließlich, die Bowl mitzunehmen.

Die Menschen strömen aus den Läden der Arneken Galerie und drängen sich auf die Rolltreppen. Ich stehe auf der vollen Rolltreppe, eine Schüssel in der Hand, und esse entspannt weiter, während wir langsam nach oben fahren.

Draußen hatte sich eine große Menschenmenge versammelt, als ich die Galerie verließ. Ich blieb eine Weile stehen und aß weiter, während einige Leute mich schmunzelnd beobachteten – ich war der Einzige, der mitten in der Menge mit einer Schüssel in der Hand stand und weiter aß. Ein Mitarbeiter von Immergrün kam lachend heraus.

„Unser Essen muss wirklich gut sein“, sagte er freundlich.

„Ja, ich konnte es einfach nicht zurücklassen. Musste es mit retten,“ antwortete ich und nahm einen Löffel Mungobohnen in den Mund.

Ich setzte mich auf eine Bank und genoss die Sonne, während die Feuerwehr ihre Arbeit erledigte. Feuerwehr in der Arneken Galerie in Hildesheim

Etwa zehn Minuten später durften die Menschen wieder ins Gebäude zurück. Ich blieb noch draußen sitzen, aß meine Bowl zu Ende und brachte dann die Schale zurück. Anschließend machte ich mich auf den Weg zu meinem Lieblingscafé.

Dort habe ich ein neues Getränk ausprobiert, den „Pumpkin Chai Latte“. Meine Güte, der schmeckt genauso fantastisch wie der Matcha Latte!

Während ich den Latte genoss, las ich die letzten Seiten des Buches Der kleine Alltagsstoiker. Ich habe daraus Folgendes mitgenommen:

  • Wir bewerten Verluste höher als Gewinne.
  • Hermesstab nutzen: Jedes Missgeschick und Hindernis in etwas Gutes verwandeln. Steuern (dienen dem Gemeinwesen), verlorenes Geld (jetzt freut sich darüber jemand anders) und so weiter. Das Geschehene kann ich nicht rückgängig machen, aber ich kann es anders interpretieren.
  • Um zukünftige Missgeschicke leichter zu akzeptieren, kann ich die schlimmsten Missgeschicke im Kopf durchgehen und sich fragen, was dann passiert und wie ich mich fühlen werde. Das nennt sich mentale Schadensbegrenzung. Pech in Gold verwandeln!
  • Sterben lernen: Sich mit dem eigenen Tod auseinandersetzen, damit er weniger beängstigend wird. Aber auch mit der Armut und mit dem Verlust geliebter Menschen. So lerne ich Dinge und Personen, die in meinem Leben sind, mehr zu schätzen.
  • Zu viel Optimismus kann bei komplexen Aufgaben eher im Weg stehen. Das richtige Maß ist wichtig.
  • “Grundsätzlich schlief Seneca auf einer harten Matratze, um sich nicht an Luxus zu gewöhnen“. Hier musste ich grinsen. „Cato, der römische Senator lief bei Hitze und Regen barfuß…“. Ich bin wohl wirklich ein Stoiker. 😄
  • Eine dynamische Geisteshaltung annehmen, bei der ich alles, was mir passiert, willkommen heiße. Das ist Amor Fati - die Liebe zum Schicksal.

Auf dem Weg nach Hause, kommen zwei ältere Frauen an mir vorbei. „Smotrí, on bosikóm!“, sagte eine der Frauen.

Ich grinste nur und ging weiter.