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WIEDERGEBURT .
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LEBEN:

Eine lesbische Studentin, eine ernste Juristin, die Begegnung mit Annika und mein Vorsatz ohne Herd zu leben

18. Oktober 2023. Heute bin ich bei 0 Grad Außentemperatur wieder nur im Pullover rausgegangen. Solange ich mit dem Bus fahre und nicht zu lange draußen bin, halte ich die Temperatur nur mit einem leichten Pullover aus. Heute habe ich aber meine langen Socken über die Zehensocken gezogen.

Als ich in den vierten Stock kam, saßen nur vier Mädchen am Tisch in der Ecke. Ich schrieb heute an meiner Lebensgeschichte weiter.

Gegen 9.30 Uhr wollte ich mir einen Kaffee holen und als ich aufstand und an den Bücherregalen vorbeiging, kam mir eine blonde Studentin mit wunderschönen blauen Augen entgegen. Wir lächelten uns an. Ich drehte mich noch einmal um, um sie anzusehen. Sie trug schwarze Leggings. So sexy und bezaubernd zugleich, dachte ich. Ich ging weiter. Ich wollte auf die Toilette, aber die Toilette im 4. Stock war kaputt, also ging ich auf die Toilette ein Stockwerk tiefer, bei den Juristen. Ich stand vor dem Spiegel und dachte: Was hindert mich jetzt daran, kurz nach oben zu gehen und sie um ein Date zu bitten. Ich dachte an Bodo Schäfers Aussage, dass die Angst mein Freund ist, der mir hilft zu wachsen. Also rannte ich noch einmal schnell in den vierten Stock und ging an den Tischen entlang, um diese hübsch aussehende Studentin zu finden. Es waren schon mehr Leute in der Bibliothek und fast an jedem Tisch saß ein Student oder eine Studentin.

Von hinten entdeckte ich eine Person mit langen blonden Haaren. Ich ging an dem Tisch vorbei und schaute zur Seite, um zu sehen, ob es diese Studentin war. Sie hob ihren Kopf vom Block und sah mich an. Sie war es. Aber diesmal hatte sie eine eckige Brille vor ihren schönen, hellen Augen.

»Hey«, flüsterte ich, drehte den freien Stuhl neben ihr um und setzte mich.

»Hallo«, erwiderte sie und sah mich an.

»Wir sind eben aneinander vorbeigelaufen und ich fand deinen Blick sehr bezaubernd. Hast du Lust heute Abend auf ein Date mit mir zu gehen?«

»Oh, das ist lieb von dir. Aber ich habe eine Freundin.«

Etwas verwirrt, weil ich wohl zum ersten Mal eine Lesbe ansprach, antwortete ich: »Okay, macht nichts. Ciao!«

»Ciao! Aber danke, dass du mich angesprochen hast«, flüsterte sie zurück, während ich aufstand und ging. Ein Glücksgefühl durchströmte mich. Ich fühlte mich stolz, wieder einmal meine Angst überwunden zu haben.

Bei den Schließfächern im vierten Stock saß eine blonde Juristin, die praktisch hier wohnte. Sie hockte vor ihrem Fach und blätterte in einem roten Buch. Ich dachte noch gestern an sie. Ihr Gesicht stand mir klar vor Augen. Ich hatte sie schon so oft gesehen, dass sich dieses Gesicht in mein Gehirn eingebrannt hatte: die eckige Brille mit dem durchsichtigen Gestell, die blauen Augen, die kleine Stupsnase und vor allem dieser ernste Gesichtsausdruck, der dem einer strengen Lehrerin glich. Ich stellte mir vor, wie wir uns abends im Café Extrablatt verabreden, wie sie sich am Ende auf meinen Schoß setzt und wir uns küssen.

Jetzt ging ich an ihr vorbei und eine leichte Angst überkam mich. Die Angst wollte mir wohl sagen, du kannst noch mehr wachsen, sprich sie an. Ich ging von der Seite auf sie zu und hockte mich neben sie.

»Hey!«

Sie schaute mich an und ohne zu lächeln, was wohl typisch für sie war. »Hey«, erwiderte sie.

»Ich habe dich hier schon oft fleißig lernen gesehen. Ich frage mich, ob du Lust hättest mit mir heute Abend auf ein date zu gehen?!«.

»Das kam unerwartet. Aber ich hab, habe... ich habe einen Freund«, stotterte sie leicht.

Sie wandte sich wieder ihrem Buch zu. »Okay, schade. Tschüss«, flüsterte ich, stand auf und ging in die HanoMacke.

Ich holte mir einen Kaffee und trat hinaus in die eisige Kälte. Mit dem warmen Kaffee in der Hand ließ sich die Kälte ertragen. Ich nippte an meinem Kaffee, fühlte mich überglücklich und war unglaublich stolz auf mich, dass ich die Chancen, die mir die Angst in den Weg warf, ergriffen hatte.

Nach dem Kaffee setzte ich mich wieder an den Schreibtisch. Die Juristin saß vor mir, ganz hinten in einem bequemen Sessel, vor ihrem Handy, schaute in meine Richtung und dann wieder auf ihr Handy. Sie tippte etwas. Ich wandte meine Aufmerksamkeit komplett von ihr ab.

Als ich in der Mensa meinen selbstgemachten Salat mit Kidneybohnen, grünen Erbsen, Karotten, Mais und Blattspinat aß, kam die rothaarige Märchenfrau mit einer Freundin an mir vorbei und wir sagten uns Hallo. Was für eine bezaubernd aussehende und vor allem sehr freundliche Frau. Ich beneide ihren Freund.

Gegen 11.40 Uhr traf ich Luisa im Aufzug, die sich mit einem Typen über irgendetwas unterhielt. Vor mir im Aufzug waren zwei Mädchen, die sich auch unterhielten. Als ich zu meinem Tisch zurückkam, saß mir ein Jurastudent gegenüber. Da ich nicht mit ihm flirten wollte, bin ich zu HanoMacke gegangen. Ich glaube, dort habe ich mehr Chancen, mit hübschen Mädchen ohne Worte zu flirten.

Dort war es laut und voller Erstis. Als ich mir einen Kaffee holte und mich hinsetzen wollte, sind zwei Studenten aufgestanden und so konnte ich meinen Platz, auf dem ich gestern saß, wieder einnehmen. Ein Mädchen setzte sich mir gegenüber und lächelte mich an. Das fängt ja gut an, dachte ich. Aber sie aß ein Brötchen mit Salami, was mein Interesse an ihr wieder zerstörte.

In der kurzen Pause aß ich eine Banane und holte mein Handy aus der Tasche, um kurz Hotspot einzuschalten. Dann bemerkte ich, dass ich die mobilen Daten deaktiviert hatte. Ich wollte es kurz einschalten, habe mich aber zurückgehalten und das Handy wieder weggelegt.

Gegen 14 Uhr traf ich überraschenderweise Annika in der HanoMacke. Sie saß am Tisch vor mir und schaute erst aus dem Fenster und dann auf ihr Handy, als würde sie auf jemanden warten. Ich machte eine Pause, nahm mir einen Apfel und schaute sie an, bis sie mich entdeckte. Sie lächelte mich an und kam auf mich zu.

»Hey, na!«, kam sie mit einem breiten Grinsen auf mich zu.

»Hey Annika, lange nicht gesehen!«

Wir haben uns kurz unterhalten. Annika ist von Germanistik und Philosophie zu Sonderpädagogik und Linguistik gewechselt. Wir haben auch über Karate gesprochen, von dem wir uns kennen. Sie macht im Moment kein Karate, stattdessen spielt sie zweimal die Woche Fußball. Ich habe ihr erzählt, was ich gerade mache, nämlich meine Lebensgeschichte weiterschreiben.

Meine Erzählung über Minimalismus und das Fehlen eines Kühlschranks wurde durch das Klingeln ihres Handys unterbrochen. Sie wurde angerufen.

»Hey, ich bin in der HanoMacke. Komm rein.«

»Hey, ich bin Alexander! Und wie heißt du?«, reichte ich dem asiatisch aussehenden Mädchen die Hand.

»Ich heiße An.«

Sie hatte beim Hochschulsport Kickboxen gemacht. Ich frage sie, was sie hier machen. Eigentlich wollten sie einen Kaffee trinken, aber die HanoMacke hatte bis sechzehn Uhr geschlossen. Die An war auch keine Studentin mehr und wollte wie ich keinen teuren Kaffee in der Studentencafeteria kaufen.

»Mach's gut, Annika. Vielleicht sehen wir uns wieder!«. Die beiden sind dann woanders Kaffee trinken gegangen.

Ich weiß noch wie ich damals auf sie stand, und versuchte, mit ihr über WhatsApp subtil zu flirten.

Als ich zu Hause mein Essen zubereitete, Linsen, Mais, Blattspinat, Leinsamen und Walnüsse, merkte ich, dass ich schon lange keinen Herd mehr benutzt hatte. Ich kam ganz gut ohne aus. Um diese Unabhängigkeit vom Herd wieder zu verinnerlichen, nahm ich mir vor, heute zu Hause keinen Herd zu benutzen. Damit wäre das letzte elektrische Küchengerät beseitigt, von dem ich abhängig war.

Ab heute brauche ich offiziell keine elektrischen Küchengeräte mehr. Ich brauche also auch keine Pfannen, Töpfe und so weiter - alles, was auf dem Herd erhitzt wird. Gekochte Sachen kann ich in Dosen kaufen. Das spart mir viel Zeit, weil ich nicht selbst kochen muss. Den Salat zuzubereiten, hat höchstens 5 Minuten gedauert. Man stelle sich vor, ich müsste erst die Linsen kochen und dann den Topf und das Sieb spülen. Darauf hatte ich keine Lust.

Dann kam Vanessa in die Küche und wir sprachen nicht nur über das Eneagramm, sondern ich erfuhr von ihr auch etwas über das Human Design Modell. Ich erzählte ihr von meinen letzten Upgrades, dass ich keinen Herd und keinen Kühlschrank mehr benutze. Sie meinte, sie könne nicht darauf verzichten. Ich antwortete, dass es kein Verzicht ist, sondern eine andere Art zu leben. Eine unabhängigere Art.

Ich aß dann einen Teil des vorbereiteten Salats auf einem Teller mit Löffel und Gabel in meinem Zimmer. Ich saß im Schneidersitz und der Teller stand auf dem Boden. Der Blattspinat, der oben auf den Linsen lag, ließ sich nicht so leicht mit der Gabel aufpicken oder mit dem Löffel auflöffeln, immer wieder fiel ein Blatt ab. Ich aß den Spinat einfach mit der Hand und dachte: Wie einfach ist es, so ein Grünzeug mit der Hand zu essen? Vielleicht sollte ich das öfter versuchen?

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